Das Einhornmädchen Vom Anderen Stern
zur Seite –
augenscheinlich eine familientypische Angewohnheit; Rafik erkannte in dieser Pose die Ähnlichkeit mit seiner Schwester.
»Ich entschuldige mich für…«, und er deutete mit einer fahrigen Handbewegung zur Front des Fahrzeugs, »… die leider unvermeidlichen Umstände. Aber ich hatte jemand anderen gesucht, von dem ich dachte, daß Sie es sein könnten.«
Rafik richtete sich auf. Er hatte vom Liegen in einer unbequemen Stellung einen steifen Hals, aber die Hecktür des Lastschwebers war offen und, obwohl die hereinströmende Luft nach Fisch und Öl und anderen unangenehmen Dingen stank, verflüchtigte sich so der letzte Rest Gas.
»Und wer könnte das wohl sein?« fragte Rafik in einem drolligen Ton. »Es gibt nämlich eine Warteliste.«
Pal grinste. »Das habe ich gemerkt.«
»Wie lange waren wir bewußtlos?« Rafik rieb sich den Nacken. »O mein Gott…«
»Sie wird sich keine Sorgen machen«, beruhigte ihn Pal und streckte eine Hand aus, um Rafik zu stützen, als er auf die Füße zu springen versuchte. »Ich habe eine Nachricht an Ihr Schiff geschickt… Sie glaubt, Sie hätten irgendwo haltgemacht, um zu essen.«
»Wie zum Teufel haben Sie Zugang zu unseren Sicherheitscodes bekommen…? Oh.« Er stöhnte. »Ich denke, ich weiß. Sie suchen nach den rechtmäßigen Besitzern des Kennungssenders, den wir uns ausgeborgt haben. Glauben Sie mir, das Schiff war wie eine Nuß aufgeknackt, als wir es in einen Asteroiden verkeilt gefunden haben. Nichts konnte das überlebt haben.«
»Würden Sie sich wenigstens daran erinnern, wo Sie das Wrack gefunden haben?« fragte Pal mit einem gespannten Ausdruck in seinen dunklen Augen.
»Klar kann ich das, aber ich weiß nicht, wozu das gut sein soll.«
»Wir… ich… wäre Ihnen dankbar.«
»Wir… ich… schulde Ihnen was«, und Rafik hörte auf, seinen Nacken zu reiben.
Pal Kendoro stand jetzt aus der Hocke auf und ging hinüber, um sein Wiederbelebungsmittel unter Calums Nase zu schwenken, bevor er die Flasche an Rafik aushändigte, damit dieser sich um Gill kümmern konnte. Rafik lachte über Kendoros instinktive Vorsicht still in sich hinein. Gill dürstete es beim Erwachen aus seinem unbeabsichtigten Nickerchen in der Tat danach, es wem auch immer heimzuzahlen, der ihm das angetan hatte. Ein paar kurze Erklärungen, und der Frieden war wiederhergestellt, Dankesbezeigungen für ihre Flucht wurden vorgebracht und zurückgewiesen.
»Können wir zurück zu – «
»Unserem Schiff«, warf Rafik hastig ein.
»Ja, und mit einem Halt beim Schiffsausrüster auf Pier 48B«, sagte Pal beim Aussteigen aus dem Lastschweber und fügte, als er die Hecktürhälften schloß, hinzu: »Dieses Mal lasse ich Sie sehen, wohin ich Sie fahre.«
Er hielt sein Wort, denn die vormals undurchsichtige Trennwand zwischen dem Heckraum und der Fahrerkabine wurde transparent.
»Ich habe noch mal ein paar Worte mit Salitana gewechselt«, erzählte er ihnen, als er das Fahrzeug aus der Seitenstraße heraussteuerte und in einen geschäftigen Verkehrsstrom einfädelte, »und es gab ein erhebliches Interesse an Ihnen, das sie natürlich nicht zu befriedigen imstande war, da Sie ja nur irgendwelche Fremde waren, die Kleider für ihre Freundinnen kauften, und sie von den anzüglichen Angeboten, die Sie ihr gemacht haben, nichts wissen wollte.«
»Sie hat Ihnen nicht zufällig eine Beschreibung dieser interessierten Parteien mitgegeben, oder?« erkundigte sich Rafik mit einem müden Lächeln.
Pal Kendoro schob drei Sofortbilder durch einen schmalen Schlitz in der Trennwand.
»Sie ist sehr effizient.«
»He, das sieht aus wie…«, und Gill beendete seinen Satz mit den Worten: »der Attentäter«.
»Nein, aber es besteht eine Ähnlichkeit zum Onkel«, meinte Calum, »und wenn ich mich nicht irre, zeigt dieser Schnappschuß recht neue Ohren an ihm.«
Rafik war das auch aufgefallen.
»Er ist bei den Hafenbehörden als Farkas Hamisen registriert«, teilte ihnen Pal Kendoro über seine Schulter hinweg mit.
»Sie ist nicht die einzige, die effizient ist«, murmelte Calum.
»Also gut, warum haben Sie sich in die Angelegenheiten von Wildfremden hineinziehen lassen? Und sagen Sie jetzt nicht, weil wir ein minderjähriges Mädchen unter unsere Fittiche genommen haben«, fragte Calum. Er hatte es allmählich gründlich satt, gejagt zu werden, sich helfen lassen zu müssen und erneut gejagt zu werden.
»Ich habe auch ein paar Worte mit meiner Schwester Judit gewechselt, die
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