Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Ansicht sein«, sagte Villasante lächelnd.
»Ich denke, dass die Attentäter von Frankfurt nicht von vornherein die Absicht hatten, als Märtyrer zu enden. Möglicherweise hatten sie weitere Anschläge geplant. Falls Andrea Recht hat und die einzelnen Kommandos unabhängig voneinander operieren, haben sie ihre Pläne mit sich in die Ewigkeit genommen. Wenn aber Lorenzos Ansicht zutrifft, könnte ein anderes Kommando deren Rolle übernehmen und versuchen, diese Pläne auszuführen, von denen wir nur die bewussten Papierfetzen besitzen.«
»Morgen fahre ich nach Belgrad«, teilte Sagardía jetzt mit. »Ich möchte an Ort und Stelle etwas über Karakoz in Erfahrung bringen, auch wenn ich sicher bin, dass Sie bereits manches über ihn wissen, was Sie mir mitteilen könnten.«
Matthew Lucas warf ihm einen Seitenblick zu. Was konnte ein Priester herausbekommen, das die Geheimdienste der westlichen Länder nicht dank ihrer Satellitentechnik und Abhördienste längst in Erfahrung gebracht hatten? Der ungläubige
Blick des Amerikaners entging Sagardía nicht, und so wandte er sich ihm zu.
»Ich kann mir gut denken, was Ihnen jetzt durch den Kopf geht. Sicher haben Sie damit auch Recht. Aber es gibt immer noch kleine Zusatzinformationen, die wir Priester beisteuern können. Und ob nicht gerade eine solche Information von Bedeutung sein könnte, weiß man nie.«
»Glauben Sie bitte nicht, dass ich Ihnen etwas unterstellen wollte«, sagte Lucas entschuldigend. Es ärgerte ihn, dass ihn der Jesuit so leicht durchschaut hatte.
»Jetzt wüsste ich gern, was Sie mir über den Fall sagen können.«
Lorenzo Panetta wechselte einen raschen Blick mit Hans Wein, der ihm mit einer kaum wahrnehmbaren Handbewegung bedeutete, er möge die Situation zusammenfassend darstellen.
»Wir beobachten Karakoz Tag und Nacht. Zu unserer Verwunderung rührt er sich schon seit drei Wochen nicht aus Belgrad. Wenn wir es nicht besser wüssten, könnte man ihn für einen harmlosen Kaufmann und Familienvater halten. Am Telefon ist er ungeheuer vorsichtig und spricht über seine Transaktionen, ohne je die Ware zu nennen oder sonstige Einzelheiten preiszugeben. Seit dem Anschlag in Frankfurt scheint er noch misstrauischer geworden zu sein, als rechnete er damit, dass man ihn überwacht. Wir werden ihn auf keinen Fall aus den Augen lassen und sind sicher, dass er demnächst irgendwohin aufbricht. Der Mann kann sein verbrecherisches Treiben unmöglich über längere Zeit ausschließlich von seinen Büros in Belgrad oder Podgorica aus koordinieren. Er bewegt sich ohne die geringsten Schwierigkeiten in sämtlichen Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Es dürfte keine bessere
Möglichkeit geben, an einen der führenden Köpfe der Gruppe heranzukommen, als über ihn.
Was die geheimnisvollen Wörter betrifft, stehen auch wir wie der Ochse vor dem Berg. Wir können weder einen Sinn darin entdecken noch einen Zusammenhang herstellen. Wir wissen nicht einmal, ob sie aus einem Brief stammen, einem Bericht oder einer Tourismusbroschüre … Daher ist es ohne weiteres möglich, dass wir in einer völlig falschen Richtung suchen, wenn wir uns ausschließlich auf diese Schnipsel verlassen. Dessen ungeachtet setzen wir unsere Bemühungen selbstverständlich fort.«
»Haben Sie Hinweise darauf, ob ein weiterer Anschlag geplant ist?«, fragte Sagardía.
»Bekanntlich hat die Gruppe dem Westen den Krieg erklärt. Daher können uns die Leute jeden Augenblick und an jedem Ort überraschen. Mehr wissen wir nicht. Man könnte glauben, dass sie nach dem Anschlag beschlossen haben zu warten, bis die zuständigen Organe in ihrer Wachsamkeit nachlassen. Interpol, andere Dienste und auch wir behalten die Situation im Auge, haben aber bisher nichts Auffälliges entdecken können. Offensichtlich sind die Leute in ihren Schlupfwinkeln untergetaucht und planen von dort aus ihren nächsten Schlag.«
»Ich nehme an, dass Sie jemanden nach Saint-Pons schicken werden…«
»Einer unserer Mitarbeiter sieht sich seit einigen Tagen unauffällig dort um. Saint-Pons-de-Thomières ist ein friedliches Nest, und da dort keine größere Anzahl von Einwanderern lebt, wissen wir nicht so recht, wo wir ansetzen sollen.«
»Das heißt, Sie suchen aufs Geratewohl.«
»Leider ja. Das ist der Hauptgrund, warum wir Sie nicht von Ihrer Reise ins ehemalige Jugoslawien abzubringen versuchen.
Man soll nichts unversucht lassen, auch wenn es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass man Ihnen dort etwas
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