Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
weiß. Ganz zu schweigen davon, wie viel ich geleugnet habe, weil ich mich nicht damit auseinandersetzen wollte. Und auch wenn ich nicht behaupten werde, dass es mir gefällt – es gefällt mir nämlich überhaupt nicht –, und auch wenn ich kaum in den Kopf kriege, was für eine Art von Zukunft dir bevorsteht, bleibt mir doch nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren. Wenn ich etwas tun könnte, irgendetwas, um es zu ändern, ich würde es tun. Wenn ich mich an deiner statt freiwillig melden und deinen Platz einnehmen könnte, würde ich auch das tun. Aber Paloma sagt, das geht nicht. Sie sagt, ich hätte in den letzten sechzehn Jahren mein Möglichstes getan, und jetzt müsse ich dich der Obhut einer wesentlich größeren Macht überlassen, als ich selbst es bin.« Sie schluckt schwer und drückt mir einen Kuss auf die Schläfe. Als sie weiterspricht, ist ihre Stimme nur noch ein Flüstern. »Weißt du, ich glaube, Django wäre stolz auf dich – wenn er wüsste, dass du gerade das zu Ende bringen willst, was er so angestrengt zu fliehen versucht hat. Ich glaube, er wäre verblüfft von deinem Mut und deiner Kraft. Ich bin es jedenfalls.«
»Ich habe ihn getroffen«, sage ich, woraufhin sich ihre Augen weiten. »Während meiner Visionssuche. Er ist zu mir gekommen. Hat mir geholfen. Ohne ihn hätte ich nicht überlebt. Und er sah umwerfend aus. Ich kann gut verstehen, warum du dich so heftig in ihn verliebt hast.«
Jennika lächelt bei der Erinnerung an Django.
»Er ist überall, weißt du. Das hat mich Paloma gelehrt. Du kannst mit ihm sprechen, wann und wo auch immer du willst. Aber ich glaube, es wäre ihm lieber, du würdest mit deinem Leben weitermachen.«
Sie nickt und zieht mich an sich. »Lass dich nicht noch einmal von diesem Jungen verletzen.« Ihre Worte sind ein grimmiges Wispern.
»Nennst du ihn immer noch diesen Jungen ?«
Sie hebt die Schultern und schlägt gleichzeitig die Decke zurück, um mich mit darunterschlüpfen zu lassen.
»Er wollte mich auch beim ersten Mal nicht verletzen. Es war ein verfehlter Versuch, mich zu beschützen, weiter nichts.« Ich rücke näher und lasse mich von ihr in eine behagliche Wollschicht hüllen.
»Und denk immer daran, dass du nicht nur eine Santos – eine Suchende – bist, sondern auch eine Lyons. Auch ich bin ein Teil dieser Gleichung, weißt du ?«
»Wie könnte ich das vergessen ? Außerdem würde ich es gar nicht anders haben wollen. Du etwa ?«
Sie schüttelt kaum merklich den Kopf und zieht die Decke enger um uns, während wir in die Flammen blicken. Wir sehen zu, wie sie züngeln und Funken sprühen und die Holzscheite in Palomas offenem Kamin verzehren.
Unsere Tagträume werden von Paloma unterbrochen. »Schaut mal, es regnet !«, ruft sie.
Ich sehe zum Fenster, und tatsächlich sind die Scheiben nass von Regenschlieren.
»Nicht ganz der Schnee, den ich eigentlich manifestieren wollte, aber es ist immerhin ein Anfang, oder ?« Ich blicke zwischen Mutter und Großmutter hin und her.
Und lächele zufrieden, als sie beide sagen: »Ja, allerdings.«
So verbringen wir den größten Teil des Vormittags. Drei Generationen von Frauen, die hinaus in den Regen schauen – und einer Zukunft entgegenblicken, die gähnend weit vor uns aufklafft.
»Ich fasse es nicht, dass du abreist.« Ich sehe mich in dem winzigen Hotelzimmer um, während Jennika ihre Sachen zusammenpackt. »Ich meine, ich kann verstehen, warum du nicht bleiben willst, denn die Stadt ist reichlich trostlos. Trotzdem werde ich dich vermissen. Es ist schön, dich um mich zu haben. Vor allem jetzt.«
»Warum vor allem jetzt ?« Sie beginnt, ein T-Shirt dreifach zu falten, ehe sie aufgibt und es stattdessen einfach hineinstopft.
»Weil es mir zuwider war, dich anzulügen. Es fühlt sich so viel besser an, alles offen ausgesprochen zu haben. Und es tut gut zu wissen, dass du mit an Bord bist.«
»Hatte ich eine Wahl ?«
Wir wechseln einen Blick.
»Wenigstens weißt du jetzt sicher, dass ich nicht verrückt bin. Die Visionen, die Krähen, die leuchtenden Gestalten – es ist alles real.«
Sie seufzt und sagt mir damit, dass sie es zwar notgedrungen akzeptiert, dies aber noch lange nicht heißt, dass es ihr auch gefällt – und schon gar nicht, dass sie sich näher mit den Einzelheiten befassen will. Dann bedeutet sie mir, mich auf ihren Koffer zu setzen, damit sie den Reißverschluss zuziehen kann.
»Und wo gehst du jetzt hin ?« Sie zerrt unsanft an dem
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