Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das blaue Haus (German Edition)

Das blaue Haus (German Edition)

Titel: Das blaue Haus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
Vom Netzwerk:
alle anderen sind jetzt schuld daran.“
Dane fuhr wieder aus dem Sessel hoch und verdrehte die Augen. „Scheiße! Lass uns aufhören! Ich muss raus!“ Er verließ das Haus und rannte ins dunkle Nichts.

Jetzt hab‘ ich ihn, dachte Ragee. Er blieb in seinem Schaukelstuhl sitzen und dachte über die vielen Dinge nach, die jetzt passieren könnten. Er überhörte selbst die Türklingel, die so schrill erklang. Erst das dritte Klingeln riss ihn aus seinen Gedanken. Er horchte. Dane! Er war wieder zurückgekommen! Gott sei Dank! Der alte Mann drückte sich mühsam aus seinem Stuhl hoch und schlürfte zur Tür, um sie zu öffnen. Sein „Hallo“ starb auf den Lippen, als er Julie mit zwei Koffern vor der Tür erblickte!
    „Hallo, Ragee. Ich habe diese Woche für Jessie mit durchgearbeitet, um eine Woche frei zu bekommen. Ich möchte bei euch sein.“
Ragee wusste nicht, ob es Verzweiflung war, die ihm die Kraft aus den Knien sog und er sich am Türrahmen festhalten musste. Wo war Dane? Musste er jetzt nicht hier stehen? Was zum Teufel machte Julie hier? Jetzt? Sie konnte unmöglich hier bleiben. Sie war momentan Sprengstoff für Dane – und für ihn.
„Warum hast du geklingelt“, flüsterte er. „Du hast doch einen Schlüssel.“
„Ich wollte euch nicht erschrecken und plötzlich vor euch stehen.“
Ragee rang sich ein gequältes Lächeln ab. Sie wollte uns nicht erschrecken! Er sah auf die Uhr. Es war kurz vor sieben. Zu spät, um Julie nach Junction City zurückzuschicken.
„Du wolltest doch anrufen, bevor du kommst“, versuchte er standhaft zu sagen, aber es war ein erstickendes Flüstern.
„Warum? Damit du mich wieder zurückweist?“
Wie sollte er ihr erklären, welche Spannung sich heute Abend in diesem Haus befand? Was sollte er zu Danes Abwesenheit sagen, den sie sicherlich am meisten sehen wollte. Ihr war bereits ein gescheitertes Vorhaben zu verdanken. Sie würde es ohne Zweifel auch zu einem zweiten Massaker bringen.
Ragee begann zu schwitzen. Es war einfach zu viel für ihn, der Fall war zu kompliziert geworden. Vielleicht wäre es das Beste, die Polizei zu rufen. Dann hätte alles ein Ende. Doch der Gedanke quälte ihn noch mehr. Er ließ sie schließlich hinein und öffnete ihr somit die Tür zu einer aufgerissenen Wunde, die fortan noch stärker bluten sollte.
    *
    Dane sah das Blut, das vor ihm in den Schnee tropfte. Er hatte sich nicht absichtlich verletzen wollen.
Er war zwei Stunden durch die Straßen geirrt und hatte sich wieder soweit gefangen, dass er sich in der Lage sah, Ragee wieder zu begegnen. Er dachte daran, wie sehr sich der alte Mann seinetwegen aufgeregt hatte.
Doch schon von Weitem hatte er den roten Mazda in der Einfahrt vor Ragees Haus gesehen, und seine neu erlangte Kraft war wie ein riesiges Kartenhaus zusammengebrochen. Julie war die Letzte, die er jetzt sehen wollte. Wie lange mochte sie schon da sein? Was hatte Ragee ihr schon alles erzählt?
Dane stand an der Hauswand und konnte es nicht fassen. Wieder war sie da, diese Julie, und mischte sich ein.
Er lehnte sich erschöpft mit dem Rücken an Ragees Haus und begann plötzlich seinen Hinterkopf rhythmisch gegen den rauen Beton zu schlagen. Was um Himmels willen sollte er jetzt tun? Ihm war kalt, trotz Jacke, die er noch schnell beim Verlassen des Hauses von der Garderobe gerissen hatte, und die war feucht vom Schneefall.
Er konnte nicht klingeln und so tun, als ob alles in bester Ordnung wäre, das war es nicht. Vielleicht hätte er es früher gekonnt, wie er vieles gekonnt hatte. Aber jetzt? Etwas Warmes lief plötzlich über seine Lippen und tropfte an seinem Kinn herunter. Dane schmeckte Blut und hörte auf, seinen Hinterkopf gegen die Hauswand zu schlagen. Er erschrak. Das Blut lief aus seiner Nase, und er beugte sich vor, um es von seiner Kleidung abzuwenden. Verdammt! Er versuchte, es mit beiden Händen aufzufangen, doch es war zu viel und lief triefend zwischen seinen Fingern hindurch. Es wollte nicht aufhören zu laufen. Er hatte nicht einmal ein Taschentuch dabei. Seine Jacke verschmierte etwas, ebenso seine Schuhe, und im Schnee bildete sich eine kleine Blutlache.
Dane verharrte in vorgebeugter Haltung, bis die Blutung von alleine stoppte. Ich fasse sie an, waren seine ersten Gedanken voller Wut. Wenn sie mich herausfordert, fasse ich sie an! Ich werde ihr wehtun, und es wird mir Spaß machen!
Ich kann unmöglich hineingehen, dachte er dann.
Dane reinigte sein Gesicht mit Schnee und schlug den Weg in die Stadt

Weitere Kostenlose Bücher