Das Amulett des Dschinns
leid. Es musste schrecklich sein, ein Kind zu verlieren – noch dazu, wenn es so jung war.
Sie fragte sich sogar, ob es richtig war, die Exkursion trotz allem, was passiert war, weiter fortzusetzen. Es erschien ihr pietätlos, einfach weiterzumachen, so als sei überhaupt nichts geschehen. Doch der Professor sah das offenbar ein wenig anders.
Er hatte Claires Familie am Telefon über die tragischen Ereignisse informiert und schien auch sonst gar nicht daran zu denken, gleich wieder nach London zurückzukehren – wie übrigens auch die meisten von Laurens Mitstudenten.
Nachdem der erste Schock überwunden und sichergestellt war, dass sonst niemand an dieser schrecklichen Seuche litt, hatte sich schnell die allgemeine Meinung gebildet, dass Claire nicht gewollt hätte, dass sie die Reise abbrachen. Dass nun aber auch noch in ihrem Namen eine Party veranstaltet werden sollte, ging Lauren entschieden zu weit.
Ganz im Gegensatz zu Prue, die bei ihr an der Rezeption stand, wo sie auf ihre Zimmerschlüssel warteten. Diese zeigte sich nämlich ungewohnt begeistert.
„Ach, komm schon, Süße!“, sagte sie. „So ein Tag am Strand, das wär’s doch! Wer weiß, wann sich die Gelegenheit noch mal ergibt …“
Derek war deutlich anzusehen, dass sich seine Einladung eigentlich nicht an Prue gerichtet hatte, doch er sagte nichts dazu. Und Lauren wollte auch nicht die Spielverderberin sein, die ihrer Freundin den Spaß nicht gönnte.
„Also gut“, sagte sie, obwohl sie viel lieber allein auf ihrem Zimmer geblieben und dumpf vor sich her gegrübelt hätte. Insgeheim hoffte sie wohl auch, dass Tahir erscheinen würde, wie er es schon oft getan hatte, wenn sie allein war. Sie wollte von ihm hören, dass ihr schrecklicher Verdacht nicht der Wahrheit entsprach.
Und was, wenn nicht? Wenn er dir sagt, dass du die Schuld daran trägst, weil du Claire vor lauter Wut die Pest an den Hals gewünscht hast?
Prue klatschte in die Hände. „Super! Du wirst sehen, Lauren, das wird ein Riesenspaß!“
Lauren war davon nicht ganz so überzeugt, auch wenn Derek ihr versichert hatte, dass Kylie nicht mit von der Partie war. Doch Prue zuliebe ließ sie sich davon nichts anmerken. Die Mädchen gingen auf ihre Zimmer, um ihre Badesachen zu holen. Teri war nicht da, sodass Lauren beschloss, sich direkt umzuziehen. Sie schlüpfte in den zitronengelben Bikini, der ihrem dunklen Teint so gut schmeichelte, und zog das luftige Sommerkleid darüber, das sie extra für die Studienreise gekauft hatte.
Sie wollte gerade gehen, als ihr Blick in den Wandspiegel fiel. Was sie sah, ließ sie erschreckt innehalten.
Wer war dieses blasse Mädchen mit dem verkniffenen Gesichtsausdruck? Warum konnte sie sich nicht einfach freuen? War nicht alles perfekt, so wie es gerade war?
Der Junge, für den sie schon so lange heimlich schwärmte, flirtete plötzlich ungeniert mit ihr, während er seine On-Off-Freundin Kylie keines Blickes mehr würdigte. Und das lag nicht allein daran, dass die sich im Augenblick einfach furchtbar gehen ließ, in unförmigen Klamotten und mit fettigen Haaren herumlief. Ihm hatte sie es vermutlich zu verdanken, dass sie von den coolen Leuten an der Uni plötzlich zu gemeinsamen Unternehmungen eingeladen wurde und nicht mehr ständig dem Spott und der Häme von Kylies Clique ausgesetzt war.
Und Claire?
Vergiss sie! Was mit ihr passiert ist, ist schrecklich. Aber es hat nichts mit dir zu tun!
Lauren zwang sich zu einem Lächeln. Schon besser, sagte sie sich und kniff sich in die Wangen, um ein bisschen Farbe zu bekommen. Sehr viel besser …
Sie nickte ihrem Spiegelbild zu, dann trat sie hinaus auf den Hotelkorridor, wo Prue schon auf sie wartete. Gemeinsam gingen sie nach unten.
„Wir wollen heute Abend hier am Strand alle zusammen so richtig einen draufmachen“, sagte Derek, der neben Lauren, die sich auf ihrer Luftmatratze auf dem Wasser treiben ließ, aufgetaucht war. „Eine kleine Trauerfeier für die arme Claire, du verstehst? Sie hätte das so gewollt. Wie sieht’s aus – hast du Lust?“
Lauren, die inzwischen froh war, dass sie sich von Prue hatte überreden lassen, den Tag mit den anderen am Strand zu verbringen, sah ihn an. Sofort spürte sie, wie sich eine wohlige Hitze in ihrem Körper ausbreitete, und in ihrem Bauch begann es zu kribbeln. Es war einfach ein tolles Gefühl, mit Derek zusammen zu sein – und dann an einem so perfekten Tag! Das Wetter war herrlich und das Wasser so warm, dass man glauben
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