Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das andere Ufer der Nacht

Das andere Ufer der Nacht

Titel: Das andere Ufer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
zart besaitet hat dies nichts zu tun«, bemerkte ich. »Es verbietet mir einfach der Anstand.«
    Sie aß hastig weiter, als hätte sie Angst, ihr würde jemand etwas wegnehmen. »Ja, die kleinen Fische sind köstlich. Ich bekomme sie auf Eis angeliefert.«
    »Dann geben Sie acht, dass es nicht schmilzt.«
    Unwillig schüttelte sie den Kopf. »Sinclair, Sie sind kein angenehmer Tischpartner.«
    Ich lachte sie an. »Das ist Ihr Verschulden. Sie hätten mich nicht einzuladen brauchen.«
    Ihr Mund verzog sich. »Keiner«, sagte sie. »Kein Mann ist perfekt. Das merke ich wieder einmal. Du hast deine Stärken, Sinclair, aber das, was du jetzt tust, sehe ich als eine Schwäche an…« Sie ließ das Besteck fallen. Messer und Gabel klirrten auf den Teller. »Tut mir leid, auch mir ist der Appetit vergangen.«
    »Daran kann ich nichts ändern.«
    Kurz tupfte sie über ihre Lippen, bevor sie sich in die Höhe stemmte und sofort wieder saß. »Räum ab!« fuhr sie den Zwerg an. Der bewegte sich so schnell, als hätte er Angst, dass es sich seine Herrin noch anders überlegte. Den Teller stellte er irgendwo ab, die Platten ließ er auf dem Tisch.
    Senora Marquez griff nach ihrem Glas und nahm einen kräftigen Schluck. Sie spülte sich damit den Mund aus und blies auch die Wangen auf. Nachdem sie geschluckt hatte, ließ sie sich zu einer Bemerkung herab, die mich treffen sollte.
    »Das hätte ich mir anders vorgestellt.«
    »Ich verkneife mir eine Antwort.«
    Sie lehnte sich zurück, holte eine dünne Zigarre aus einem Kästchen und ließ sich von dem Zwerg Feuer reichen. Drei Rauchwolken verteilten sich vor ihrem Gesicht, die sie mit der Hand zur Seite wedelte. »Du hast es also geschafft, Sinclair. Du bist gekommen und konntest die Proben bestehen. Das ist bisher keinem gelungen. Gut.«
    »Es war Glück.«
    »Möglich, aber auch Geschick. Ich habe dich in mein Schloss gelockt, das auf einen Menschen leer wirkt. Wenn er es betritt, muss er eigentlich Furcht bekommen. Wer geht schon gern in ein großes leeres Schloss? Du etwa?«
    »Freiwillig kaum.«
    »Eben. Aber du bist weitergegangen.«
    »Mich trieb die Neugierde.«
    »Das macht dich geeignet. Vom Balkon bist du nicht gefallen, und der Mann mit der Maske erwischte dich auch nicht. Im Gegensatz zu diesem neugierigen Reporter, den ich dir als Geschenk schicken ließ. Er konnte dem Balkon entkommen, wurde aber erwischt, weil er keine Reflexe besaß. Das war eben sein Pech, aber du konntest den Hieben entkommen, und auch der Zwerg schaffte dich nicht. Deshalb bist du fast am Ziel.«
    »Und wo liegt das Ziel?«
    Sie ließ den Rauch zwischen den Lippen hervorquellen. »Das müsstest du doch inzwischen wissen.«
    »Es ist der Fluss.«
    »Ja, und das andere Ufer der Nacht. Wer diesen Fluss überquert, erreicht das Jenseits. Es ist der Strom, der die beiden so wichtigen Teile voneinander trennt.«
    »Was ich nicht glauben kann.«
    Sie beugte sich vor. »Weshalb nicht?«
    »Weil das Jenseits nicht so einfach ist. Vielleicht haben es sich die Menschen einfach gemacht, um es begreifen zu können oder sich Mythen aufzubauen. Ich glaube nicht daran.«
    »An was glaubst du dann?«
    »Unter anderem an Schwarze Magie!«
    Sie gab noch keine Antwort, nickte nur und meinte nach einer Weile.
    »Interessant, berichte weiter.«
    »Ich glaube an eine schwarzmagische Falle, wenn Sie so wollen. Sicher, das andere Ufer kann die Grenze zu einer fremden Welt oder anderen Dimensionen sein, aber das Jenseits ist es nicht. Daran will ich einfach nicht glauben.«
    »Du wirst es bewiesen bekommen.«
    »Wer sagt Ihnen, dass ich mich über den Fluss schiffen lasse?«
    Wieder lachte sie. Erst leise, dann immer lauter, bis das Gelächter abrupt abbrach. »Keine Sorge, Sinclair, das geht schon klar, glaub mir nur. Dir wird gar nichts anderes übrig bleiben, als über den Fluss zu fahren. Ich zwinge dich dazu.«
    »Und wie?«
    »Diesen Trumpf behalte ich noch in der Hinterhand.« Sie schnippte Asche auf den Boden, bevor sie fortfuhr. »Obwohl du mich geärgert hast, gebe ich dir noch die Chance, Fragen zu stellen. Wie ich dich einschätze, willst du Hintergründe aufhellen, sie erleuchten, um Bescheid zu wissen.«
    »Das stimmt.«
    »Dann tue dir keinen Zwang an.«
    Sie sprach lässig, so wie eine Siegerin. Ich grübelte, welchen Trumpf sie noch in der Hinterhand halten konnte. Ich wollte an einen Bluff nicht glauben, sie musste da etwas haben, mit dem sie mich erpressen konnte. Was konnte das nur sein?
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher