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Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin

Titel: Das Erbe der Runen 01 - Die Nebelsängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Ausweg und hielt den winzigen Funken der Hoffnung auf Hilfe dadurch am Leben, dass sie sich in Gedanken selbst ermutigte.
    Bestimmt würde jemand kommen und ihr helfen. Wie sie es aus Büchern oder Abenteuerfilmen kannte, klammerte sich Ajana an die Vorstellung, dass von irgendwoher bereits Rettung nahte und man sie in letzter Sekunde aus der Gewalt der barbarischen Krieger befreien würde. So war es immer – zumindest in den Geschichten, die sie kannte.
    Aber wer sollte nach ihr suchen? Sie war eine Fremde in diesem furchtbaren Land. Und sie war allein. Der Willkür der Krieger schutzlos ausgeliefert, ging sie einem ungewissen Schicksal entgegen. Sie musste keine Hellseherin sein, um zu erkennen, was sie erwartete: Misshandlung, Schmerzen, Schändung und vielleicht sogar der Tod!
    Die Vorstellung sickerte wie flüssiges Eis in ihre Gedanken und erstickte den letzten Funken Hoffnung. Dies war kein Traum und auch kein Film. Es war die Wirklichkeit. Eine Wirklichkeit, die nichts mit der Welt gemein hatte, die sie kannte. Grausam, brutal und feindselig. Niemand würde kommen, sie zu retten, und das, was man ihr bereits angetan hatte, war vermutlich nur ein Vorgeschmack dessen, was sie erwartete.
    In diesem Augenblick erreichten die Krieger den Fuß der Anhöhe und hielten auf ein dunkles Bauwerk am Rand der Siedlung zu.
    Ajana wehrte sich nicht mehr.
    Warum auch?
    Die gewaltigen Kräfte, die die Siedlung vernichtet hatten, schienen ganze Arbeit geleistet zu haben. Hier gab es niemanden mehr, der ihr helfen konnte. Hier war nichts als Tod und Zerstörung.
    Graue Asche, von einem gewaltigen, nahezu erloschenen Feuer in die Luft getragen und wie Schnee zu Boden gefallen, bedeckte den Boden wie ein schmutziges Leichentuch, das sich gnädig über all die Schrecknisse gebreitet hatte, die sich darunter verbargen.
    Der Schwefelgeruch wurde stärker, doch noch viel schlimmer war der grauenhafte Gestank nach verbranntem Fleisch. Es war ein Geruch, den sie niemals wieder vergessen sollte.
    Ajana erschauerte.
    Die verkohlten Überreste der ersten Hütten waren ganz nah, aber die Krieger hatten nicht vor, das Dorf zu betreten. Mit raschen Schritten führten sie Ajana auf eine Ruine zu, deren steinerne Grundmauern dem Feuersturm nahezu unversehrt getrotzt hatten. Eine Hälfte des Daches hatte der Zerstörung standgehalten, die andere war eingestürzt.
    »Adarr!« , rief einer der Krieger, als sie sich den Mauern bis auf wenige Meter genähert hatten.
    »Adarr-Re« , kam die Antwort aus der Ruine. Die verkohlte Tür wurde geöffnet, und ein weiterer Krieger trat heraus.
    »Wer ist das?«, fragte er unwirsch.
    »Eine Elbin.«
    »Warum hast du sie nicht getötet?«
    »Nun, sie …«
    »Still!« Der Krieger an der Tür bedeutete dem anderen zu schweigen, blickte aufmerksam zum Himmel hinauf und lauschte. Für eine Weile blieb es totenstill. Dann straffte er sich und murmelte verärgert: »Bei den Feuern des Wehlfangs, ich dachte, ich hätte sie gehört.«
    Mürrisch trat er beiseite, um die anderen eintreten zu lassen. »Ubunut wird entscheiden«, sagte er mit einem hasserfüllten Blick auf Ajana. »Schafft sie rein.«
     
     
     
    Als die Nacht dem Ende entgegeneilte, erreichte eine Gruppe von Reitern jene Anhöhe, von der aus man einen ersten Blick auf Lemrik werfen konnte. Bayard und die Kataurenkrieger waren kampferprobte Männer und mit den grauenhaften Bildern des Krieges vertraut. Doch der Anblick, der sich ihnen im silbernen Licht des großen Mondes bot, war dazu angetan, auch dem robustesten Mann die Sprache zu verschlagen.
    Am Fuß des Hügels lag Lemrik – oder vielmehr das, was davon übrig geblieben war. Die Bewohner hatten die Siedlung an einem Fluss errichtet. Vor kurzem noch war Lemrik ein stolzes, wohlhabendes Dorf mit rechtschaffenen und freien Bürgern, deren Kinder zwischen den strohgedeckten Hütten im Sonnenschein spielten. Ein großer Marktplatz kündete von blühendem Handel, und die zahlreichen Fischerboote auf dem Fluss ließen keinen Zweifel daran, worin der Reichtum des Dorfes bestand …
    In einer einzigen Nacht war Lemrik zu einem Stück verbrannter Erde am schimmernden Band des Flusses geworden, der mit dem Staub und der Asche auch die Erinnerung an die Menschen davontrug, die hier gelebt hatten.
    Lemrik gab es nicht mehr.
    »Verdammte Uzoma!« Bayard ballte die Hand zur Faust und presste die Lippen aufeinander. Das Bild des zerstörten Dorfes ähnelte in erschreckender Weise seinen eigenen furchtbaren

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