Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
sich missachtet glaubend, weil man seine Hilfe nicht suchte bei der Überfahrt der Elben, sondern vielmehr seine eigene Insel ohne zu fragen benutzte. Rasch folgt er Ulmo in dessen Kielwasser und bleibt dennoch weit zurück, denn Ulmo hat Uin und den Walen die Kraft der Valar verliehen. Auf den Klippen stehen schon die Noldoli kummervoll, glauben sich verlassen in der Düsternis, und Nóleme Finwe, der sie auf den Spuren der Teleri hierhergeführt hatte, ging unter ihnen umher und stärkte ihre Herzen. Auch ihre Reise war voller Mühen gewesen, denn die Welt ist groß, und beinahe zur Hälfte hatten sie sie vom entferntesten Palisor durchquert, und in jenen Tagen schienen weder Sonne noch Mond, und es gab keine Pfade, sei es von Elben oder Menschen. Auch Orome war weit vorn, ritt auf dem Marsch an der Spitze der Teleri und war nun in die Landezurückgekehrt. Dort verirrten sich die Solosimpi in den ausgedehnten tiefen Wäldern, und Oromes Horn erklang schwach in den Ohren derer, die an der Küste waren, als der Vala die Irrenden kreuz und quer suchte in den dunklen Tälern Hisilómes.
Darum beschließt Ulmo, als er nun ankommt, die Noldoli rasch zum Strand Valinors zu ziehen, noch einmal zurückzukehren und die Übrigen zu holen, die Orome inzwischen zur Küste geführt hat. So geschieht es, und Falman wird aus der Ferne Zeuge dieser zweiten Überfahrt und schäumt vor Zorn, doch groß ist der Jubel der Teleri und Noldoli am Gestade, wo das ferne Glühen Lindelokses ein Licht verbreitet wie an Nachmittagen im Spätsommer.
Dort will ich sie für eine Weile verlassen und von den seltsamen Begebenheiten erzählen, welche den Solosimpi widerfuhren, weil Osse zürnte, und von der ersten Heimstatt auf Tol Eressea.
Furcht befällt sie in jener alten Dunkelheit, und verführt von der lieblichen Musik der Fee Wendelin, wie in anderen Geschichten ausführlicher erzählt wird, verscholl ihr Anführer Tinwe Linto, und lange suchten sie nach ihm, doch vergeblich, und niemals mehr kehrte er zu ihnen zurück. 4 Als sie deshalb das Horn Oromes im Wald ertönen hörten, war ihre Freude groß, und durch seinen Klang zusammengerufen wurden sie rasch zu den Klippen geführt und hörten das Rauschen der sonnenlosen See. Dort warteten sie lange Zeit, denn Osse hinderte Ulmos Rückkehr mit Stürmen und Schatten, so dass dieser Umwege machen musste und seine großen Fische ihre Richtung zu verlieren drohten; doch zuletzt erstiegen sie die Insel und begannen die Überfahrt nach Valinor; und einen namens Ellu wählten sie anstelle Tinwes zu ihrem Anführer, und dieser ist seitdem immer der Herr der Solosimpi genannt worden. 5
Als sie nun aber weniger als die halbe Entfernung zurückgelegt hatten und die Dämmerinseln noch in weiter Ferne lagen, lauern Osse und Ónen ihnen in den westlichen Wassern des Großen Meeres auf, ehe noch die Nebel der Schattenmeere erreicht sind. Da packt Osse die Insel mit seiner großen Hand, und die gewaltige Kraft Uins kann sie kaum vorwärtsziehen, denn im Schwimmen kommt keiner der Valar, nicht einmal Ulmo, Osse gleich, und niemand kann im Wasser solch kraftvolle Taten vollbringen. Auch war Ulmo nicht zur Stelle, denn er war weit vorn und lenkte das große Gefährt durch die Düsternis, die Osse zusammengeballt hatte, und wies ihm den Weg mit der Musik seiner Muschelhörner. Bevor er nun umkehren kann, hat Osse mit Ónens Hilfe die Insel zum Stillstand gebracht und verankert sie am Meeresgrund mit ungeheuren Seilen aus ledrigen Wasserpflanzen und Polypen, die in jenen dunklen Tagen schon im Laufe der Jahrhunderte an den Säulen seines Tiefseehauses allmählich zu ungeheurer Größe herangewachsen waren. Und als Ulmo nun die Walfische drängt, all ihre Kräfte zusammenzunehmen, und ihnen mit seiner ganzen göttlichen Macht zur Seite steht, türmt Osse gewaltige Felsen und Steinbrocken auf, die Melkos urzeitliche Wut über den Meeresgrund verstreut hatte, und errichtet daraus eine Säule unter der Insel.
Vergeblich trompetet Ulmo und peitscht Uin voll Zorn das Wasser mit seiner unermesslichen Schwanzflosse, denn jetzt bringt Osse jegliche Art von Lebewesen aus der tiefen See herbei, das sich eine Wohnung aus steinernen Muscheln erbaut: Korallen aller Arten, Entenmuscheln, Krebse und Schwämme wie aus Stein; und diese setzte er an den Boden der Insel. Gleichwohl dauerte dieser Kampf eine lange Zeit, bis Ulmo nach Valmar zurückkehrte, voll Zorn und Verzweiflung. Dort berichtete er den übrigen Valar, dass die
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