Das Comeback
zusammenfallen. Seine Augen starrten blicklos aus den Höhlen. Der Effekt einer durchwachten Nacht, in der er seine Zukunft vor sich gesehen hatte. Er schaute Bosch nicht an. Nachdem Weiss herausgekommen war, schloß Bosch die Tür.
Weiss war ungefähr so alt wie Bosch. Er war schlank und sonnengebräunt. Bosch glaubte, daß er ein Toupet trug. In den paar Sekunden, die er hatte, um den Anwalt einzuschätzen, kam Bosch zu dem Schluß, daß Goshen eine gute Wahl getroffen hatte.
Nachdem sie sich vorgestellt hatten, kam Weiss gleich aufs Geschäft zu sprechen.
»Mein Klient ist willens, der Auslieferung zuzustimmen. Sie müssen jedoch schnell handeln. Mr. Goshen fühlt sich nicht besonders wohl und sicher in Las Vegas, sogar im Polizeigefängnis nicht. Ich hatte gehofft, daß wir noch heute zum Richter könnten, es ist inzwischen jedoch zu spät. Aber ich werde morgen früh um neun im Gericht sein. Ich habe den Termin schon mit Mr. Lipson, dem hiesigen Staatsanwalt, vereinbart. Um zehn werden Sie dann mit ihm zum Flughafen können.«
»Nicht so schnell«, sagte Edgar. »Warum ist es auf einmal so eilig? Etwa weil Luke von den Ballistikergebnissen gehört hat? Oder vielleicht weil Joey Marks auch davon gehört hat und sich eventuell von einem Mitarbeiter trennen will?«
»Ich schätze, daß es Joey leichter fällt, Goshen hier im Gefängnis umbringen zu lassen, als in L. A. Richtig?« fügte Bosch hinzu.
Weiss schaute sie an, als kämen sie von einem anderen Planeten.
»Mr. Goshen weiß nichts von einem möglichen Anschlag auf sein Leben, und ich hoffe, Ihre Äußerungen sind nur Teil Ihrer Einschüchterungstaktik. Er weiß jedoch mit Sicherheit, daß man ihm ein Verbrechen in die Schuhe schieben will, das er nicht begangen hat. Er glaubt, daß ihm volle Kooperation in einer neuen Umgebung am meisten hilft. Irgendwo anders als in Las Vegas. Los Angeles ist seine einzige Alternative.«
»Können wir mit ihm sprechen?«
Weiss schüttelte den Kopf.
»Mr. Goshen wird kein Wort sagen, bis er in Los Angeles ist. Mein Bruder wird den Fall dort übernehmen, er hat eine Praxis dort – Saul Weiss, vielleicht haben Sie schon von ihm gehört.«
Bosch schüttelte den Kopf.
»Ich glaube, er hat sich schon mit Mr. Gregson in Verbindung gesetzt. Sie sehen, Sie sind nur ein Bote in dieser Angelegenheit. Ihr Job ist es, Mr. Goshen morgen früh in ein Flugzeug zu verfrachten und ihn sicher nach Los Angeles zu bringen. Danach werden Sie höchstwahrscheinlich den Fall abgeben.«
»Warten wir’s ab«, sagte Bosch.
Er ging um den Anwalt herum und öffnete die Tür zur Verhörzelle. Goshen schaute auf. Bosch trat ein und ging zum Tisch. Er stützte sich mit den Händen auf und beugte sich über den Tisch. Bevor er etwas sagen konnte, war Weiss in der Zelle.
»Luke, sagen Sie kein Wort zu diesem Mann. Kein Wort.«
Bosch ignorierte Weiss und schaute nur Goshen an.
»Ich will nur einen Beweis für deinen guten Willen, Luke. Wenn ich dich sicher nach L. A. bringen soll, brauche ich etwas. Beantworte mir nur eine Frage. Wo …«
»Er muß Sie ohnehin mitnehmen, Luke. Fallen Sie nicht darauf rein. Ich kann Sie nicht vertreten, wenn Sie nicht auf mich hören.«
»Wo ist Layla?« fragte Bosch. »Ich werde Las Vegas nicht eher verlassen, bevor ich mit ihr gesprochen habe. Wenn du morgen früh die Stadt verlassen willst, muß ich heute abend mir ihr sprechen. Sie ist nicht zu Hause. Ich habe mit Pandora gesprochen, die mit ihr zusammen wohnt, und sie sagt, Layla sei seit einigen Tagen weg. Wo ist sie?«
Goshen schaute von Bosch zu Weiss.
»Sagen Sie kein Wort«, sagte Weiss. »Detective, würden Sie bitte rausgehen, ich möchte mich mit meinem Klienten beraten. Ich denke mir, daß es auch kein Problem für ihn darstellt, die Frage zu beantworten.«
»Hoffentlich nicht.«
Bosch ging wieder zu Edgar auf den Korridor. Er steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, zündete sie jedoch nicht an.
»Warum ist Layla so wichtig?« fragte Edgar.
»Ich mag keine offenen Fragen. Ich will wissen, wie sie in das Ganze hineinpaßt.«
Bosch sagte ihm nicht, daß er von den illegalen Abhörbändern wußte, daß Layla Aliso angerufen und auf Goshens Bitte hin gefragt hatte, wann er nach Vegas komme. Falls sie sie fänden, müßte er es aus ihr herausbringen, ohne zu verraten, daß er es schon wußte.
»Es ist auch ein Test«, erklärte er Edgar. »Um zu sehen, wie weit Goshen kooperieren wird.«
Der Anwalt kam heraus und schloß die
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