Das Brandhaus - Roman
meinem Vater geerbt. Er hat sie dort aufgehängt. Einige sind richtig selten.«
»Hat zu der Sammlung je eine Tokarevpistole gehört?«, fragte Andersson.
»Tokarev? Nein. Mein Vater interessierte sich nur für ältere Waffen. Die modernste in der Sammlung ist diese hier.«
Er ging zur Tür und nahm eine Schusswaffe von der Wand, die relativ neu aussah.
»Das ist ein Colt von 1911. Er hat ihn Anfang der 20er Jahre in den USA gekauft. Es heißt, das sei eine der besten Faustfeuerwaffen, die je hergestellt wurde. Natürlich wurde dieses Modell nach 1911 noch verbessert. Während der Kriege und während des Zweiten Weltkriegs haben viele Länder den Colt nachgebaut.«
»Ihr Vater hat also nie eine Tokarev besessen?«
»Nein. So eine Waffe hätte ihn wohl kaum interessiert.«
Der alte Diplomat hängte die Pistole an ihren Platz zurück.
»Hat er sich auch für das Schießen interessiert?«, wollte Fryxender wissen.
»Ja. Sehr sogar. Aber dafür verwendete er andere Pistolen, nicht diese alten Dinger.«
»Haben Sie auch schießen gelernt?«, fuhr Fryxender fort.
»Natürlich. Das gehörte damals zur Erziehung eines jungen Mannes dazu. Calle und ich mussten zum Schießplatz in Delsjö und dort schießen lernen. Wir verabscheuten es beide. Wir wurden nie Jäger oder Scharfschützen. Vater war beides.«
Oscar Leutnerwall verzog bei dieser Bemerkung missbilligend das Gesicht. Er hängte den Colt wieder an die Wand und versank einen Augenblick lang in seinen Erinnerungen.
Alle drei Männer zuckten zusammen, als vollkommen unerwartet ein Gegenstand mit Getöse umfiel. Andersson hatte das Gefühl, ihm würde das Herz stehen bleiben.
»Winston!«, sagte Oscar Leutnerwall vorwurfsvoll.
Die Katze saß auf dem Schreibtisch. Sie leckte sorgfältig ihre Pfoten und schien sich nicht im Geringsten dafür zu interessieren, wie die Orchidee mit dem gläsernen Übertopf auf dem Fußboden gelandet war. Der Stiel der Blume war abgebrochen, aber der Topf sah unbeschadet aus.
»Welch ein Glück, dass der Topf auf den Teppich gefallen ist«, sagte Oscar erleichtert.
»Perserteppiche sind wirklich schön und außerdem praktisch«, meinte Fryxender.
»Allerdings. Teppiche sammle ich auch«, erwiderte Oscar Leutnerwall.
»Hat Ihr Cousin Carl-Johan auch Teppiche gesammelt?«, lautete Fryxenders rasche nächste Frage.
Oscar Leutnerwall runzelte die Stirn und sah Fryxender aufmerksam an. Er ahnte wahrscheinlich, dass das eine Fangfrage war.
»Nein. Calle hat keine Teppiche gesammelt. Er hat auch keine Kunst gesammelt, eigentlich überhaupt nichts«, erwiderte er reserviert.
»Ich dachte an den Teppich, auf dem Mats Perssons Leiche lag. Sie wissen schon, der Eingemauerte im Haus Ihres Cousins. Er lag auf einem echten Perserteppich.«
Oscar Leutnerwall hob nur fragend die Brauen. Sven Andersson meinte jedoch zu sehen, dass etwas in seinen Augen aufblitzte. Erstaunen? Angst?
»Da Ihr Cousin nicht an echten Teppichen interessiert war, frage ich mich, wie Mats Persson auf so einem kostbaren Teppich zu liegen kam?«, fuhr Fryxender fort.
»Es ist nicht gesagt, dass der Teppich Calle gehört hat.«
Oscar Leutnerwalls Tonfall war merklich abgekühlt.
»Nein, ganz richtig. Dann stellt sich aber die Frage, wem der Teppich sonst gehört haben könnte.«
Oscar verzog keine Miene und machte auch keinerlei Anstalten, diese Frage zu beantworten. Fryxender lächelte, sein Lächeln erfasste aber nicht seine Augen. Er betrachtete Winston,
der auf der Schreibtischkante lag. Träge streckte die Katze die Pfote nach dem Kabel der Lampe aus.
»Haben Sie immer Katzen besessen?«, fragte er.
»Ja. Mit Ausnahme gewisser Zeiträume, als ich im Ausland Dienst tat. Mutter hatte immer Katzen. Astrid und ich sind mit Katzen aufgewachsen. Astrid besaß eine Siamkatze, die im Sommer gestorben ist. Sie weiß nicht, ob sie sich noch einmal eine zulegen soll. Wenn Sie mich entschuldigen wollen, ich gehe eben den Staubsauger holen«, sagte Oscar Leutnerwall und verschwand in die Diele.
Fryxender beugte sich vor, um die Blume und den Blumentopf aufzuheben, und verharrte in dieser Stellung. Meine Güte, Hexenschuss!, kam es Andersson in den Sinn. Doch erstaunt beobachtete er dann, wie sein Kollege die Hand ausstreckte und ein paar Bücher vom untersten Regalbrett nahm. Langsam erhob er sich und reichte sie Andersson.
H.K. Rönbloms »Der Spion Wennerström«, Stig Wennerströms »Vom Anfang bis zum Ende« und John Barrons »KGB. The Secret Work of Soviet
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