Darkover 25 - Der Sohn des Verraeters
langsam auf. Gisela wischte sich das Gesicht mit einem ziemlich schmutzigen Taschentuch ab, dann schüttete sie den Rest des Feuerweins hinunter. »So weit, so gut, aber ich fühle mich trotzdem schrecklich und schuldbewusst.
Als ich vor drei Tagen sah, wie sich Mik und Rafael umarmten, habe ich mich so für die beiden gefreut. Und als Rafael zur Ratssitzung ging, von der man ihn meinetwegen jahrelang ausgeschlossen hatte, war ich glücklich. Dann musste mein verdammter Vater wieder versuchen, alles kaputtzumachen, und als es ihm nicht gelang, schlug er mir ins Gesicht.« Sie hob die Hand und berührte vorsichtig die Schwellung. »Er hat fürchterliche Dinge zu mir gesagt, ich hätte ihn am liebsten umgebracht, Kate.« »Es tut mir so Leid, Breda.« Das Gefühl, angegriffen zu werden, ließ jetzt nach, und Kate fühlte sich nicht mehr so unwohl.
»Ich hätte es tun sollen. Mikhail hätte mir wahrscheinlich einen Orden verliehen.« »Mag sein.« Sie war froh, dass Gisela ihren Vater nicht getötet hatte, auch wenn er es verdient hätte. Sie setzte sich gegenüber von ihrer Schwägerin, strich sich das offene Haar von der Schulter und schüttelte den Kopf. »Geht es hier immer so … dramatisch zu?« »O nein«, antwortete Gisela ernst. »Manchmal passiert jahrelang überhaupt nichts.« »Dann haben sie sich wohl alles aufgespart, bis ich komme«, erwiderte Katherine trocken. Sie hasste lautstarken Streit, aber sie verstand, dass sich die gesamte Burg mitten in einer ernsten Auseinandersetzung befand. Einen Moment lang wünschte sie sich zurück in die kleine Wohnung, die sie mit Herm geteilt hatte, auf jener überbevölkerten Welt, wo alle Leute sehr auf Höflichkeit achteten, damit die Friedensbeamten sie nicht wegen eines Zivilvergehens belangten. Oder nach Renney und dem Geruch des Meeres. Doch das Gefühl verging, und sie blieb ein wenig verloren zurück.
Kates Bemerkung entlockte Gisela ein prustendes Lachen. Kurz darauf kam Rosalys mit einem Tablett herein. Darauf standen eine Kanne Tee und ein Teller mit Kuchen. Das Aroma von Minze wehte durch den Raum und vermischte sich aufs Angenehmste mit dem Duft des Balsamholzes im Kamin. In den wenigen Tagen seit ihrer Ankunft hatte sich Katherine an den Geruch alter Steine und brennenden Holzes gewöhnt, sie genoss ihn sogar. Nach all den Jahren in einem Gebäude mit Zentralheizung war ein schlichter Kamin, der sich zwar von jenen auf ihrem Heimatplaneten unterschied, aber dennoch daran erinnerte, eine Quelle des Trostes für sie.
Katherine stand auf und begann eben den Tee einzuschenken, als es erneut an der Tür klopfte. Sie blickte überrascht auf und fühlte sich ein wenig belästigt. Die Leute sollten ihr nicht so früh am Morgen Besuche abstatten, wenn sie noch im Nachtgewand war! Das Dienstmädchen lief zur Tür und öffnete, und Marguerida trat ein. Einen Moment später kam Amaury aus der Richtung seines Zimmers und rieb sich verschlafen die Augen.
»Was ist denn das für ein Lärm?«, fragte er seine Mutter, dann merkte er, dass sie nicht allein waren. Er zog sich den Morgenmantel fester um den schlanken Körper und errötete leicht. »Mich fröstelt davon.« »Pfeifen, Amauy. Auf Renney nennen wir sie Schifferpfeifen, aber ich weiß nicht, wie sie hier heißen.« »Klingt, als würde jemand eine Katze martern«, meinte der Junge, und als die drei Frauen über die Bemerkung lachten,
fügte er abwehrend ein »Ist doch wahr« hinzu.
»Wir nennen sie Dudelsäcke, Amaury, und du bist nicht der Erste, der diesen Vergleich anstellt«, erklärte Marguerida. Sie sah müde und bleich aus und trug ein Gewand in demselben dunklen Ton wie die Kleidung, die Gisela vorhin gebracht hatte. Es war die Farbe der Dämmerung, ein sehr dunkles Blau mit einem Anflug von Purpur, und das erste Kleidungsstück ohne Stickereien, das Katherine zu Gesicht bekam.
Marguerida blickte von Kate zu Gisela und wieder zurück,
und falls es sie überraschte, die beiden zusammen anzutreffen,
war sie zu erschöpft, um eine Bemerkung darüber zu machen. Katherine fiel ein, dass Gisela erwähnt hatte, die Sitzung habe bis spät in die Nacht gedauert. Deshalb hatte Marguerida anscheinend nicht viel Schlaf abbekommen. Damit konnte sie immerhin umgehen. »Hier, setz dich sofort hin, Marguerida. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment umkippen.
Rosalys hat gerade Tee gebracht, und ich bestehe darauf, dass du welchen trinkst. Hast du schon etwas
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