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Das dunkle Labyrinth: Roman

Das dunkle Labyrinth: Roman

Titel: Das dunkle Labyrinth: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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bedachte Monk mit einem gequälten Lächeln. »Mein Ausflug in die Strafverfolgung sieht nicht gerade nach einem Erfolg aus, was?«
    Monk fiel nichts ein, was nicht gelogen gewesen wäre. So antwortete er nur mit der Andeutung eines Lächelns und ging.
    Er war nicht mehr weit von der Polizeiwache in Wapping entfernt, als Scuff aus der Finsternis auftauchte. Der Junge war tropfnass und wirkte trotzdem außerordentlich zufrieden mit sich. Er musste ein paar Schritte laufen, um mit dem Polizisten mithalten zu können. »Ich hab’s geschafft!«, rief er und verzichtete auf sein übliches Spielchen bei der Begrüßung.
    Monk musterte ihn. Das kleine Gesicht unter der übergro ßen Mütze glühte regelrecht vor Triumph. Bisher hatte Monk es noch nicht fertiggebracht, ihn darauf hinzuweisen, dass in die Mütze ein Futter gehörte. »Was hast du geschafft?«, fragte er.
    Der Ausdruck von Freude wich jäh Abscheu. »Ich hab den Mörder gefunden, was sonst! Müssen wir den nich’ endlich stellen?«
    Monk blieb abrupt stehen. »Du hast herausgefunden, wo der Mann lebt, der Mr. Havilland erschossen hat?« Die bloße Vorstellung war elektrisierend, doch dann wurde Monk wütend. »Hab ich dir nicht gesagt, dass du nicht mal daran denken sollst, dort hinzugehen?«, schrie er den Jungen mit sich vor Sorge fast überschlagender Stimme an. Ein Mann, der Havilland in dessen eigenem Stall erschoss, würde bei einem Dreikäsehoch wie Scuff nicht davor zurückschrecken, ihn zu erdrosseln. »Kannst du denn nicht gehorchen? Oder denken?«
    Scuff war verwirrt und zutiefst verletzt. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit. Er war so stolz auf seine Leistung gewesen und sofort losgeeilt, um es Monk brühwarm zu berichten. Genugtuung und ein dickes Lob hatte er erwartet, aber nicht, dass ihm die Belohnung so schnöde verweigert würde. Mit zitternden Nasenflügeln atmete er ein und blinzelte die Tränen weg. »Wollen Sie’s also gar nich’ wissen?«
    Monk starrte ihn an, und dann überkamen ihn so heftige Schuldgefühle, dass er im ersten Moment Scuffs Frage nicht verstand, geschweige denn Worte fand, um seinen Ausbruch wiedergutzumachen. Das Kind sah ihm bange ins Gesicht.
    »Doch, ich will es wissen«, sagte er schließlich. Wenn er etwas nicht durfte, dann Scuffs Würde verletzen, das Kostbarste, was der Junge hatte. Und er durfte ihn nie wissen lassen, dass er seine Tränen gesehen hatte. »Aber nicht einmal dafür setze ich das Leben meiner Männer aufs Spiel. Das ist etwas, was du noch lernen musst.«
    »Oh.« Scuff schluckte. Er überlegte, während sie im Regen standen und immer nasser wurden. »Von überhaupt keinem Menschen?«
    »Von überhaupt keinem Menschen«, bestätigte Monk. »Nicht mal bei denen, die ich nicht besonders mag, wie diesen Clacton, und erst recht nicht bei denen, die ich gern mag.«
    Erneut gab Suff ein »Oh« von sich.
    »Geh also nicht noch mal dorthin«, warnte ihn Monk. »Sonst gibt es Ärger. Aber diesmal lasse ich es dir durchgehen.«
    Scuff grunzte. »Woll’n Sie jetzt also wissen, wo er lebt?«
    »Doch, unbedingt … bitte.«
    »Er lebt im Blind Man’s Cutting. Das is’n Schacht, der in ’nen alten Abwassertunnel runterführt. Dort unten leben zwar’ne Riesenmenge Leute, aber ich kann ihn finden. Ich führ Sie hin. Bloß das is’n übler Kerl. Und er kennt die Kloaken wie die Tosher, vor allem die alten beim Fleet.«
    »Danke, Scuff. Aber ich denke, wir sollten besser ein paar Männer mitnehmen. Darum gehen wir jetzt erst zur Wache und stellen einen Trupp zusammen.« Monk setzte sich in Bewegung.
    Scuff rührte sich nicht von der Stelle.
    Monk blieb stehen und drehte sich zu ihm um.
    »Da geh ich nich’ rein!«, erklärte Scuff. »Das sind lauter Schnüff ler!«
    »Ich bin bei dir«, beruhigte ihn Monk. »Keiner wird dir was tun.«
    Scuff beäugte ihn misstrauisch.
    »Möchtest du lieber draußen warten?«, fragte Monk. »Es ist nass und kalt. Drinnen ist es warm, und wir bekommen hei ßen Tee. Vielleicht ist sogar ein Stück Kuchen für dich da.«
    »Kuchen?« Scuffs Augen leuchteten auf. Die Verlockung war groß.
    »Auf alle Fälle gibt’s heißen Tee.«
    »Und Schnüffler...«<
    »Ja. Soll ich sie etwa alle in den Regen rausschicken?«
    Scuff entblößte mit einem breiten Grinsen sämtliche Zähne. »Klar!«
    »Stell es dir einfach vor«, erwiderte Monk. »Das ist fast genauso gut wie die Wirklichkeit. Gehen wir.«
    Widerstrebend gehorchte Scuff und trottete neben Monk her, bis sie die

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