Das Albtraumreich des Edward Moon
Informationen wesentlichen Inhalts von Ihnen.
Ich halte Ihre Berichte daher für leichtsinnige Panikmache und finde im Übrigen
Ihre Methoden zur Einholung von Auskünften äußerst fragwürdig. Ich bin
entsetzt, dass sich eine Regierungsbehörde auf das Wort einer Wahrsagerin
stützt! Wir schulden dem Sicherheitsausschuss in dieser Angelegenheit daher
auch größte Dankbarkeit, wie ich meine.«
»Aber es wird geschehen«, beharrte Skimpole. »Die
Innocenti hat recht!«
Trotman lächelte überheblich. »Dass wir uns mit
einer verschwommenen Bedrohung, heraufbeschworen von einem sogenannten Medium,
ernsthaft beschäftigen müssten, ist wohl stark zu bezweifeln, oder? Meiner
Meinung nach ist diese Mrs Bagshaw in Amerika viel besser aufgehoben. Es ist
ein gutgläubiges Völkchen, drüben, auf der anderen Seite des Atlantiks. Sie
wird dort einen Haufen Geld machen.« Trotman erhob sich. »So vergnüglich es
ist, mit Ihnen zu plaudern, meine Herren, muss ich mich jetzt dennoch
verabschieden. Drei weitere Termine warten heute Vormittag noch auf mich.«
Dedlock stand unsicher auf. »Bitte …«
Trotman unterbrach ihn mit einer unwirschen Geste.
»Falls Sie Beschwerde einlegen möchten, sprechen Sie mit meinem Sekretär. Ich
danke für Ihre Aufmerksamkeit. Meine Behörde wird sich in Kürze mit Ihnen in
Verbindung setzen. Guten Tag, meine Herren.«
Leise vor sich hinpfeifend schlenderte Trotman aus
dem Raum (er gehörte zu jenem Typus Mann, der oft und gerne vor sich
hinpfeift), offenbar gänzlich unberührt von den niedergeschmetterten Gemütern,
die er zurückließ. Und Dedlock fehlten ausnahmsweise die Worte.
Nach einer Weile sagte er: »Ungeheuerlich! Das
können sie nicht tun!«
Skimpole schien nicht zugehört zu haben. »Wie dumm
von ihm«, murmelte er. »Damit liefert er die Stadt jedem Angriff aus!«
»Wir werden uns beschweren! Mit seinen
Vorgesetzten sprechen! Wir wenden uns an die höchsten Stellen!«
Skimpoles Stimme klang gedämpft, wie aus weiter
Ferne: »Das hat keinen Sinn. Wir müssen uns seiner sofort entledigen. Und ich
kenne nur zwei Personen, denen das zuzutrauen ist. Ohne Aufsehen. Dennoch nicht
ohne Risiko.«
»Wer?«, fragte Dedlock begierig.
»Du kennst ihre Namen. Ich will sie hier nicht
aussprechen.«
Dedlock sank langsam zurück auf seinen Stuhl; die
gesunde Röte war aus seinem Gesicht gewichen, und er wirkte plötzlich aschfahl.
»Das ist doch nicht dein Ernst?«
»Ich fürchte, doch.«
»Du hast keine Vorstellung, wozu sie fähig sind!«
Skimpole beugte sich vor. »Ich kann nicht
zulassen, dass dies alles zerstört wird! Es ist der einzige Beweis dafür, dass
ich überhaupt je gelebt habe!«
»Du hast eine morbide Ader, mein Alter.«
Der Albino erhob sich wackelig auf die Beine. »Ich
muss weg, mein Sohn wartet. Überlass die Sache mir.«
Dedlock ließ ihn gehen. Er hielt ihn nicht zurück,
obwohl er ahnte, was Skimpole im Sinn hatte. Er schnalzte mit den Fingern, und
einer der Ersatzchinesen erschien an seiner Seite. »Du hast alles gehört?«
Der Mann verbeugte sich. »Jawohl, Saa.«
»Wunderbar. Dann bring mir eine Flasche Brandy.«
Er grinste. »Und zwei Gläser.«
Skimpole hatte kaum den Raum verlassen,
als der Anfall über ihn hereinbrach. Er klappte zusammen wie ein Taschenmesser
und fasste vergeblich nach dem Geländer der Treppe, um sich daraufhin
krampfhaft den Leib zu halten. Er biss sich auf die Zunge, um einen Aufschrei
zu verhindern, und hoffte verzweifelt, dass Dedlock nicht aus der Tür kommen
und ihn in diesem Zustand vorfinden würde.
Als der schlimmste Schmerz vorüber war und er sich
halbwegs dazu in der Lage fühlte, nahm er die Treppe zum Laden wieder in
Angriff. Oben angekommen sah er, dass sein Sohn friedlich mit dem Metzger
plauderte und glücklicherweise nichts von alldem wusste, was da unten
vorgefallen war.
»Ich danke dir«, keuchte er und schleppte sich zu
seinem Jungen, »Ich danke dir, dass du dich um meinen Sohn gekümmert hast.«
»Gern geschehen.«
Skimpole war zusammen mit dem Jungen auf dem Weg
zur Tür, als er stehenblieb und sich umdrehte. »Wenn man es recht bedenkt«,
sagte er, »habe ich dich noch nie gefragt, wie du heißt.«
Der Chinese grinste. »So ist es, Sir.« Er nannte
Skimpole seinen Namen, irgendetwas Kurzes mit einem »W« am Anfang.
Selbstverständlich vergaß ihn der Albino auf der Stelle wieder, doch wenigstens
hatte er sich einmal danach erkundigt.
Draußen auf der Straße wollten die beiden eine
Droschke
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