Das Comeback
sie zwischen zwei Finger. Er genoß seinen Auftritt und versuchte offensichtlich, Bosch zu provozieren. Bosch biß jedoch nicht an, und schließlich sprach der Captain.
»Ihr Junge, Goshen, packt seine Koffer.«
»Er legt keinen Widerspruch gegen die Auslieferung ein?«
»So ist es. Er hat sich eines Besseren besonnen.«
Bosch setzte sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, Edgar setzte sich ebenfalls.
»Er hat Joeys Rechtsverdreher Mickey Torrino gefeuert«, fuhr Felton fort, »und sich seinen eigenen Anwalt besorgt. Der ist nicht viel besser, aber wenigstens liegt ihm Luckys Wohl am Herzen.«
»Und warum hat er seine Meinung geändert?« fragte Bosch. »Haben Sie ihm vom Ballistik-Befund erzählt?«
»Natürlich. Ich habe ihn herholen lassen und ihm gesagt, was wir in der Hand haben. Ich habe ihm auch erklärt, wie wir aus seinem Alibi Konfetti gemacht haben.«
Bosch sah ihn an, fragte aber nicht nach einer Erklärung.
»Ja, das ist richtig, Bosch. Wir haben hier nicht auf unserem Arsch gesessen. Wir haben ihn in die Mangel genommen und klein gekriegt. Er behauptete, er habe sein Büro Freitagnacht erst verlassen, als er um vier nach Hause ging. Nun, wir sind hingefahren und haben uns mal das Büro angesehen. Es gibt eine Hintertür. Er hätte ungesehen gehen und zurückkommen können. Nachdem Tony Aliso den Club verließ, hat niemand ihn gesehen, bis er um vier Uhr rauskam, um das Lokal zu schließen. Das ist genug Zeit, um nach L. A. zu fliegen, Tony umzulegen und den letzten Flug zurückzunehmen. Und hier ist das Knallbonbon. Ein Mädchen, das dort unter dem Namen Modesty arbeitet, hat sich mit einer anderen Tänzerin gestritten und ging zum Büro, um sich bei Lucky zu beschweren. Sie sagt, niemand hat geöffnet, als sie anklopfte. Also sagt sie zu Smokie, daß sie mit dem Boss sprechen will, und Smokie sagt ihr, daß er nicht da ist. Das war ungefähr um Mitternacht.«
Felton nickte und zwinkerte mit einem Auge.
»Und was hat Smokie dazu gesagt?«
»Er sagt einen Scheiß. Wir erwarten auch nicht, daß er den Mund aufmacht. Aber falls er in den Zeugenstand tritt und Luckys Alibi bestätigt, machen wir Kleinholz aus ihm. Sein Vorstrafenregister geht bis ins siebte Schuljahr zurück.«
»Okay, vergessen wir ihn. Was ist mit Goshen?«
»Wir haben ihn hergeholt und ihm gesagt, was wir haben. Wir haben ihm klar gemacht, daß die Uhr läuft. Er mußte eine Entscheidung treffen und er tat es. Er wechselte seinen Anwalt. Ein deutlicheres Zeichen gibt es meiner Meinung nach nicht. Er ist bereit zu verhandeln. Das bedeutet, Sie bekommen ihn, Joey Marks und ein paar weitere Schweine. Das ist der schwerste Schlag, den wir der Firma seit zehn Jahren versetzen. Alle sind glücklich.«
Bosch stand auf, und Edgar folgte seinem Beispiel.
»Das ist das zweite Mal, das Sie eigenmächtig gehandelt haben«, sagte Bosch mit Nachdruck und beherrschter Stimme. »Sie werden keine dritte Gelegenheit bekommen. Wo ist er?«
»Regen Sie sich ab, Bosch. Wir haben alle das gleiche Ziel.«
»Ist er hier oder nicht?«
»Er ist in Verhörzelle Drei. Ich habe gesehen, daß Weiss bei ihm ist. Alan Weiss ist sein neuer Anwalt.«
»Hat Goshen irgendeine Aussage gemacht?«
»Nein, natürlich nicht. Weiss hat uns die Bedingungen vorgegeben. Keine Verhandlungen, bis er in L. A. ist. Mit anderen Worten, er legt keinen Widerspruch ein, und Sie können ihn mit nach Hause nehmen. Ihr könnt dann was aushandeln. Wir haben nach dem heutigen Tag nichts mehr mit dem Fall zu tun. Natürlich helfen wir Ihnen, wenn Sie herkommen, um Joey Marks in Empfang zu nehmen. Auf den Tag habe ich schon lange gewartet.«
Bosch verließ das Büro, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, durchquerte das Abteilungsbüro, ohne Iverson anzusehen, und ging in den hinteren Korridor, wo sich die Verhörzellen befanden. Er hob die Klappe über dem kleinen Fenster in der Tür und sah Goshen im blauen Gefängnis-Overall. Er saß am Tischchen, ihm gegenüber ein viel kleinerer Mann im Anzug. Bosch klopfte ans Glas, wartete einen Moment und öffnete die Tür.
»Herr Rechtsanwalt, kann ich Sie einen Moment draußen sprechen?«
»Sind Sie aus L. A.? Es wurde allmählich Zeit.«
»Sprechen wir draußen.«
Als der Anwalt aufstand, sah Bosch an ihm vorbei. Goshen war mit Handschellen an den Tisch gekettet. Es war erst dreißig Stunden her, daß er ihn gesehen hatte, aber er war ein anderer Mensch geworden. Seine Schultern hingen herunter, als würde er in sich
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