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Das dunkle Erbe

Das dunkle Erbe

Titel: Das dunkle Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kastura
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vorzog.
    »Wie auch immer«, schloss er. »Das Alter der Munition besagt, dass die Waffe lange nicht mehr benutzt wurde. Anscheinend handelt es sich um ein Erinnerungsstück. Ein Souvenir aus dem Krieg. Davon gibt es noch Tausende, nirgendwo registriert. Viele Nadeln in einem gigantischen Heuhaufen.«
    »Misthaufen«, korrigierte Raupach.
     
    HEIDE BETRACHTETE Hornung, ungerührt, diese leeren, halbgeschlossenen Augen, die puppenhafte Körperhaltung, das eingetrocknete Blut, es machte ihr nichts aus. Sie tat das absichtlich, um zu sehen, ob ihre Haut dünner geworden war seit diesem Schlag auf den Kopf. Das war sie nicht, Heide fühlte sich ausgeruht und gewappnet und frei, wie nach einem langen Schlaf, den man rechtzeitig beendet hat. Sie konnte wieder Leichen sehen.
    Für Hornung empfand sie kein Mitleid. Wenn Raupach richtig lag, war es dieser Mann gewesen, der sie in der Villa niedergeschlagen hatte, nicht Sharon. Heide war ihm nur kurz begegnet, am Anfang der Ermittlung. Sie hatte keine Meinung über ihn.
    »Wer hat ihn umgebracht?« Raupachs Frage war rhetorisch. Sie hatten nicht den blassesten Schimmer. Sie wussten nur, dass es mit dem Schatz zusammenhängen musste.
    Denn der Schatz war weg.
    Hattebier führte weiter aus, dass in dem Schuppen Kisten abgestellt gewesen waren. Es gab Spuren auf dem Boden, Abdrücke im Staub, winzige Holzsplitter, auch in dem Lieferwagen, der vor dem Schuppen stand. Dies alles wies darauf hin, dass Hornungs Mörder den Schatz mitgenommen hatte, in einem anderen Wagen. Verwertbare Reifenspuren existierten leider nicht.
    Wer wusste von dieser Aktion, die Hornung von langer Hand geplant hatte? Ein Hehler, der einen bestimmten Preis zahlte und die Sachen für eine Weile verschwinden ließ, bevor er sie auf einer Auktion versilberte? Ein unseriöser Kunsthändler, wenn man an die mutmaßlich wertvollsten Stücke dachte? Ein Freund, der sich als Verräter erwiesen hatte? Unter diesen Umständen rückten auch die Frauenmorde in ein anderes Licht.
    Raupach schickte ein Memo raus, die üblichen Verdächtigen der Branche sollten streng überwacht werden. Überprüfung größerer Lieferungen. Einsichtnahme im Depot und in all den Verstecken, von denen die Polizei wusste. Und absolute Nachrichtensperre hinsichtlich Hornungs Ermordung. Der Täter sollte nicht wissen, dass sie die Leiche gefunden hatten.
    »Wir haben noch jemanden auf unserer Liste«, sagte er schließlich. »Den möchte ich jetzt sprechen.«
    Es ging auf den Abend zu, einen schönen Abend nach all dem Sonnenschein, ungetrübt, farbig. Der richtige Zeitpunkt für unangenehme Fragen.
    Clüsserath arrangierte einen Termin mit Kenneth Marsh. Der Weinhändler gab zu verstehen, dass er es möglichst schnell hinter sich bringen wolle. Dieser Kommissar aus Köln könne gern kommen.
    Raupach überlegte, wen er mitnehmen sollte. Photini, Heide, Sharon? Alle drei? Warum nicht.
    Sharon war tatsächlich in ihrer Pension geblieben. Raupach ging nicht auf ihre Entschuldigungen ein und legte stattdessen den Stand der Dinge dar. Im Wagen, auf der Fahrt nach Bonn. Er setzte sich selbst ans Steuer, damit keine Missverständnisse aufkamen. Heide saß auf dem Beifahrersitz, Photini und Sharon hinten.
    Raupach schaute in den Rückspiegel. »Vertragt euch, okay? Wir müssen diesen Fall lösen, unbedingt. Wir sind an einem Punkt, wo es ganz einfach werden kann, mit dem nötigen Fingerspitzengefühl. An diesem Punkt kann die Spur aber auch abreißen, wenn wir unsere Wünsche und Gefühle in den Vordergrund stellen.« Er blickte zu Sharon.
    »Geht klar«, gab sie zurück.
    »Was den Mord an Hornung betrifft«, fuhr er fort. »Wie hat es seine Mutter aufgenommen, Fofó?«
    »Apathisch, sie hat kaum reagiert«, sagte Photini. »Nach allem, was heute auf sie eingestürzt ist, rechnete sie wohl schon mit dem Schlimmsten.«
    »Probier es morgen noch mal, wir müssen diesen illegalen Arbeiter finden.«
    »Hilgers hilft Höttges dabei, den Arbeiterstrich für Billigkräfte abzuklappern und Hornungs andere Angestellte zu vernehmen. Reintgen und Niesken kümmern sich um die Telefonate, die Hornung in den letzten Wochen geführt hat.«
    »Gut.« Dann brachte Raupach die Hitler-Geschenke zur Sprache, von denen Regine Hornung erzählt hatte. Der letzte, kompromittierendste Teil des Schatzes. Überaus wertvoll und verführerisch, für rechtsgerichtete Kreise ebenso wie für deren Gegner. Im Grunde für jeden auf der Welt. Nur nicht für Gustav von

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