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Das Bernstein-Teleskop

Das Bernstein-Teleskop

Titel: Das Bernstein-Teleskop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Pullman
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Sicherheitsvorkehrung flocht sie drei kleine Seile zu einem Geschirr zusammen und schlang es mit einem losen Knoten um die beiden hängenden Enden des Hauptseils. Die Knoten konnte sie festziehen, wenn sie ins Rutschen geraten sollte.
    Mary setzte einen Fuß in die erste Schlinge und begann den Aufstieg.
     
     
    Sie erreichte die Baumkrone in kürzerer Zeit, als sie erwartet hatte. Das Klettern bereitete ihr keine Schwierigkeiten, das Seil ließ sich gut greifen, und obwohl sie das Problem, wie sie sich auf den ersten Ast hieven sollte, gar nicht richtig bedacht hatte, stellte sie erfreut fest, dass tiefe Furchen in der Borke ihr einen sicheren Halt verschafften. Keine fünfzehn Minuten nachdem Mary den Boden verlassen hatte, stand sie auf dem ersten Ast und plante ihre Route durch die Baumkrone.
    Mary hatte noch zwei Rollen Seil mitgenommen, um ein Netz aus straff gespannten Strecken zu bilden, die als Ersatz für die Haken und Ösen dienen sollten, die sie von der Felskletterei kannte. Für das Verknoten brauchte Mary noch ein mal zehn Minuten, und nachdem sie sich nochmals gesichert hatte, wählte sie den nächsten geeigneten Ast, holte ihr Ersatzseil ein und stieg weiter.
    Nach zehnminütiger Kletterei befand sie sich im dichtesten Teil des Blätterdachs. Sie konnte die langen Blätter erreichen und durch die Hände gleiten lassen. Mary fand auch die unglaublich kleinen, weißlichen Blüten, von denen jede eine münzgroße Frucht hervorbrachte, aus der später eine große, eisenharte Samenkapsel entstand.
    Sie erreichte einen bequemen Platz, wo sich drei Äste gabelten, band dort das Seil fest, zog das Geschirr straff und sah sich dann in Ruhe um.
    Durch die Lücken im Blätterdach sah Mary das blaue Meer am Horizont schimmern. Blickte sie über die Schulter in die andere Richtung, dehnte sich dort die goldbraune hügelige Prärie aus, durch die sich die schwarzen Bänder der Basaltstraßen zogen.
    Eine leichte Brise trug den feinen Duft der Blüten heran und ließ die Blätter rascheln. Mary stellte sich vor, von einer großen, gütigen Hand emporgehalten zu werden. Während sie so in der Gabelung der mächtigen Äste lag, fühlte sie eine Seligkeit, wie sie sie nur einmal in ihrem Leben erfahren hatte, und das war nicht die Stunde gewesen, in der sie ihr Ordensgelübde ablegte.
    Ein Krampf im rechten Fußgelenk, das ungeschickt in der Krümmung der Astgabel gelegen hatte, riss sie aus ihrer Träumerei. Mary entspannte den Fuß und wandte sich, noch ein wenig benommen von den ozeanischen Gefühlen, wieder ihrer Aufgabe zu.
    Mary hatte den Mulefa erklärt, dass sie die Lackscheiben im Abstand von einer Handspanne halten müsse, um das Sraf zu sehen. Die Mulefa hatten das Problem sogleich erkannt und ihr aus Bambus ein Rohr gefertigt, an dessen Enden sie die bernsteinfarbenen Scheiben wie bei einem Teleskop befestigten. Dieses Teleskop steckte nun in ihrer Brusttasche. Sie holte es heraus und schaute hindurch. Die goldenen Funken, die die Mulefa Sraf, sie selbst Schatten und Lyra Staub nannten, schwebten wie winzige kleine Lebewesen durch die Luft. Zum größten Teil bewegten sie sich wahllos wie Staubfädchen in einem Sonnenstrahl oder Moleküle in einem Glas Wasser.
    Zum größten Teil.
    Doch bei längerem Hinschauen erkannte Mary bald eine andere Bewegung. Unter dem Gewimmel ließ sich eine langsamere, tiefere Strömung ausmachen, die vom Land zum Meer verlief.
    Wie merkwürdig. Mary sicherte sich mit einem Seil, kletterte an einem waagerechten Ast entlang und schaute genau in alle Blütenkelche, die sie erreichen konnte. Schon bald wurde ihr klar, was hier geschah. Mary setzte ihre Beobachtungen fort, bis sie sich ganz sicher war. Erst dann begann sie den langen und beschwerlichen Abstieg.
     
     
    Unten angekommen fand Mary die Mulefa in Angst und Sorge um ihre Freundin, die sich so weit vom sicheren Boden entfernt hatte.
    Vor allem Atal war erleichtert. Sie streichelte Mary immer wieder mit dem Rüssel und wieherte dabei leise vor Freude über das glückliche Wiedersehen. Gemeinsam mit einem Dutzend anderer brachte die Zalif Mary rasch in die Siedlung.
    Kaum hatten sie die Hügelkuppe erreicht, verbreitete sich die Nachricht von ihrem Kommen im ganzen Dorf. Als sie dann auf dem Versammlungsplatz ankamen, standen die Zuschauer in so dichten Reihen, dass Mary vermutete, viele seien von weither gekommen, um sie zu hören. Mary wünschte, sie hätte frohere Kunde für die Mulefa.
    Der alte Zalif Sattamax betrat

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