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Das Bildnis der Novizin

Titel: Das Bildnis der Novizin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Albanese Laura Morowitz Gertrud Wittich
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Versionen von Lucrezias blauen waren, und sprach ein stummes Dankgebet.
    »Geh nur, Kind«, sagte er. »Geh mit meinem Segen.«
    Als sich die Tür hinter ihrer Schwester schloss, wurde Lucrezia schrecklich nervös. Sie und der Maler waren allein.
    »Darf ich dir etwas zeigen, Schwester Lucrezia, oder etwas anbieten?«
    »Nein, Bruder«, antwortete sie so schnell, dass er sich sogleich Sorgen machte.
    »Schwester Lucrezia, was hast du? Stört dich etwas?«
    »O nein, Bruder, es geht schon.« Sie war froh, mit dem Mönch allein zu sein, obwohl sie schrecklich nervös war. »Ehrlich, ich freue mich, Euch helfen zu können, ein Teil Eurer Arbeit sein zu dürfen. Es ist nur …« Sie wollte ihn nicht beleidigen, gleichzeitig jedoch drängte es sie, zu erfahren, ob an den schlimmen Gerüchten, die über den Maler kursierten, etwas dran war. Lucrezia musste einfach wissen, ob es stimmte, was Spinetta gesagt hatte.
    Sie schluckte und fasste sich ein Herz.
    »Ich habe vieles über Euch gehört, was mich verwirrt. Bitte haltet mich nicht für unhöflich, Bruder Filippo, ich habe Euch nämlich sehr gern.«
    Kaum waren die Worte heraus, errötete Lucrezia heftig. Unwillkürlich musste sie daran denken, wie warm sich seine Finger an ihrem Kinn angefühlt hatten.
    Fra Filippo blickte fest in ihr sorgenvolles Gesicht.
    »Man redet viel über mich, und du hast ein Recht zu erfahren, was wahr ist und was nicht. Wissbegier ist keine Schande, besonders dann nicht, wenn sie aus einem reinen Herzen kommt. Setz dich, Schwester Lucrezia. Du kannst mich fragen, was immer du willst.«
    Der Mönch deutete auf einen Stuhl am Fenster und holte für sich selbst einen aus dem Vorraum. Beide saßen sie mit der Sonne im Rücken vor dem Fenster, das hoch genug lag, so dass man sie von der Straße aus nicht sehen konnte.
    »Falls du gehört hast, ich hätte Gottes Gesetze gebrochen, ja, das stimmt«, begann er. Fra Filippo spreizte unter seiner Kutte die Beine und beugte sich vor, die Hände auf die Knie gelegt. Er saß so dicht bei ihr, dass sie die Seife riechen konnte, mit der er sich in der Früh rasiert hatte. »Aber ich war arm und verzweifelt und wusste mir keinen Ausweg mehr. Nur deshalb fiel ich der Sünde der Unehrlichkeit zum Opfer.«
    Zunächst stockend, dann zunehmend flüssiger, erzählte er ihr von der schlimmen Zeit als Betteljunge auf den Straßen von Florenz. Wie er nach Abfällen suchte, wie ihn jene einsamen Nächte noch immer gelegentlich im Schlaf verfolgten.
    »Dann wurde ich von den Karmelitern aufgenommen und erzogen. Als Gegenleistung legte ich das Gelübde ab. Du verstehst, Schwester Lucrezia, wie ich zur Kirche kam und zu Gott?«
    Lucrezia wandte den Blick ab. Sie konnte den Mönch nicht länger ansehen, sein ausdrucksvolles Gesicht, in dem alles stand, was er mit Worten nicht sagen wollte.
    »Ich verstehe, Bruder Filippo«, sagte sie leise.
    »Ich versichere dir, Schwester Lucrezia, ich wollte meinen Assistenten, Giovanni di Francesco, nicht betrügen. Ich konnte ihn nicht bezahlen, aber ich hatte fest vor, all meine Schulden bei ihm zu begleichen – sobald ich die Mittel dazu gehabt hätte.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Schande über mich gebracht. Ich habe nicht wie ein Ehrenmann gehandelt, wie ein Mann Gottes.«
    Als Lucrezia sah, wie sehr ihm das zu schaffen machte, hätte sie ihn am liebsten getröstet, so wie er sie schon einmal getröstet hatte und nicht nur einmal. Sie fühlte sich für seinen Kummer verantwortlich. Immerhin hatte sie mit ihren Fragen alte Wunden aufgerissen.
    »Selbst die besten Männer werden manchmal zu Unrecht beschuldigt, ihr guter Name in den Schmutz gezogen.« Auch sie beugte sich nun vor, die Knie geschlossen, die Hände wie zum Gebet gefaltet. »Meinen Vater hat man der Unehrenhaftigkeit beschuldigt.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ihr geliebter Papa, ihr stolzer Vater. »Die Gilde hat ihn beschuldigt, minderwertige Seide zu produzieren, aber das war eine Lüge. Die Stoffe meines Vaters waren ausnahmslos von feinster Qualität.«
    Ihre Hände fielen kraftlos in ihren Schoß, ihre Lippen begannen zu zittern. Mühsam hielt sie die Tränen zurück. Der Mönch legte begütigend seine Pranke auf ihre Hände. Sie musste an die Warnung der Äbtissin denken, rührte sich aber nicht.
    »Es muss eine große Freude für deinen Vater gewesen sein, dich in seinem Geschäft zu sehen, dich an seiner Seite zu wissen«, sagte Fra Filippo sanft. »Und seine Stoffe müssen wunderschön

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