Das Comeback
die Aktion bei ihm als Teamführer lag, falls der Schuß nach hinten losgehen sollte. Bosch hatte nichts dagegen, das war nur fair. Während er in der letzten halben Stunde das Mordbuch und die anderen Akten durchgesehen hatte, war jedoch seine Zuversicht gewachsen.
»Was ich tue? Ich habe den Mörder verhaftet.«
»Ich hab dir gesagt, du sollst auf stille und vorsichtige Weise ermitteln«, erwiderte Billets. »Ich habe dir nicht gesagt, daß du halb ausgegorene Spielchen im Wald durchführen und einen Cop hier herschleifen sollst! Ich pack es nicht!«
Billets ging erregt hinter Rider hin und her, ohne sie anzusehen. Das Büro war leer, mit Ausnahme des wütenden Lieutenants und der drei Detectives.
»Powers war es, Lieutenant«, sagte Bosch. »Wenn du dich beruhigen würdest, wir …«
»Ach, er war’s. Hast du Beweise dafür? Großartig! Ich laß den Staatsanwalt sofort herkommen und wir formulieren den Haftbefehl. Einen Moment hatte ich nämlich Angst, daß ihr drei den Typen hierhergeschleppt habt und ihm außer verbotenes Betreten des Rasens nichts nachweisen könnt.«
Sie schaute Bosch wütend an. Er antwortete ihr so ruhig, wie es ihm möglich war.
»Erstens war es meine Entscheidung, ihn von der Straße zu holen. Und du hast recht, wir haben noch nicht genug in der Hand, um den Staatsanwalt zu verständigen. Aber wir werden es haben. Ich zweifle nicht im geringsten daran, daß er unser Täter ist. Er und die Witwe.«
»Ich bin froh, daß du nicht daran zweifelst, aber du bist nicht der Staatsanwalt oder die Jury.«
Er antwortete nicht. Es hatte keinen Sinn. Er mußte darauf warten, daß ihre Wut verebbte. Dann würden sie ruhig miteinander reden können.
»Wo ist er?« fragte Billets.
»Raum Drei«, sagte Bosch.
»Was hast du dem wachhabenden Commander erzählt?«
»Nichts. Es war Schichtende. Powers wollte sich den Kleidersack schnappen und dann Feierabend machen. Wir schafften es, ihn nach oben zu bringen, während die meisten Uniformen beim Appell waren. Ich habe seinen Wagen geparkt und den Schlüssel im Wachbüro abgegeben. Dem wachhabenden Lieutenant hab ich gesagt, wir würden uns Powers eine Weile für einen Durchsuchungsbefehl ausleihen. Wir brauchten eine Uniform, wenn wir klingelten. Er sagte, es ginge in Ordnung, und ich nehme an, seine Schicht ist zu Ende. Soweit ich weiß, weiß niemand, daß wir ihn dort hinten haben.«
Billets dachte einen Moment nach und beruhigte sich.
»Okay, ich werd mal nach hinten gehen und mir einen Kaffee holen. Mal testen, ob ich nach ihm gefragt werde. Wenn ich zurückkomme, besprechen wir alles detailliert und sehen, was wir haben.«
Sie ging langsam zum Korridor, der an der Rückseite des großen Büros der Fahndungsabteilung zum Wachbüro führte. Bosch schaute ihr hinterher. Dann nahm er den Telefonhörer ab und wählte die Nummer des Sicherheitsdienstes des Mirage Hotels. Er sagte dem Wachmann, der sich meldete, daß er sofort mit Hank Meyer sprechen müsse. Als der Wachmann erwähnte, daß es nach Mitternacht sei, sagte Bosch ihm, daß es dringend sei und daß Hank Meyer sicher sofort zurückrufen würde, wenn er hörte, wer mit ihm sprechen wolle. Bosch gab dem Wachmann alle Telefonnummern, unter denen er erreicht werden konnte, und legte auf. Er nahm sich wieder das Mordbuch vor, um weiterzuarbeiten.
»Hast du gesagt, er ist in Drei?«
Bosch schaute auf. Billets war zurück, mit einem dampfenden Becher Kaffee in der Hand. Er nickte.
»Ich will ihn mir mal ansehen«, sagte sie.
Bosch stand auf und ging mit ihr zum Flur, der zu den vier Vernehmungszellen führte. Nummer Eins und Zwei waren links, Drei und Vier rechts. Vier war jedoch keine Vernehmungszelle, sondern ein kleines Zimmer mit einem Spezialfenster, durch das man in Zelle Drei sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Billets betrat Vier und schaute Powers durch das Glas an, der kerzengerade am Tisch in einem Stuhl direkt gegenüber dem Spiegel saß. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt. Er trug noch seine Uniform, aber man hatte ihm seine Ausrüstung abgenommen. Er starrte geradeaus in sein Spiegelbild. Der Effekt war unheimlich. Es hatte den Anschein, als sähe er sie direkt an, als gäbe es keinen Spiegel, kein Glas zwischen ihnen.
Billets sagte nichts. Sie sah nur den Mann an, der in ihre Richtung starrte.
»Es steht heute nacht viel auf dem Spiel, Harry«, sagte sie ruhig.
»Ich weiß«, sagte er.
Sie standen ein paar Momente schweigend da, bis Edgar die Tür
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