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Das andere Kind

Titel: Das andere Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das andere Kind
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ihm
    aufkreuzte. Es war inzwischen vier Uhr vorbei, und er hatte nach Hause gehen und sich nicht
    noch im letzten Moment mit einem besonders unbeliebten Problem beschäftigen wollen. War Gibson
    ein harmloser Bürger, der lediglich eine Macke hatte, so würden die Medien sofort etwas
    von Verletzung der Grundrechte schreien,
    falls sie Wind von der Sache bekamen.
    »Haben Sie nicht mehr zu bieten als diesen bloßen Verdacht?«, hatte er missmutig gefragt. Sie
    wies auf die Fotos, die sie ihm auf den Schreibtisch gestreut hatte. »Das ist mehr als ein
    Verdacht! Diese Bilder sind Tatsachen! Er hat Amy Mills über Wochen und Monate verfolgt und
    heimlich fotografiert.«
    »Solange sich das Opfer nicht beschwert, ist das kein Delikt, das uns etwas angeht!«
    »Das Opfer kann sich nicht mehr beschweren. Das Opfer ist tot.«
    »Inspector ... «
    »Er hat sie durch ein Fernglas in der gegenüberliegenden Wohnung beobachtet. Er war besessen
    von ihr. Es ist doch mehr als deutlich, dass er sich in irgendetwas hineingesteigert hat.
    Womöglich war sie in seinen Fantasien die Frau seines Lebens. Als sie sich seiner Meinung nicht
    anschließen wollte, hatte er sie erschlagen. Es sprechen enormer Hass und ungezügelte Wut aus
    dem Verbrechen. Genau das, was man erwarten kann, wenn ein Mann abgewiesen wird, der zuvor in
    einer solch ... «, sie deutete auf die Fotos, »in einer solch bizarren Gedankenwelt gelebt
    hat!«
    »Das sind reine Vermutungen Ihrerseits!«
    »Die ich vielleicht belegen kann, wenn ich in die Wohnung komme.«
    »Warum vernehmen Sie Gibson nicht zuerst?«
    »Er ist im Moment nicht auffindbar. Sergeant Reek hat sich mit der Baufirma in Verbindung
    gesetzt, für die Gibson arbeitet. Er war heute auf einer Baustelle in Hull eingeteilt, aber
    wegen des Regens wurde dort am Mittag die Arbeit eingestellt. Wohin er dann gegangen ist, weiß
    niemand. Der Vorarbeiter meint, ein paar der Männer hätten zusammen etwas trinken wollen, und
    es könnte sein, dass er sich ihnen angeschlossen hat.«
    »Das ist nicht verboten.«
    »Nein. Aber wenn er nach Hause kommt, wird er sofort Kontakt mit seiner
    Freundin aufnehmen. Er wird merken, dass etwas nicht stimmt, denn die junge Frau ist völlig aus
    dem Häuschen. Ich will die Wohnung durchsuchen, bevor er alles vernichten kann, was möglicherweise einen Hinweis für mich
    darstellt!«
    Der Richter knurrte vor sich hin. Das Gesetz sah die Genehmigung einer Wohnungsdurchsuchung
    vor, wenn die Aussicht bestand, relevantes Beweismaterial im Zusammenhang mit einer Straftat
    sicherzustellen. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, eine Wohnung zu durchsuchen, ohne den
    Besitzer zu informieren, wenn der Verdacht begründet werden konnte, seine Benachrichtigung
    werde dazu führen, dass er ebendieses Material zerstörte.
    Valerie spielte ihren letzten Trumpf aus. Nichts Durchschlagendes, aber ein kleines, feines
    Puzzleteil. »Sergeant Reek hat übrigens noch etwas erfahren, Sir. Die Firma, für die Gibson
    arbeitet, hat auch den Neubau unten an den Esplanade Gardens durchgeführt. Gibson war bei
    diesem Projekt tätig. Es ist die Baustelle, von der zwei Bauzäune so verschoben wurden, dass
    sie Amy Mills den kürzesten Weg versperrten und sie sich genötigt sah, durch den dunkelsten und
    einsamsten Abschnitt des Parks zu gehen.«
    »Jeder Passant kann die Zäune verschoben haben. Jeder dumme Junge. Jeder Landstreicher. Man
    musste nicht auf der Baustelle arbeiten, um den Zugriff darauf zu haben.«
    »Nein. Aber wenn man dort arbeitet und diese Zäune den ganzen Tag vor sich sieht, könnte man
    leicht inspiriert werden, sie zu benutzen, um Amy Mills' Schritte in die gewünschte Richtung zu
    lenken. Sir, jeder Punkt für sich genommen, ist dünn, ziemlich dünn, das gebe ich zu. Aber
    alles zusammen lässt diesen Stan Gibson doch in einem recht verdächtigen Licht dastehen. Ich
    würde einen Durchsuchungsbeschluss für gerechtfertigt halten.«
    Sie hatte den Wisch bekommen. Vielleicht nur deshalb, weil der Richter
    endlich heimwollte und begriff, dass er die Beamtin vor seinem Schreibtisch kaum loswerden
    würde. Sie konnte sehr beharrlich sein. Besonders dann, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stand.
    Und endlich, endlich einen Anhaltspunkt
    sah, der sie vielleicht weiterbringen würde. Oder sogar den Durchbruch
    darstellte.
    Danach sah es allerdings in Gibsons Wohnung in diesem Moment nicht aus. Sie hatten das
    beschriebene Stativ mit dem Fernrohr gefunden, sie hatten an die

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