Dark Future: Herz aus Eis
Licht, das aus dem Innern drang, umgab ihn und betonte die Breite seiner Schultern. Er war ein unglaublich attraktiver Mann. Mit einem Seufzen drehte sie sich um.
»Ich werde mir mal die Schäden ansehen, bevor wir weiterfahren«, sagte sie über die Schulter hinweg und leuchtete mit dem Stab an der Seite des Trucks entlang.
»Da ist ein Kratzer, den einer der
Janson
-Trucks hinterlassen hat. Er ist aber nicht so tief.« Sie hörte Wizards Stimme hinter sich, als er ihr den Schaden erklärte, während der Lichtschein ihn schon offenbarte.
»Könnte schlimmer sein.« Sie zuckte mit den Achseln und machte sich nicht die Mühe, den Hauch von Verärgerung in ihrer Stimme zu verbergen. Sie konnte ihren Sattelzug auch gut allein untersuchen. Vielen Dank.
Ein dumpfes Geräusch erklang hinter ihr, und sie nahm an, dass Wizard aus der Kabine gesprungen war und ihr folgte.
Sie ging um das Heck des Aufliegers herum. Das Lumi-Licht strahlte vom polierten Metall des hinteren Kotflügels zurück, und sie war überrascht zu sehen, dass er noch immer intakt war. Mit dem Finger berührte sie sacht einen Knopf am Helligkeitsregler und verstärkte die Leuchtkraft des Stabs noch ein bisschen. Stirnrunzelnd beugte sie sich vor. Am Kotflügel erkannte sie frische Schweißnähte.
Er war da, direkt hinter ihr. Sie konnte ihn spüren. Sie wirbelte herum und erblickte Wizard, der keinen Meter hinter ihr stand.
»Du hast meinen Kotflügel repariert.« Ihre Stimme klang leise und zitterte vor kaum gezügelter Wut. »Wie bist du an mein Werkzeug gekommen?«
»Deine Sicherheitsvorkehrungen sind wirkungsvoll und vernünftig. Sie sollten Diebe abhalten.«
Ungläubig starrte sie ihn an. »Alle Diebe, bis auf dich. Lasergesichert und mit Spracherkennung. Ich habe einen Monatslohn für das System ausgegeben, und du hast es in … wie lange … zehn Minuten geknackt?«
Wizard schwieg. Er stand einfach da, die Hände in die Hüften gelegt, den Kopf zur Seite geneigt. »Du bist wütend.«
Raina atmete scharf ein und kämpfte gegen ihren Zorn an. Sie
war
wütend. Und sie hatte ein bisschen Angst, was sie noch ein bisschen wütender machte. Sie wollte seine Hilfe nicht, wollte nichts von niemandem annehmen. Das führte nur zu Schwäche, und diesen Weg wollte sie nicht gehen, wollte sich nicht auf irgendjemanden verlassen.
»Fass meinen Truck nie wieder an. Selbst wenn er vor deinen Augen auseinanderfällt, fasst du ihn nicht an. Verstanden?«
Wizard starrte sie an. Das Lumi-Licht rief ein faszinierendes Spiel aus Licht und Schatten auf seinem Gesicht hervor. »Verstanden«, sagte er.
Einen winzigen Moment lang glaubte sie, er hätte verletzt geklungen. Und einen ebenso winzigen Moment lang sorgte sie sich tatsächlich.
»Wir müssen weiter.« Sie ging zurück zum Fahrzeug, ohne darauf zu achten, ob er ihr nun folgte oder nicht. Sie wusste, dass er ihr hinterherkommen würde. Eine empfindliche Unsicherheit erfüllte sie. Wizard schlich sich in ihr Leben, und das machte sie nervös.
»Wohin fahren wir jetzt, Raina Bowen?«
Sie wusste es nicht, und zum ersten Mal in vielen, langen Jahren zögerte sie unsicher. Sie hatte gelernt, zu reagieren, schnelle Entscheidungen zu treffen, sie umzusetzen und alle Unklarheiten und Zweifel zu ignorieren. Hier im eisigen Führerhaus sitzend, konfrontiert mit einer Ladung illegaler Waffen in ihrem Auflieger und ihren sehr beschränkten Zukunftsaussichten, war sie sich nicht sicher, wie sie weiter vorgehen sollte.
Ihr Innerstes zog sich zusammen, und Sams Stimme hallte in ihrem Kopf wider.
Schneller, Mädchen! Zu langsam und du bist tot. Rechts oder links? Entscheide dich. Jetzt!
An jenem Tag hatte sie sich für links entschieden und hatte eine Tracht Prügel dafür bekommen, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Es wäre das Beste, heute den richtigen Entschluss zu fassen, oder sie würde möglicherweise einen schnellen Tod für sich und für Wizard riskieren. Sie wollte ihn nicht auf dem Gewissen haben.
Sie schluckte. »Gladow ist nicht mehr mein Ziel. Ich werde versuchen, Rebellen zu finden und ihnen die Waffen zu verkaufen.«
»Meinst du, die Rebellen haben Geld?« Wizard schlüpfte aus seinem Parka, obwohl es in der Fahrerkabine minus zehn Grad sein mussten, auch wenn aus der Lüftung warme Luft drang. Der Mann war heißer als eine Steinsauna.
Raina kniff ganz leicht die Augen zusammen und katalogisierte stumm Wizards Eigenheiten. Die Kälte schien ihm überhaupt nichts auszumachen. In der
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