Das Band der Wünsche: Roman (German Edition)
Wie-kann-man-nur-so-blöd-sein-Ton.« Juliette legte eine Hand schützend über den blaugelben Korb und unterdrückte ihre Tränen.
»Wir waren uns einig, Lucas jüdisch zu erziehen.«
»Deinen Eltern zuliebe. Ich glaube kaum, dass ein Plüschtier einen Christen oder Kommunisten aus ihm macht. Deinen Eltern droht keine Gefahr.«
»Du hast keinen Grund, sarkastisch zu werden. Ich dachte, wir hätten eine Abmachung.«
Aber was war ihr Teil der Abmachung gewesen? Was bekam sie denn im Gegenzug? Dass sie sich nicht Nathans weitschweifige Erklärungen anhören musste, wie wichtig jüdische Traditionen für seine Familie waren? Sie sehnte sich danach, eigene Familientraditionen ins Leben zu rufen.
Ihr gemeinsames Leben schien aus einer Aneinanderreihung von Kompromissen zu bestehen, die vor allem den moralischen Ansprüchen von Nathan Soros genügen mussten.
Jedes Mal, wenn sie versuchte, ihn umzustimmen, erinnerte er sie daran, dass die Kinder, da auch Juliettes Vater Jude war, jüdisch seien – als wären Max und Lucas genetische Messbecher.
Und so verliefen die Ostersonntage bei ihnen genauso wie in Juliettes Elternhaus. Ihre Familientradition wurde weitergeführt. Eine weitere Generation, für die Ostern nichts Besonderes war. Nicht mal Schokoladenosterhasen waren erlaubt. Allerdings ließ Juliette es sich nicht nehmen, irgendein besonderes Ostersonntagsdessert zuzubereiten. Etwas, das Nathan als ein bisschen unkoscher betrachtete, zum Beispiel einen Angel Food Cake mit Zuckerguss. Dem Guss fügte sie Lebensmittelfarbe bei und malte grünes Gras, eine gelbe Sonne und einen blauen Himmel auf den Kuchen. Es war nichts, wogegen er ernsthaft etwas einwenden konnte, dennoch bereitete es ihr ein diebisches Vergnügen, den Kuchen zu servieren.
Was für eine erbärmliche Form der Rebellion. Einen »christlichen« Kuchen zu backen, aus Rache, weil er fremdgegangen war und keinen Osterkorb in seinem Haus duldete?
Sie lagen im Bett. Juliette zog an den Modeseiten der Times , die unter Nathans Beinen eingeklemmt waren.
»Beine hoch«, sagte sie.
Er tat es wortlos.
»Noch mal.« Jetzt zog sie an den Seiten des Magazins.
»Das wollte ich als Nächstes lesen«, sagte er.
»Du kannst nicht alle Teile bunkern.« Juliette zupfte an den Seiten. »Was du nicht in der Hand hältst, kann sich jeder nehmen.«
Nathan lachte, ohne vom Wirtschaftsteil aufzublicken. »Wer hat dich zur Herrin über die Zeitungslektüre-Regeln gemacht?«
Juliette packte die Zeitung und zerrte vehement daran, bis die Seiten rissen. »Herrgott noch mal, Nathan, gib mir endlich die verdammte Zeitung.«
Jetzt wandte er ihr seine Aufmerksamkeit zu. »Was ist los mit dir, Jules?« Er gab ihr den zerrissenen Modeteil.
»Du sollst die Teile nicht immer bunkern«, sagte sie. »Niemand kriegt mehr als einen auf einmal.«
»Und warum hast du dann das Magazin und den Modeteil?« Mit einem Lächeln versuchte er, die Stimmung aufzulockern.
»Du liest den Modeteil doch ohnehin nicht. Für dich ist das Müll. Für dich ist überhaupt alles, was ich mache, Müll, und alles, was du tust, ist großartig, wichtig, spitzenmäßig und gottgefällig.« Sie warf die Zeitung aufs Bett und schob sie zu ihm hinüber. »Hier. Nimm sie. Nimm alles. Du kriegst ja immer, was du willst, stimmt’s?«
Juliette stampfte aus dem Zimmer und schlug die Badezimmertür hinter sich zu. Sie drehte die Wasserhähne und die Dusche auf, damit er nicht hören konnte, wie sie weinte. Der Arsch. Als Nächstes würde er ihr wahrscheinlich erklären, dass sie die Umwelt zerstörte, indem sie zu viel Wasser verbrauchte.
Sie drehte das Wasser ab und dachte an Lucas und Max und an zukünftige Enkel.
Nachdem sie sich die Nase geputzt hatte, verbarg sie ihr Gesicht in einem Handtuch, um zu verhindern, dass sie ihre Traurigkeit und ihre Wut laut herausschrie.
»Geh weg, Nathan«, flüsterte sie, als er klopfte.
»Alles in Ordnung, Mom?«
Lucas.
Sie zuckte zusammen. »Mir geht’s gut, mein Schatz.«
»Weinst du?«, fragte er.
»Nein«, antwortete sie.
»Hört sich aber so an.«
Verdammter Mist. Max. Beide standen vor der Tür, die Söhne wachten über ihre durchgedrehte Mutter.
Sie presste die Handflächen gegen ihre Stirn.
»Was ist los, Mom?«, fragte Lucas.
Dein Vater hat mich betrogen. Ihr habt eine Schwester. Ich liebe euren Vater immer noch.
»Lasst Mom in Ruhe, Kinder.« Nathans Stimme klang ruhig und besänftigend. »Sie ist ein bisschen traurig heute Morgen. Das passiert
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