Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel
Genuss dieses fantastischen Werks kommen. Ebenso wie ich es mit den übrigen Ländern dieser Welt teilen möchte, Ihres eingeschlossen.«
»Sir«, wiederholte Kate in einem Tonfall, der ohne jeden Respekt war. »Der Rest der Welt hat ein Auge auf die Vorgänge in Ihrem Land und beobachtet alles ganz genau. Washington wird nicht zulassen, dass dieses kontroverse Buch in den Vereinigten Staaten veröffentlicht wird, wenn es derartig zugespitzte Demonstrationen auslöst und die Bürger in ferngesteuerte Zombies verwandelt, die meinen, ihr Leben sei nicht ihre wahre Existenz. Ich glaube nicht, dass Sie damit rechnen können, dass Ihr Buch außerhalb von Großbritannien auf den Markt kommt.«
Der Ismus grinste sie an. »Und dennoch haben wir Dancing Jax im Frühjahr auf der internationalen Buchmesse in Bologna in viele andere Länder verkauft. Just in diesem Moment wird es in neun Sprachen übersetzt. Ich bin schon sehr gespannt auf die ausländischen Ausgaben, wirklich, ich kann es kaum erwarten. Die Worte von Austerly Fellows werden auf der ganzen Welt verbreitet sein.«
Das Interview endete mit dem schiefen Lächeln des Ismus, dann folgte ein Schnitt und Kate Kryzewski war wieder vor dem Savoy zu sehen.
»Das ist also der aktuelle Stand der Dinge im Vereinigten Königreich. Mir, für meinen Teil, will es noch immer nicht in den Kopf, doch eins kann ich mit den Worten von Brandon aus Wisconsin nur abermals deutlich betonen: Mach die Augen auf, Amerika!« Die Kamera zoomte langsam auf ihr Gesicht. »Lassen Sie nicht zu, dass dieses Buch in Ihrem Land Fuß fasst«, warnte sie. »Lassen Sie nicht zu, dass es sich ausbreitet. Dancing Jax darf unsere Bürger, unsere geliebten Kinder nicht wie hier in willenlose Sklaven verwandeln. Unser ›Land of the Free‹, die Heimat der freien Bürger, darf nicht der Tyrannei dieses heimtückischen Buchs zum Opfer fallen. Sollten Sie von Freunden oder Verwandten aus Großbritannien ein Exemplar zugeschickt bekommen, vernichten Sie es auf der Stelle! Blättern Sie es noch nicht einmal durch! Geben Sie ihm nicht die Chance, Sie zu unterjochen! Amerika, ich liebe dich! Sei wachsam! Das war Kate Kryzewski für NBC Night News, mit einem Bericht aus London, England.«
Die vertraute Studioeinrichtung erschien wieder auf den Bildschirmen. Mit leicht erhobenen Augenbrauen erweckte Harlon Webber einen gewohnt ruhigen und professionellen Eindruck. Er war bereit, zum nächsten Thema überzugehen.
Plötzlich erschallte ein Schrei im Studio und Jimmy, der Kameramann, rannte ins Bild. Er hatte den rechten Arm in die Luft gereckt und hielt mit stolzgeschwellter Brust ein Exemplar von Dancing Jax hoch, sodass Millionen von Amerikanern es sehen konnten.
»Lobpreist den Ismus!«, brüllte er enthusiastisch und Spuckeflecken besudelten die Linse. Seine Augen waren weit aufgerissen und die Pupillen so stark geweitet, dass man kaum noch etwas von der Iris sah. »Er lebe hoch!«, posaunte er weiter, bis der Sicherheitsdienst ihn fortzerrte. »Huldigt dem Ismus! Er ist unter uns!«
3
Es war früh am Morgen, der Himmel war wolkenverhangen und es war beinahe kühl. Nicht ganz der herrliche Sonnenschein, den sich alle für den ersten Freitag im Mai erhofft hatten. Vielleicht würde es später etwas auflockern, rechtzeitig für die besondere Lieferung, die sie erwarteten. Immerhin war alles andere in bester Ordnung.
Der Mann, den man als Jangler oder auch den Lockpick kannte, benannt nach dem Schatz- und Kerkermeister aus Dancing Jax, ging ein letztes Mal seine Liste durch und zupfte an seinem ordentlich gestutzten, kleinen grauen Bart, der an seinem Kinn spross. Akribisch und methodisch, wie er es nicht nur gelernt hatte, sondern wie es ihm außerdem im Blut lag, überzeugte er sich davon, dass er nichts übersehen hatte, während er leise vor sich hin murmelte. Alles war aufs Trefflichste organisiert. Jangler blickte von seinem Klemmbrett auf, drehte sich um und spähte über sein Brillengestell hinweg auf die Ferienanlage hinter ihm.
Bis vor drei Monaten war das idyllische Heim im Herzen des New Forest eine beliebte Anlaufstelle für Rucksackreisende und Schulklassen gewesen. Im Haupthaus lagen Küche, Speisesaal und Gemeinschaftsraum, während die Schlafräume auf die übrigen sieben, etwas kleineren Gebäude aufgeteilt waren. Ihr Design sollte an Blockhütten erinnern, was mal mehr, mal weniger gelungen war. Der Gesamteindruck konnte sich aber sehen lassen. Die Hütten wirkten hübsch und
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