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Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya

Titel: Darkover 04 - Der Untergang von Neskaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley / Deborah J. Ross
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Taniquel wollte spontan das Ding zur Seite reißen, um sicherzugehen, dass Padrik auch darunter lag. Um sicherzugehen, dass er auch wirklich tot war. In diesem Moment erschien ihr die Schlacht so weit entfernt, der Verlust so irreal.
    Einer nach dem anderen hielten die Trauernden ihre Rede. Gavriel erzählte als ältester Berater eine Geschichte aus Padriks Jugend, aus der Zeit, bevor Taniquel nach Acosta gekommen war. Sie erinnerte sich noch, dass sie der Meinung gewesen war, Padrik sehe nicht so gut aus wie ihre Hastur-Vettern und sei als der einzige Sohn eines einzigen Sohns mehr als nur ein bisschen verwöhnt. Sie hatte ihn absichtlich zum Stolpern gebracht und ihm ein blaues Auge verpasst, nur um von ihm mit einer Pferdepeitsche dreimal durch den Burghof gejagt zu werden. In dem Verlangen nach Rache hatte sie eine Menge Frösche in sein Bett gelegt, worüber er sich herrlich amüsiert hatte, und danach waren sie einigermaßen miteinander ausgekommen.
    Ihr Lächeln verging, als eine Geschichte der anderen folgte, jede über eine Begebenheit vor langer Zeit, die Padriks Humor und seine Großzügigkeit unterstrichen. Nirgends wurden sein Königtum und sein Tod erwähnt. Jeder Mensch trauert auf andere Weise, doch selbst als der alte König ganz unheroisch in seinem Bett gestorben war, hatte man seine Leistungen anerkannt. Padrik war kein großer König gewesen, noch nicht, doch er hatte sein Bestes getan. Er war seiner verwöhnten Jugend entwachsen und hatte die Pflichten eines Mannes übernommen. In anderen Zeiten wäre das Land unter seiner Herrschaft erblüht. War hier denn niemand bereit, das zu sagen? Sollte man sich nur seiner lustigen Streiche wegen an ihn erinnern?
    In Acosta wollte es die Tradition, dass Frauen bei Bestattungen schwiegen. Aber Taniquel war eine Hastur von hohem Rang, und Hastur-Frauen ließen sich nicht den Mund verbieten. In einer Pause trat sie vor und strich die Schleier zurück, entblößte ihr Gesicht. Regentropfen brannten auf ihren Wangen.
    »Ich sah ihn fallen.« Ihre Stimme klang in ihren eigenen Ohren irgendwie quäkend. »Er kam von der Grenze zurückgeeilt, als wir angegriffen wurden, und ahnte nicht, dass er in eine Falle ritt. Er starb an den Toren, als er uns verteidigte, ein König bis zuletzt.«
    »Vai Domna!«, wisperte Rosalys entsetzt.
    Taniquel hielt inne und sah die gebeugten Rücken, die gesenkten Köpfe, die raschen Seitenblicke zu den Soldaten von Ambervale. Nicht eine Person wollte ihr in die Augen schauen, nicht einmal Gavriel. Sie fürchteten sich. Nicht so sehr wegen möglicher Folgen für sie selbst, wenn sie zu erkennen gaben, dass sie ihrer Meinung waren, sondern wegen Taniquels Sicherheit.
    Sie hatte gesprochen wie stets und gesagt, was sie für richtig hielt. Sie schuldete nichts und niemandem etwas, außer ihrem Gewissen. In ihrem ganzen Leben als verhätschelte Hastur-Tochter, als adliges Pflegekind, als bewunderte junge Königin hatte sie gesehen, wie andere unter den Folgen ihrer unklugen Worte leiden mussten. Bis jetzt hatte sie keinen Gedanken daran vergeudet, was ihr zustoßen könnte.
    Ich muss so tun, als fügte ich mich in mein Schicksal, als wäre ich nur ein wenig unvernünftig vor Gram, aber nicht rebellisch.
    »Vielleicht«, sagte sie stockend, »sollten wir uns einfach an die schönen Zeiten mit ihm erinnern.«
    Es regnete in Strömen, als der Trauerzug in die Burg zurückkehrte. Taniquel suchte Gavriels Nähe, um ein oder zwei Worte mit ihm zu wechseln, doch er wich ihr mit der Geschicklichkeit eines Höflings aus. Die Abfuhr tat weh, bis sie erkannte, dass ihre Handlungsweise ihn nur in Gefahr bringen würde. Seine Zukunft, sogar sein Leben, hingen von der Gunst des neuen Königs ab. Er konnte es sich nicht leisten, im privaten Gespräch mit ihr gesehen zu werden, selbst wenn sie keine so provozierende Rede gehalten hätte. Offenbar war sie erschöpfter und stärker von Trauer erfüllt, als ihr klar war; sonst hätte sie einen solchen Versuch nicht unternommen.
    Taniquel taumelte, als sie die Treppe in ihr Turmzimmer hinaufstieg. Sie wurde wieder eingesperrt, eine bewaffnete Wache vor die Tür gestellt. Gehorsam ließ sie sich von ihren Zofen die nasse Kleidung vom Körper schälen und zu einem Bad überreden.
    Der Duft von Rosenblättern und getrockneten Zitrusschalen stieg aus dem dampfenden Wasser auf, einst eine Quelle sinnlichen Behagens, jetzt etwas, das ihr Übelkeit bereitete.
    In dieser Nacht blieb sie bis zum frühen Morgen wach

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