Das Comeback
Telefonnachrichten.«
Bosch holte sein Notizbuch wieder hervor und suchte nach Alisos Geburtstag.
»Was ist die Nummer für den Anrufbeantworter?« fragte er.
Meachum gab sie ihm, und Bosch wählte den Computer an. Nach dem Piepton gab er 721 ein, hatte aber kein Glück. Bosch trommelte mit den Fingern auf den Schreibtisch und dachte nach. Er versuchte es mit 862, den Nummern, die den Buchstaben TNA auf der Telefontastatur entsprachen, und eine Computerstimme teilte ihm mit, daß er vier Nachrichten habe.
»Kiz, hör zu«, sagte er.
Er stellte den Lautsprecher an und legte den Hörer auf. Während die Nachrichten abgespielt wurden, machte Bosch sich einige Notizen. Die ersten drei Nachrichten waren von Männern und betrafen technische Aspekte eines geplanten Drehtermins, das Mieten von Filmausrüstung sowie Produktionskosten.
Bei der vierten Nachricht beugte Bosch sich nach vorne und hörte genau zu. Es war die Stimme einer jungen Frau. Es hörte sich an, als ob sie weinte.
»Hey, Tony, ich bin’s. Ruf mich an, sobald du diese Nachricht bekommst. Am liebsten würde ich bei dir zu Hause anrufen. Ich brauch dich. Dieses Schwein Lucky sagt, ich bin entlassen. Ohne Grund. Nur weil er Modesty seinen Schwanz reinstecken will. Ich fühle mich so … Ich möchte nicht mehr im Palomino oder im Garden oder in einem anderen Schuppen arbeiten. Mir reicht’s. Ich will nach L. A. kommen und bei dir sein. Ruf mich an.«
Die elektronische Stimme teilte mit, daß die Nachricht Sonntagmorgen um vier Uhr hinterlassen worden war – lange nach Tony Alisos Tod. Die Anruferin hatte nicht ihren Namen angegeben. Es war also offensichtlich eine Frau, die Aliso gekannt hatte. Bosch fragte sich, ob es Layla gewesen war. Er sah Rider an, aber sie zuckte nur die Achseln. Sie wußten beide zu wenig, um den Anruf einschätzen zu können.
Bosch setzte sich in den Sessel und dachte ein paar Augenblicke nach. Er öffnete eine Schublade, begann sie jedoch nicht gleich zu durchsuchen. Sein Blick ging über die Wand rechts und kreiste um die Fotos, die einen lächelnden Tony Aliso mit Prominenten zeigten. Einige von ihnen hatten etwas auf die Fotos geschrieben. Bosch studierte das Foto seines Zelluloid-Doppelgängers Dan Lacey, aber er konnte nicht entziffern, was unten auf dem Foto stand. Dann schaute er an den Buchstaben vorbei und begriff, was er sah. Auf Alisos Schreibtisch stand ein Archway-Kaffeebecher, vollgestopft mit Kugelschreibern und Bleistiften.
Bosch nahm das Foto von der Wand und rief nach Meachum. Meachum kam herüber.
»Jemand war hier drin«, sagte Bosch.
»Was redest du da?«
»Wann wird der Abfallkorb draußen geleert?«
»Wie zum Teufel soll ich das wissen? Was …«
»Die Überwachungskamera auf dem Dach … Wie lange bewahrt ihr die Videobänder auf?«
Meachum zögerte einen Moment, bevor er sprach.
»Wir recyclen sie jede Woche. Wir haben die letzten sieben Tage immer auf Band. Es sind Momentaufnahmen, zehn Bilder pro Minute.«
»Sehen wir sie uns an.«
Bosch kam erst um vier Uhr nach Hause. Es blieben ihm nur noch drei Stunden Schlaf vor der verabredeten Frühstücksbesprechung mit Edgar und Rider um halb acht. Aber er war zu aufgeputscht von Kaffee und Adrenalin, um an Schlaf zu denken.
Das Haus hatte den sauren Geruch frischer Farbe, und er öffnete die Schiebetür zur Veranda hinten, um die frische Nachtluft hereinzulassen. Er schaute zum Cahuenga Pass hinunter und beobachtete, wie ihn die Autos auf dem Hollywood Freeway überquerten. Er wunderte sich jedesmal, daß auf dem Freeway ständig Verkehr war – ganz egal, wie spät es war. L. A. kam nie zum Stillstand.
Er überlegte, ob er eine CD mit Saxophonmusik auflegen sollte. Aber er setzte sich statt dessen im Dunkeln auf die Couch und zündete eine Zigarette an. Er dachte über die verschiedenen Fäden nach, die sich durch den Fall zogen. Dem ersten Anschein nach war Anthony Aliso finanziell erfolgreich gewesen. Wenn man so erfolgreich war, war man gewöhnlich gut geschützt vor Gewalt und Mord. Reiche Leute wurden selten ermordet. Aber etwas war in Tony Alisos Leben falsch gelaufen.
Bosch erinnerte sich an das Video und ging zu seiner Aktentasche, die auf dem Eßtisch stand. In ihr befanden sich zwei Kassetten: Das Band der Überwachungskamera und eine Kopie von Opfer der Begierde . Er schaltete den Fernseher ein und steckte den Film in den Videorekorder.
Nachdem er den Film gesehen hatte, war es Bosch klar, daß der Film sein Schicksal
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