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Das Erbe der Apothekerin - Roman

Das Erbe der Apothekerin - Roman

Titel: Das Erbe der Apothekerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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die Nachricht von der Papstflucht ein völliges Chaos ausgebrochen. Nicht wenige vertraten die Meinung, ein Konzil ohne geistliche Führung wäre gar keines; seine Fortsetzung sei somit hinfällig. Etliche bereiteten schon ihre Abreise vor.
    Das war keineswegs im Sinne Sigismunds. Es bedurfte jedoch des nachdrücklichen Einsatzes seiner ganzen Autorität, um den Fortbestand des Konzils unter seinem Schutz zu sichern. Hinter vorgehaltener Hand begann sich gar das Gerücht zu verbreiten, der König selbst habe die Flucht des Papstes begünstigt …
    Der Kanzler der Sorbonne, Jean Gerson, packte sofort die Gelegenheit beim Schopf und betonte noch einmal deutlich den klaren Vorrang des Konzils gegenüber jedem Papst.
    Johannes XXIII. schrieb derweil lange Briefe an Kardinäle und Fürsten, in denen er seine Tat und seinen Standpunkt zu rechtfertigen suchte.

    Hatten bisher die Gefolgsleute Johannes’ XXIII. dem Notar Zängle und anderen das Leben durch ihre ständigen Beschwerden und Klagen schwergemacht, so waren es neuerdings Herren aus dem Gefolge des Königs, deren Renitenz Zängle zu schaffen machte.
    Erschöpft nach einem wieder einmal sehr langen Tag gab er sich in seiner warmen Wohnstube dem Genuss eines köstlichen, von Magdalena zubereiteten, heißen Apfelpunsches hin. Vor allem abends war es immer noch bitter kalt; der Frühling wollte dieses Jahr einfach nicht kommen. Wortreich schilderte Zängle seine alltäglichen Ärgernisse der aufmerksam lauschenden Magdalena, die fast schon zu seiner liebsten Gesprächspartnerin avanciert war. Die Beschwerden der hohen Herren drehten sich meist um die immer gleichen Themen: dass die Hübschlerinnen zu viel Geld für ihre Dienste und dass die Gastwirte unverschämt hohe Preise für Speisen und Getränke verlangten.
    »Das Schlimmste dabei ist«, monierte der Notar, »dass bei den Klagen immer mein Name fällt – so, als könne ich etwas dafür, wenn die Leute über ihre Verhältnisse leben. Es wird in Konstanz keiner gezwungen, etwas zu konsumieren, was er sich nicht leisten kann.
    Ist es etwa meine Schuld, wenn der König die Gehälter seiner Herren nicht pünktlich ausbezahlt? Und wer zwingt sie, sich in Hurenhäusern herumzutreiben und teuren Wein zu trinken?«
    »Da muss ich Euch beipflichten, Vetter.« Magdalena schmunzelte. »Aber vielleicht gereicht es Euch zum Trost, Julius, dass sich die Betreffenden nicht nur über Konstanz, sondern fast noch mehr über die Stadt Überlingen auf der anderen Seeseite beklagen?«
    »So? In der Tat ein kleiner Trost. Ich jedenfalls tue, was
ich kann, und Ritter Bodmann und seine Stadtknechte sorgen, so gut es geht, für Ordnung. Erst gestern habe ich den Fischern einen strengen Verweis erteilt, weil sie versuchten, ihre beliebten Felchen viel zu teuer zu verkaufen.«
     
    Ende April wurde Magdalena von Frater Gregor zu einem italienischen Herrn, einem noch jungen Geistlichen aus Florenz, geschickt, der im Haus Zum Grauen Wolf logierte.
    »Der edle Herr leidet an Appetitlosigkeit und Bauchkrämpfen. Den leidvollen Ausführungen seiner Dienerschaft entnehme ich, dass er sich ärger als ein kleines Kind aufführt, welches von Winden geplagt wird. Vielleicht solltet Ihr ihm Fencheltee vorbeibringen und ihm einen warmen Leibwickel anlegen.«
    Der Bruder Apotheker schien nicht sehr besorgt, was den Gesundheitszustand des Italieners betraf. »Ich vermute, der Monsignore hat es übertrieben mit dem Genuss von Wildenten und heimischem Rebensaft. Ach ja! Ein Abführmittel aus Sennesblättern wäre gewiss auch nicht verkehrt.«
    »Gut, Frater Gregor. Das trifft sich ausgezeichnet mit meinem Vorhaben, noch bei Mariechens Mutter vorbeizuschauen. Die Frau hat sich offenbar am Arm eine Brandverletzung zugezogen, weil sie mit dem Herdfeuer unvorsichtig umgegangen ist.«
     
    Als Magdalena im Grauen Wolf, der Herberge des Geistlichen, eintraf und sich den Erkrankten ansah, erschrak sie. Dieses schweißüberströmte, graugelbe, vor Schmerz verzerrte Gesicht gehörte mit Sicherheit keinem, der sich lediglich durch Völlerei den Magen verdorben hatte. Stöhnend und beinahe ohne Bewusstsein lag der Mann aus Florenz in seinem prunkvollen Bett. Mit Mühe konnte er der Apothekerin,
die man umgehend in sein Gemach geführt hatte, die Stelle an seinem Körper zeigen, an welcher der ganz besondere Schmerz ihn quälte. Dann verlor der Geistliche vollends das Bewusstsein.
    Magdalena tastete den etwas angeschwollenen Unterleib ab und als sie ihre Finger

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