saß?«
»Nein. Dafür sei es zu dunkel und zu regnerisch gewesen, sagt er. Er hat nicht einmal gesehen, ob ein oder zwei Personen in dem Wagen saßen.«
»Falls es sich wirklich um den Wagen des Mörders gehandelt hat, saß nur eine Person darin, denn Alexandra war zu diesem Zeitpunkt bereits tot«, sagte Irene düster.
»Wahrscheinlich. Aber ich werde mir den Burschen hier heute Nachmittag noch einmal für eine ordentliche Zeugenaussage vorknöpfen. Ich will versuchen, seiner Erinnerung auf die Sprünge zu helfen. Vielleicht fällt ihm ja noch ein, um welche Automarke es sich handelte«, sagte Jonny.
Irene nutzte die Gelegenheit, ihn darüber zu informieren, was Jens im Internet gefunden hatte, und sie erzählte von ihrem Geistesblitz mit dem Buchstabieralphabet.
»Adam, Bertil, Cesar... Kann er diese Namen wirklich verwenden, wenn er sich als Teenager ausgibt?«, meinte Jonny trocken. »Kein Mensch hat doch wohl seinen Sohn in den letzten hundert Jahren Cesar getauft?«
Am nächsten Tag besuchte Linda Holm Irene direkt nach der Morgenbesprechung in ihrem Büro.
»Ich habe dir auch eine Tasse mitgebracht. Zufällig weiß ich, dass du zu einer Tasse Kaffee nie nein sagst«, lächelte Linda.
Sie stellte den dampfenden Becher vor Irene hin. Diese erwiderte ihr Lächeln dankbar.
Es kann mir wirklich sehr recht sein, dass Linda über so eine ausgeprägte Persönlichkeit verfügt, da brauchen wir keine Vertraulichkeiten auszutauschen. Die beruflichen Gemeinsamkeiten genügen dann gänzlich, dachte Irene.
»Ich glaube, ich habe etwas gefunden«, sagte Linda.
Sie zog eine Klarsichthülle mit ein paar Papieren hervor. Durch die Folie sah Irene, dass es sich um Ausdrucke von Sexseiten aus dem Internet handelte. Sie erkannte diese Art von Homepages von ihrer ein paar Jahre zurückliegenden Ermittlung eines Mordes im Mädchenhandel-Milieu wieder. Die Seiten beinhalteten Bilder und kurze Texte über die jungen Frauen, die für sexuelle Dienstleistungen gegen Bezahlung in Göteborg und Umgebung zur Verfügung standen. Mit Fähnchen war sogar angegeben, welche Sprachen die Frauen beherrschten. Meist handelte es sich um baltische Sprachen, gelegentlich auch um Spanisch und Russisch. War Deutsch oder Englisch angegeben, dann handelte es sich im Regelfall nur um einzelne Worte oder Sätze, die die Prostituierten von ihren Kunden aufgeschnappt hatten.
»Ich habe gar nicht nach dem ermordeten Mädchen Ausschau gehalten, sondern bin nur ganz routinemäßig die üblichen Seiten durchgegangen, um zu sehen, was im Augenblick los ist. Und da habe ich das hier entdeckt.«
Linda deutete auf eine schwedische Fahne neben einem Link auf eine Seite, die lolita.se hieß.
»Auf diesen Link bin ich bisher noch nie gestoßen, deswegen habe ich ihn angeklickt. Dort gibt es dann eine Liste mit Kontaktinformationen. Offenbar handelt es sich um schwedische Mädchen, insgesamt 16 Stück. Ein Gefühl sagt mir, dass es sich um sehr junge Mädchen handelt. Dort fand ich schließlich auch diese Anzeige.«
Sie reichte Irene einen Ausdruck. Der Text lautete: »Ich bin jung und neugierig. Wir sollten uns kennenlernen.« Die Mailadresse war
[email protected].
Auf dem Foto war ein junges Mädchen mit abgewendetem Gesicht in unnatürlicher Pose zu sehen. Sie trug nur rote, durchsichtige Reizwäsche. Ihre hellen Brustwarzen waren deutlich über der Kante ihres tiefausgeschnittenen BHs zu erkennen. Irene sah sofort, dass es sich um Moa Olsson handelte. Im Hintergrund war ihr Bücherregal mit den Stofftieren und ein paar Parfümflaschen zu sehen.
»Die rote Reizwäsche. Die haben wir gefunden, als wir ihr Zimmer durchsuchten. Sie hatte noch ein identisches Set, aber in Schwarz. Moa trug den schwarzen Slip, als sie gefunden wurde, und Alexandra den BH«, sagte Irene.
»Das wusste ich nicht.«
»Nein. Diese Information haben wir auch nicht verbreitet. Solche Details behalten wir für uns, damit wir die Idioten aussortieren können, die anrufen und von sich behaupten, der Mörder zu sein. Davon haben wir mindestens einen täglich.« Irene seufzte.
»Ist die Unterwäsche das Einzige, was die beiden Morde miteinander verbindet?«, fragte Linda Holm.
»Nein. Wir haben auch dieselben roten Nylonfasern auf der Wäsche gefunden. Man glaube es oder nicht, aber im Verschluss des BHs, den Alexandra trug, hingen drei dieser Fasern, und an Moas Slip fünf. Wir haben den BH an ein Speziallabor in England geschickt. Es wird jedoch nicht leicht sein,