Das Brandhaus - Roman
kündigen.«
Fast hätte Irene das Auto vor ihr gerammt, als Krister die Bombe ohne Vorwarnung platzen ließ. Es gelang ihr gerade noch rechtzeitig, auf die Bremse zu treten und zu verhindern, in der Heckklappe eines Renault Laguna zu landen.
»Was sagst du da? Du willst kündigen?«, erwiderte sie verwirrt, als sie den Wagen wieder im Griff hatte.
»Ja. Die Arbeit macht mir keinen Spaß mehr. Dieser kleine Fernsehkoch rennt die ganze Zeit rum und macht sich wichtig. Er ist noch keine dreißig und hält sich schon für den Meisterkoch persönlich! Nur, weil er einmal in der Woche beim Lokalfernsehen ein paar Sachen zusammenhaut.«
Er schnaubte verächtlich. Es kam nur selten vor, dass Krister verächtlich klang, aber jetzt war ihm seine Verbitterung deutlich anzumerken.
»Ist irgendwas passiert?«
»Nein. Es hat sich so nach und nach herauskristallisiert … dieses Gefühl, auf der Stelle zu treten. Ich muss etwas anderes tun, was Neues!«
Unbewusst räusperte sich Irene und sagte dann:
»Schwebt dir... etwas bestimmtes Neues vor?«
»Noch nicht. Aber ich wünsche mir einen Neubeginn.« Er seufzte.
Eigentlich überraschte sie dies nicht sehr. Sie hatte gewusst, dass Krister sich in der Küche des Glady’s in den letzten Jahren nicht mehr sonderlich wohl gefühlt hatte. Das Restaurant war verkauft worden. Der neue Besitzer hatte den Stern im Michelin-Restaurantführer natürlich behalten, aber gleichzeitig die Kosten senken wollen, indem er nicht »zu viel« Personal anstellte. Daraufhin hatten alle für zwei arbeiten müssen. Krister hatte ein paar Jahre zuvor an einem Burn-out-Syndrom gelitten, sich aber davon wieder erholt. Danach hatte er jedoch nie mehr dieselbe Arbeitsfreude empfunden. Der Fernsehkoch, von dem Krister gesprochen hatte, trug nicht gerade zur Verbesserung der Lage bei. Während er in der Küche immer mehr an Einfluss gewann, fühlte Krister sich übergangen.
»Das Leben lässt sich nicht wiederholen. Ich will in den letzten zehn Jahren meines Arbeitslebens etwas tun, das Spaß macht. Oder genauer gesagt, sind es noch mindestens elf«, meinte Krister.
»Wenn du das so siehst, dann solltest du vielleicht zuerst einmal darüber nachdenken, was du stattdessen tun willst. Wir kommen auch zurecht, wenn du weniger verdienst.«
Irene war neun Jahre jünger als ihr Mann und verspürte nicht den geringsten Wunsch, etwas anderes zu tun. Sie hatte ihren Traumberuf gefunden.
»Obwohl ich mich bei der Arbeit im Augenblick nicht richtig wohl fühle«, sagte sie. »Ich schätze die neue Kommissarin eben nicht sonderlich. Sie hat zwar auch ihre positiven Seiten. Sie ist kompetent... klug... vielleicht zu klug. Sie ist... intrigant.«
Irene war selbst überrascht, dass ihr dieses Wort einfiel. Es passte genau.
»In welcher Beziehung ist sie intrigant?«, wollte Krister wissen.
Sie erzählte, wie die Thylqvist Sven Andersson für sich eingespannt hatte, indem sie den Mumien-Fall der Cold-Cases-Gruppe aufgehängt hatte. Sie ärgerte sich etwas, dass Krister zu lachen begann.
»Die Gute ist wirklich eine kluge Dame«, sagte er.
»Eben!«, fauchte Irene.
Krister sah sie erstaunt an. Irene musste ein paarmal tief durchatmen, bevor sie weitersprechen konnte.
»Sie ist so... durchtrieben. Sie sieht gut aus und nutzt das aus. Sie lächelt und schmeichelt den Typen im Dezernat. Aber mich nimmt sie gar nicht wahr. Sie ignoriert mich!«
Entsetzt stellte sie fest, dass aus ihrer Stimme dieselbe Verbitterung klang wie eben noch aus Kristers. Dieser war plötzlich wieder ernst geworden.
»Liebes. Ich glaube, wir sollten uns beide beruflich umorientieren«, meinte er.
»Aber ich will keinen anderen Job! Das ist nicht mein Fehler!«
Irene war den Tränen nahe. Sie schluckte einige Male und versuchte sich wieder zu beruhigen.
»Du kannst dir ja immer ein anderes Restaurant suchen. Meine Arbeit gibt es in Göteborg nur einmal. Und ich habe auch keine Lust, hier wegzuziehen. Ich will aber einen neuen Chef.«
»Vielleicht solltest du ja zu einem anderen Dezernat wechseln?«, schlug Krister vor.
Irene schüttelte den Kopf.
»Das ist es ja... es gibt keine anderen Dezernate, bei denen ich arbeiten will. Außerdem: Warum sollte ich wechseln? Schließlich liegt es nicht an mir, dass es so ungemütlich geworden ist.«
»Ungemütlich? Meinst du, dass sich alle einen neuen Chef wünschen?«, fragte Krister.
Irene schwieg einen Augenblick und sagte dann:
»Nein. Die Jungs scheinen sie zu mögen. Tommy
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