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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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verunsicherte sie für Sekunden. »Ich habe mich in ihn
    verliebt«, sagte sie dann.
    »In was genau?«
    »In den ganzen Mann.«
    Er ließ nicht locker. »Es gab nichts, absolut nichts, was Sie gestört hätte?« »Doch. Natürlich
    gab es das.«
    Seine Passivität. Sein Harmoniebedürfnis. Dass er mir so oft nach dem Mund redete. Sich von mir
    und anderen so viel bieten ließ. Seine Schwäche.
    »Aber etwas anderes hat das, was Sie störte, überlagert. Hat dafür gesorgt, dass Sie sich
    trotzdem verliebten. Ihn sogar heirateten. Den Rest Ihres Lebens mit ihm verbringen
    wollten.«
    »Ja. Das, was mir an ihm gefiel, war stärker.« »Was war das?«
    »Seine Fürsorglichkeit«, sagte sie, »seine Wärme. Er gab mir Geborgenheit.«
    Er betrachtete sie nachdenklich. »Sie hatten vorher einen Mangel an
    Geborgenheit? Gwen hat mir erzählt, dass Sie bei Ihrer Großmutter aufgewachsen sind. Nach
    allem, was ich von Fiona Barnes miterlebt habe, könnte ich mir
    vorstellen ... «
    Ich möchte nicht über meine Großmutter sprechen«, sagte Leslie scharf. »Okay!« Dave zog sofort
    zurück. »Alles klar. Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen zu nahe getreten bin.«
    »Wir haben über Sie und Gwen gesprochen. Sie stehen vor einer Entscheidung, nicht ich. Meine
    Entscheidung habe ich schon vor zwei Jahren getroffen: Ich habe mich von meinem Mann
    getrennt.«
    »Aber er kann Sie noch ganz schön durcheinander bringen, wie mir scheint. Jedenfalls haben die
    Selbstgespräche, die Sie zu sehr früher Morgenstunde vorhin da draußen führten, ja offenbar mit
    ihm zu tun gehabt.«
    Sie nahm einen Schluck Kaffee, verbrannte sich den Mund dabei, ignorierte aber den Schmerz. »Er
    hat mich betrogen«, sagte sie dann. »Vor etwas über zwei Jahren. Mit einer Frau, die er
    zufällig kennen gelernt hatte, während ich bei einer Fortbildung war. Ich hätte nie etwas davon
    erfahren, aber unglücklicherweise machte ihm sein Gewissen so sehr zu schaffen, dass er
    schließlich ein Geständnis ablegte. Ich konnte danach nicht mehr mit ihm leben. Seit Montag
    letzter Woche sind wir geschieden. Das war's. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.« »Und was hat
    Sie dann heute früh so verstört?« »Gestern Abend hat er mir plötzlich erklärt, dass das alles
    in Wahrheit meine Schuld war. Irgendeine Therapeutin hat ihm das eingeredet. Zu dem
    Seitensprung kam es nur, weil er unter meiner kühlen Art, meinen Karrierebestrebungen und
    meiner - wie er es sah - Überlegenheit litt. Sein Geständnis hat er nicht aus Gewissensgründen
    abgelegt, sondern meinte es als Hilfeschrei. Was ich nicht ka- pierte und ihn zu allem
    Überfluss auch noch aus der Wohnung warf. Der arme Mann! War schon alles ganz schön bitter für
    ihn.«
    Dave betrachtete sie nachdenklich, sagte jedoch nichts. Die Tür zur Straße wurde aufgestoßen,
    und zusammen mit einem Schwall feuchter Luft kamen zwei Männer in den Raum. Sie schienen für
    einen Moment überrascht, andere Gäste anzutreffen, kümmerten sich aber nicht weiter darum. Sie
    bestellten Kaffee, blieben am Tresen stehen und unterhielten sich leise mit dem Wirt. Leslie
    schob ihren Teller mit einem angebissenen Scone von sich. »Ich glaube, ich kann nichts essen«,
    sagte sie. »Schmeckt es Ihnen hier nicht?«, fragte Dave.
    »Doch, aber wenn ich zu intensiv über meinen Exmann nachdenke, verschlägt es mir regelmäßig den
    Appetit«, erklärte Leslie. Sie musterte ihn herausfordernd. »Geht es Ihnen auch so? Dass Sie
    nichts mehr essen können, wenn Ihnen Gwen in den Sinn kommt?«
    »So schlimm ist es nicht.«
    »Was schafft für Sie den Ausgleich, Dave? Sie stören sich zwar daran, dass sie keinerlei
    Faszination auf Sie ausübt. Trotzdem wollen Sie sie heiraten, den Rest Ihres Lebens mit ihr
    verbringen. Weshalb? Was überlagert in Ihrem Fall all das, was Sie an ihr nicht
    mögen?«
    Er schaute sie an, als wolle er herausfinden, ob sie ihre Frage ernst meinte oder ihn nur
    provozieren wollten. »Das fragen Sie wirklich?«
    »Ja.«
    Er lächelte müde. »Sie wissen es doch. Und Ihre Großmutter wusste e s auch.« Leslie nickte. »Dann stimmt es also.
    Die Farm. Die Farm ist das, was Sie zu Gwen hinzieht.«
    Für den Moment schien er resigniert, zu erschöpft, um irgendetwas beschönigen zu
    wollen.
    »Ja. Das ist so.«
    »Was versprechen Sie sich davon, wenn Sie mit ihr auf der Beckett-Farm leben?«
    Nun schob auch er seinen Teller von sich. Die Frage nach seiner Zukunft
    schien ihm ebenfalls den Hunger zu rauben. »Ich

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