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Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin

Titel: Das Erbe der Runen 2 - Die Feuerpriesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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aber Ihr seid am Leben.« Ein hoffnungsvolles Lächeln huschte über ihr Gesicht, doch sie wurde sehr schnell wieder ernst. »Der fremde Kurvasa wollte auch nach Jamzhe suchen, aber die Flammen schlugen schon aus der Türöffnung, und er konnte nicht mehr hinein.« Sie verstummte, weil sie sich der Gefühle des Stammesältesten nicht sicher war. Doch dieser forderte sie mit einer ungeduldigen Handbewegung auf, weiterzusprechen.
    »Die Frauen und Halbwüchsigen hatten inzwischen damit begonnen, die Feuer zu löschen«, fuhr Anao fort. »Zunächst sah es ganz so aus, als wären sie erfolgreich, aber dann … dann …«Angesichts der schrecklichen Erinnerungen versagte ihr die Stimme. Sie schluchzte und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Was geschah dann?«, fragte Ulan ungeduldig, während er nach ihren Händen griff, damit sie ihn wieder ansah.
    Anao errötete. »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie aufrichtig. »Niemand weiß es. Es war wie ein dunkler Zauber, ein Fluch, ein böser Geist …« Die junge Uzoma knetete die Hände im Schoß, während sie nach Worten suchte, die das Grauenvolle hätten beschreiben können. »Die Feuer ließen sich löschen, doch kaum waren die Flammen in einer Hütte erstickt, da fing auch schon die nächste Hütte Feuer. Es war entsetzlich. Wir waren so hilflos, so verzweifelt. Wir wollten nicht aufgegeben und Udnobe retten, aber irgendwann hatten wir kein Wasser mehr …« Sie schluchzte erneut und fuhr mit bebender Stimme fort. »Es war schrecklich. Eine Hütte nach der anderen fing Feuer, und wir mussten tatenlos zusehen, wie Udnobe verbrannte.«
    »Udnobe?«, fragte Ulan und hustete trocken. »Ganz Udnobe? Aber … das ist unmöglich. Eine ganze Stadt kann nicht so einfach abbrennen.«
    »Sie kann«, erwiderte Anao traurig. »Alles ist verbrannt: Die Hütten, die Getreidespeicher, die Viehställe, ja sogar die Felder mit dem reifen Emmer. Das Feuer machte vor nichts Halt. Wie eine blutrünstige Bestie fraß es sich durch die Stadt – Ihr könnt es sehen, Udnobe brennt immer noch!« Anao hob den Kopf und schaute nach Osten, wo ein flackernder Feuerschein die Nacht erhellte. »Als immer mehr Hütten Feuer fingen und wir nicht mehr löschen konnten, haben wir die Stadt verlassen. Es blieb uns keine andere Wahl. Jene, deren Hütten noch nicht brannten, retteten, was sie tragen konnten, und teilten es mit jenen, die alles verloren haben. Trotzdem haben die meisten von uns nicht einmal eine Decke zum Schutz vor der nächtlichen Kälte.« Sie seufzte tief. »Nun sitzen wir hier wie Vögel auf einem Zweig, schauen uns um und wissen nicht, wohin. Solange die Feuer in Udnobe wüten, wagt sich niemand mehr dorthin. Aber ich fürchte, wenn sie erloschen sind, wird es nichts mehr geben, zu dem es sich zurückzukehren lohnt.«

 
     

     
     
    Fassungslos stand die Magun vor der Lichtung. Schließlich löste sie die Schneeschuhe von den Stiefeln und ging langsam auf den schwelenden Brandfleck zu, auf dem noch zwei Nächte zuvor ihre Hütte gestanden hatte. Von dem schlichten Bauwerk aus alten, moosbewachsenen Holzstämmen und gebündelten Emmerhalmen, die das Dach bedeckt hatten, war nichts mehr geblieben – nichts außer weiß-grauer Asche.
    Im weiten Umkreis um die Überreste der Hütte war der geschmolzene Schnee ein untrügliches Zeichen dafür, welch zerstörerisches Feuer hier gewütet haben musste. Das Schmelzwasser hatte sich in Mulden auf dem harten Boden gesammelt und war dort erneut gefroren. Es schien jedoch viel zu wenig für die ungeheuren Schneemassen, die die Lichtung zuvor bedeckt hatten, und so fragte sich die Magun voller Unbehagen, was wohl mit dem Rest geschehen sein mochte.
    Angesichts der vollkommenen Zerstörung all dessen, was ihr etwas bedeutet hatte, spürte sie die Last der vielen Winter plötzlich doppelt schwer auf ihren Schulten. Schwerfällig bückte sie sich und las ein unförmiges, von einer schwarzen Rußschicht bedecktes Bruchstück vom Boden auf. Er fühlte sich noch warm an. Mit dem Handschuh wischte sie den Ruß ab und betrachtete prüfend das bläulich verfärbte Metall, das darunter hervorschaute. Das Feuer musste eine unglaubliche Hitze entwickelt haben, welche die Glut eines gewöhnlichen Herdfeuers bei Weitem übertraf. Mühelos hatte es die geschmiedeten Gerätschaften und kupfernen Kessel, die sie in der Hütte verwahrte, geschmolzen und zu bizarren Klumpen verformt, die ihre ursprüngliche Verwendung nicht einmal mehr erahnen ließen. Die

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