Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Darling

Darling

Titel: Darling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Hartmann
Vom Netzwerk:
sind.’ Hahahaha …“
    Enzo schüttelte sich vor Lachen und bestätigte den Zugang zur Videoplattform mit einem weiteren Passwort. Als der Film startete, wurde für einige Sekunden das Logo der Darling-Produktion eingeblendet. Zur Musik von Enigma leuchtete ein blau unterlegter, gebrochener Engelsflügel auf.
    Adrian atmete tief durch. Der Flügel war identisch mit dem Anhänger am Amulett in seiner Hosentasche.
    „Wem gehört der Server?“
    Enzo zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Ich hab keinen Zugriff auf die Kundendaten. Das ist nur den Vertriebsmitarbeitern, der Buchhaltung und unserem Datenschutzbeauftragten gestattet. Ich kann höchstens mal bei verloren gegangenen Passwörtern aushelfen. Aber warte mal, ich schau’ ins ‚Whois’.“
    Flink öffnete Enzo mit der Maus ein zweites Fenster und tippte die IP-Nummer des Rechners in eine Datenbank.
    „Darling-Produktion. Als Verantwortlicher ist ein Alexander Paul eingetragen. … Du wirst es nicht glauben, der wohnt in Frankfurt, in der Elektronstraße. Das ist irgendwo in Griesheim, oder?“
    Adrian nickte.
    Enzo schüttelte sich vor Lachen, und seine braunen Locken, die er beim Fußball mit einem Plastikhaarreif bändigte, kringelten sich fröhlich um seinen Kopf.
    „Wie spießig! In Frankfurt wohnen die Pornoproduzenten in Griesheim. Hahahaha …“
    Lässig drehte er sich zu Adrian um.
    „Willst du dir ein paar Trailer der Darling-Produktion ansehen? Ich muss jetzt zum Rundgang und mich unten beim Werksschutz melden. Wenn ich zurück bin, könnten wir ‘ne Runde GTA zur Entspannung durchziehen. Was meinst du?“
    Adrian nickte.
    Sein Freund hatte kaum den Raum verlassen, da zog ihn der erste Clip bereits tief in seinen Bann.

17
    „Frauenleiche an der Griesheimer Schleuse gefunden, vermutlich ertrunken.“
    Stefan Weber drehte sich zur Kommissarin um. Der müde Blick von Edith Tannhäuser fiel gerade aus den hohen Fenstern des Polizeipräsidiums auf die Adickesallee. Über dem allmorgendlichen Verkehrsstau stemmten sich die großen, hoch gewachsenen Pappeln tief gegen einen heftig an die Scheiben prasselnden Novemberregen.
    „Der Tag beginnt ja richtig gut“, seufzte sie. Stefan griff nach seiner Jacke.
    „Fährst du mit raus?“
    Edith nickte. Sie hatte zwar gerade erst eine heftige Bronchitis überstanden, aber ihr Schreibtisch motivierte sie nicht im Geringsten, im Büro zu bleiben. Der überquellende Posteingang, ein Berg von Akten und die Bearbeitung von mindestens hundert E-Mails auf ihrem PC mussten jetzt eben noch ein paar Stunden länger warten.
    Als sie ihren langen, dunklen Winterwollmantel überzog, quälte die 51-Jährige eine heftige Hustenattacke.
    „Richtig gesund klingt das nicht“, kommentierte die Sekretärin leicht schnippisch das Gebell ihrer Chefin.
    Als Edith sie durchdringend anblickte, schaute sie pikiert zur Seite.
    „War ja nur gut gemeint“, murmelte sie und griff zur Kaffeetasse.
    Edith liebte und hasste Frankfurt. Die Stadt war ein Moloch. Ein Durchlauferhitzer, der Menschen zunehmend schneller anzog und noch schneller wieder ausspuckte. Gott sei Dank war das Wetter meist so schlecht wie ihre Laune. Dann musste sie sich nicht dafür rechtfertigen, warum sie trotz ihres vorhersagbaren Missmuts in Frankfurt geblieben war.
    Nach knapp dreißig Jahren bei der Polizei gingen ihr die Menschen in dieser Stadt mit ihrer einfältigen Vielfalt an Lügen allerdings zunehmend auf den Geist. Neid, Gier, Missgunst, Eifersucht – die Liste der Motive für schwere Straftaten war nach Ediths Auffassung relativ überschaubar. Die Art und Weise, wie Menschen ihren Mitmenschen auf den Leib rückten, überraschte die Kommissarin dagegen immer wieder aufs Neue.
    Als Edith Tannhäuser und Stefan Weber kurz vor zehn am Schwanheimer Ufer ankamen, waren die Kollegen der Spurensicherung schon sichtlich zugange.
    „Gibt es Zeugen?“
    Edith schaute den Polizisten, der gerade großräumig mit einem weiß-rot gestreiften Plastikband das Mainufer absperrte, fragend an. Der zuckte mit den Achseln und deutete auf einen Kollegen.
    „Hallo Gerold“, begrüßte Edith den Chef der Spurensicherung. „Kannst du mir schon was zur Toten sagen?“
    „Wenig. Eine junge Frau, ca. 22 bis 25 Jahre alt, voll bekleidet, lange blonde Haare. Keine Papiere. Vom Zustand der Leiche auf die Todeszeit zu schließen, ist nicht ganz leicht; ich vermute mal, dass sie nicht länger als 24 Stunden tot ist. Ob das ein Selbstmord oder ein Gewaltverbrechen war,

Weitere Kostenlose Bücher