Das Blutband: Der 11. Handyman Jack Thriller (German Edition)
grauen NYU-Jogginganzug, der die kantigen Formen ihrer mageren Figur überdeckte.
Aaron sah zur Tür, dann zu ihr.
»Bolton hat mich entführt.«
Sie riss die Augen noch weiter auf, durch die dicken Brillengläser wirkten sie jetzt riesig. »Bist du verrückt geworden?«
»Nein. Er ist der Verrückte, falls du das vergessen haben solltest.«
Er spähte durch eines der Seitenfenster an der Tür, hielt Ausschau, ob sich da draußen etwas regte. Gott, innerlich zitterte er immer noch vor Angst.
»Aber warum sollte er …?«
Er wirbelte zu ihr herum. »Das ist genau das, was ich wissen will. Wenn mich nicht so ein Schnüffler gesehen und mich befreit hätte …«
Sie erstarrte. »Ein Schnüffler? Ist die Polizei …?«
»Nein, der hier ist Privatdetektiv. Ich bin nicht dazu gekommen, ihn zu fragen, wer ihn engagiert hat, aber ich vermute, das war die gleiche Frau, die auch Gerhard beauftragt hat.«
»Warum sollte sie zwei Detektive anheuern?«
Aaron versuchte seine angespannten Nerven weitestgehend zu beruhigen und beobachtete sie genau, weil er ihre Reaktion einschätzen musste.
»Weil der erste tot ist. Er wurde ermordet.«
Sie schlug entsetzt die Hand vor den Mund. »Was?«
Aaron wusste, Julia war keine Schauspielerin – sie legte Wert darauf, genau das darzustellen, was auch wirklich da war – und ihr Entsetzen schien echt.
Er nickte. »Der neue Detektiv hat Gerhards Leiche gefunden. Er wurde auf ziemlich bizarre Weise gefoltert, bevor er ertrunken ist.«
Julia ließ sich auf eine Couch fallen und begann, in ihrer Nase zu bohren, während sie auf eine Wand starrte – eine nackte Wand wie alle anderen in ihrem Haus.
Aaron hatte sie einmal gefragt, warum sie nicht das eine oder andere Bild aufhängte. Der Gedanke schien ihr wirklich vollkommen fremd zu sein: Warum? Wenn ich einmal ein Foto oder ein Bild gesehen habe, dann habe ich es doch gesehen. Warum sollte ich es mir dann noch einmal ansehen wollen?
Sie verdiente gutes Geld, aber Aaron hatte nicht die geringste Ahnung, was sie damit machte. Sicherlich gab sie es nicht für Möbel aus. Die meisten im Haus passten nicht zusammen und sie hatte sie gebraucht gekauft. Sie war der am wenigsten auf Besitz fixierte Mensch, den er je getroffen hatte. Es gab nur eines, was Julia Vecca wirklich wichtig war: ihre Arbeit.
Und jetzt hatte ihre Arbeit einen Menschen ermordet.
Sie zog den Finger aus ihrer Nase, starrte die Fingerspitze an, dann wischte sie sie an der Hose ihres Trainingsanzugs ab.
Aaron beobachtete ihr Gesicht genau, als er fragte: »Wie konnte Bolton von Gerhard wissen?«
Sie blinzelte nicht, nahm auch den Blick nicht von der Wand, als sie sagte: »Ich habe es ihm gesagt.«
Aaron hatte das vermutet, aber es war trotzdem ein Schlag, es so ungerührt ausgesprochen zu hören.
Jetzt war es an ihm, sich in einen Stuhl fallen zu lassen.
Der Privatdetektiv Michael Gerhard war eines Tages bei Julia im Büro aufgetaucht und hatte sie mit einer Frage schockiert, die keiner von ihnen erwartet hatte: Warum war ein mordsgefährlicher Psychopath wie Jeremy Bolton auf freiem Fuß?
Der Detektiv war von der Mutter von so einem jungen Ding angeheuert worden, mit dem Bolton ein Techtelmechtel angefangen hatte. Er hatte sich ein Glas mit Boltons Fingerabdrücken in einem Restaurant besorgt, hatte die durch verschiedene Datenbanken laufen lassen und in der Fahndungsliste des FBI einen Treffer gelandet.
Julia hatte ihn darüber aufgeklärt, dass das alles legal war, dass es sich um ein staatlich gefördertes und abgesegnetes Pilotprogramm handle und die Geheimhaltung für den Erfolg unerlässlich sei. Die neue Identität, mit der sie Bolton ausgestattet hatten, durfte nicht aufgedeckt werden.
Gerhard hatte erklärt, dass seine Klientin ein Recht hatte, zu erfahren, mit was für einem Mann ihre Tochter da ausging. Er hatte den Auftrag erhalten, etwas über diesen Mann in Erfahrung zu bringen, und das war ihm gelungen. Er würde seine Klientin darüber in Kenntnis setzen.
Julia hatte ihm das Doppelte von dem angeboten, was seine Klientin ihm zahlte, und einen dauerhaften Beratervertrag mit dem Institut, wenn er seine Informationen für sich behielt. Gerhard hatte das Geld genommen und den Mund gehalten. Aber er hatte nicht damit aufgehört, weiter herumzuschnüffeln.
»Warum … wieso verdammt noch mal hast du Bolton das erzählt?«
»Ich dachte, er sollte die Wahrheit wissen. Sich mit einem Teenager einzulassen, ist eine riskante Sache. Ich konnte es
Weitere Kostenlose Bücher