Dark Moon
Keren Demahigan. Sie war meine Schöpferin.«
»Das ist unmöglich!«, sagte Grandma. »Sie ist tot!«
»Wir befürchten, dass sie wiedererweckt wurde«, sagte Jack.
»Haben Sie eine Ahnung, wo sie sich versteckt hält?«, fragte Grandma.
»Keine Ahnung. Dazu müssten wir erst wissen, wer sie zurückgeholt hat«, sagte Jack. »Was ist mit George Dupont?«
»Die Klinik in Powell River ist inzwischen von Personal und Patienten verlassen worden«, sagte Grandma. »Er könnte sich überall mit Keren verstecken. Wo sind Sie jetzt?«
»In einer alten Bowlinghalle in Strathcona.«
»Ich schlage vor, dass Sie zusammen mit meiner Enkelin in die Water Lane fahren. Können Sie für Lydias Sicherheit garantieren, M r Valentine?«
Jack sah mich traurig an. »Sie haben mein Wort«, sagte er.
»Danke. Rufen Sie mich bitte an, wenn Sie dort eingetroffen sind. Ich kann Ihnen leider keine Eskorte mitgeben. Alle meine Leute sind mit der Suche nach George Dupont beschäftigt.«
»Machen Sie sich deswegen keine Gedanken, wir kommen schon zurecht«, sagte Jack und legte auf.
Kapitel
D erek begleitete uns auf dem Weg nach West Vancouver. Ich zitterte am ganzen Körper. Zwar hatte ich Grandmas Worte gehört, aber meine Vorstellungskraft reichte nicht aus, um mir Mark als Vampir vorzustellen. Wo mochte er jetzt sein? Was stellte diese Keren Demahigan in diesem Moment mit ihm an? Welche Wünsche musste er ihr erfüllen? Sie hatte schon so viele Leben zerstört!
Derek saß am Steuer, während Jack und ich auf der Rückbank Platz genommen hatten. »Wo wirst du den Tag verbringen?«, fragte Jack.
Derek sah auf die Uhr. »Wenn ich euch in die Water Lane gebracht habe, muss ich wieder zu meiner Gefährtin zurückkehren.«
»Du könntest in meinem Haus übernachten«, sagte ich. »Das heißt, wenn es Jack nichts ausmacht.«
»Ist das eine offizielle Einladung?«, fragte Derek.
Ich nickte und starrte weiter aus dem Fenster.
»Ich… habe noch nicht gegessen«, gab Derek vorsichtig zu bedenken.
»Hinter dem Haus liegt der Lighthouse Park«, sagte Jack.
»Dann nehme ich die Einladung gerne an«, sagte Derek.
Doch ich hörte nicht mehr zu. Meine Gedanken waren bei Mark. Wo befand er sich jetzt? Wie mochte er sich fühlen? Mark hatte alles verloren und war meinetwegen zu einem Nachtwesen geworden, ausgestoßen aus der menschlichen Gemeinschaft. Bei diesem Gedanken gab es mir einen Stich ins Herz.
Bevor ich aus dem Auto stieg, überprüften Jack und Derek die Umgebung. Erst als sie sicher sein konnten, dass niemand mir in der Dunkelheit auflauerte, betrat ich das Haus.
»Könnt ihr beide mich bitte noch einen Moment alleine lassen?«
»Natürlich«, sagte Jack.
In der Küche füllte ich mir ein Glas mit kaltem Wasser und ließ eine Aspirintablette hineinfallen, die ich im Küchenschrank fand. Ich trat mit dem Glas hinaus auf die Terrasse, um aufs Meer zu schauen, wo in der Ferne die Lichtpunkte auslaufender Schiffe zum Horizont wanderten. Ich genoss den Fliederduft, der wie ein Frühlingsversprechen in der Luft hing. Fliederduft! Ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinab. Es war Spätsommer, nicht Frühling!
»Lydia«, sagte eine Stimme hinter mir.
Ich ließ vor Schreck mein Glas fallen, mit einem Klirren zerschellte es auf den Fliesen. Ich fuhr herum. Mark stand im Schatten eines Rosenbusches. Um den Hals trug er noch immer seinen Verband.
»Mark«, hauchte ich. Sein Blick hatte etwas Leidendes, Flehendes.
»Bitte«, schluchzte er leise, »töte mich!« Sein Atem ging schwer und keuchend.
Ihn so zu sehen, tat mir körperlich weh. Vor mir stand eine so gemarterte, schwache Gestalt, dass ich für eine Sekunde sogar bereit gewesen wäre, ihm den schrecklichen Wunsch zu erfüllen. Doch mir fehlte der Mut dazu. »Ich kann nicht«, flüsterte ich.
Mit einem Mal wurde er ganz ruhig. Auf sein Gesicht stahl sich ein spöttisches Grinsen. Dann riss er mit einem schrecklichen Laut den Mund auf und zeigte seine Reißzähne. Seine Schöpferin hatte ihm befohlen, mich zu töten, das wurde mir in diesem Moment klar. Ich schrie.
Jack war so schnell da, dass ich ihn gar nicht hatte kommen sehen. Und Derek war bei ihm. Noch nie zuvor hatte ich Vampire gegeneinander kämpfen sehen. Sie bewegten sich wie im Zeitraffer. Mark wollte sich auf mich stürzen, ignorierte die Attacken der anderen, so als habe ihn jemand einer Gehirnwäsche unterzogen, die ihn unsere Liebe hatte vergessen lassen.
»Lydia«, schrie Jack, »geh ins Haus!«
Aber
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