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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Bellende Hunde. Hunde, die Stöckchen holten. Hunde, die sich nicht von der Stelle rühren wollten. Welpen, die noch wacklig auf unsicheren Beinen standen. Alte Hunde, die sich zittrig erhoben. Fröhliche Hunde. Betrübte Hunde. Hungrige Hunde. Fette Hunde. Schläfrige Hunde.
    Immer mehr Bilder durchzuckten Lirael, bis sie das Gefühl hatte, jeden Hund erblickt zu haben, der je gelebt hatte. Doch immer noch brausten die Charterzeichen durch ihr Bewusstsein.
    Sie wusste schon lange nicht mehr, was sie eigentlich tat oder welche Zeichen die nächsten waren. Und das goldene Leuchten war zu hell, als dass sie hätte erkennen können, wie weit der Sendling bereits gediehen war.
    Und immer noch flossen die Zeichen. Lirael wusste nicht, bei welchen Zeichen sie war, ja, sie kannte die Zeichen nicht einmal, die durch ihren Kopf schossen! Seltsame, ihr fremde Zeichen strömten aus ihr in den Sendling. Mächtige Zeichen, die ihren Körper schüttelten, wenn sie ihn verließen, und alles andere aus ihrem Bewusstsein vertrieben.
    Verzweifelt versuchte Lirael die Augen zu öffnen, um zu sehen, was die Zeichen taten – doch das Leuchten war jetzt blendend und heiß. Sie versuchte aufzustehen, um den Zeichenfluss in die Wand oder die Decke zu lenken, doch ihr Körper schien von ihrem Gehirn getrennt zu sein. Sie konnte alles spüren, nur ihre Arme und Beine wollten sich nicht bewegen. Es war ein Gefühl, als versuche sie vergeblich, aus einem Traum aufzuwachen.
    Und immer noch strömten die Zeichen dahin…
    Plötzlich stieg Lirael der scheußliche, unverkennbare Gestank Freier Magie in die Nase, und sie wusste, dass etwas schrecklich falsch gelaufen war.
    Sie wollte schreien, brachte aber keinen Laut hervor, nur Charterzeichen, die von ihrem Mund zu dem goldenen Leuchten sprangen. Auch aus ihren Fingern flogen unentwegt Charterzeichen und schwammen in ihren Augen, quollen mit ihren Tränen heraus, die beim Fallen zu Dampf wurden.
    Immer mehr Zeichen fluteten durch Lirael, ihre Tränen und ihre stummen Schreie; sie zogen in endlosen Schwärmen wie leuchtende Schmetterlinge durch sie hindurch. Und während die Abertausende von Zeichen sich in das Leuchten warfen, stieg mehr und mehr der Gestank Freier Magie empor, und ein knisterndes weißes Licht bildete sich im Zentrum des goldenen Glühens, das durch Liraels geschlossene Lider brannte und ihre tränenden Augen zu durchbohren schien.
    Wie erstarrt vom Sturzbach der Chartermagie, konnte Lirael nichts tun, während das weiße Licht stärker wurde und selbst das kräftige goldene Glühen der wirbelnden Zeichen zu verschlingen drohte. Es war das Ende, das war ihr klar. Was immer sie jetzt getan hatte, war viel schlimmer, als einen Stilken zu befreien – so viel schlimmer, dass sie es nicht wirklich verstehen konnte. Sie wusste nur, dass diese Zeichen, die durch sie drangen, viel älter und mächtiger waren als alles, was sie je wahrgenommen hatte. Selbst wenn die Freie Magie ihr Leben verschonte, würden die Charterzeichen sie in eine ausgebrannte leere Hülle verwandeln.
    Nur dass sie nicht schmerzten, wie Lirael plötzlich bewusst wurde. Entweder lag sie bereits im Sterben oder die Zeichen taten ihr nichts an. Jedes einzelne hätte sie getötet, wenn Lirael auch nur versucht hätte, es auf übliche Weise zu benutzen. Doch es waren bereits unvorstellbar viele Zeichen durch sie gestürmt, und sie atmete immer noch. Oder etwa nicht?
    Diese Vorstellung erschreckte Lirael so sehr, dass sie mit aller Kraft, die ihr geblieben war, tief einzuatmen versuchte – und in diesem Augenblick endete der ungeheure Zeichenansturm. Sie spürte, wie ihre Verbindung zur Charter durchtrennt wurde, als das letzte Zeichen zu der brodelnden Masse aus goldenem und weißem Licht sprang, das ihr Silberdrahthund gewesen war. Ihr Atem kam mit so plötzlicher Heftigkeit, dass sie das Gleichgewicht verlor und beinahe nach hinten stürzte. Im letzten Moment hielt sie sich am Bücherregal fest und hätte es dabei fast umgekippt. Doch das Regal blieb stehen, und Lirael setzte sich auf und öffnete den Mund zu einem gellenden Schrei.
    Aber der Schrei blieb aus. Wo Freie Magie und Charterzeichen in ihrem glitzernden, wirbelnden Leuchten gekämpft hatten, befand sich nun eine Kugel völliger Finsternis, die den Raum einnahm, wo der Drahthund und der Schreibtisch sich befunden hatten. Der abscheuliche Gestank Freier Magie war ebenfalls verschwunden. Eine Art feuchter Tiergeruch, den Lirael nicht ganz erkennen konnte,

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