Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)
täte mir dann ganz gut. Und Stilettos.« Über so etwas macht man keine Witze.
Sonnengelb …? Wie hätte sie diesen Wunsch ignorieren können? Cari hatte in ihrem Kleiderschrank ein schlichtes gelbes Hängerkleid entdeckt, dem sie mit einer goldgelben Gerbera im dunklen Haar noch ein wenig mehr Sonnenglanz verliehen hatte. Dazu trug sie ihre Schuhe mit den höchsten Absätzen. Dans Augenbrauen waren zwar bei ihrem Anblick in die Höhe geschnellt, aber Edward hatte nur gelächelt. Cari hatte immer den Eindruck gehabt, dass Edward Tasmin sehr gut verstanden hatte.
Der Hymnus schien nicht enden zu wollen. Außerdem passte er nicht zu Tasmin. Hätte Cari lieber eine profane Trauerfeier wählen sollen? Sie hatte alles Dan überlassen, sich um nichts mehr gekümmert und nur noch geweint und geweint. Neunundzwanzig war zu jung, um die Mutter zu verlieren. Vor allem, wenn es außer ihr niemanden gab …
Nach dem Lied setzten sie sich wieder, und der Kaplan blickte auf seine Notizen. (Nun ja, woher hätte er Tasmin auch kennen sollen? Sie ging selten in die Kirche – außer zu Hochzeiten oder Beerdigungen …) Er sagte, ihre Mutter sei »in der Blüte ihres Lebens dahingerafft worden«, sei »kreativ und künstlerisch begabt« und »eine liebende Mutter« gewesen. Diese Aneinanderreihung von Klischees verursachte Cari Übelkeit, berührte jedoch einen wunden Punkt in ihrem Innern, sodass ihr nichtsdestotrotz die Tränen in die Augen stiegen. Gott – oder wem auch immer – sei Dank, dachte sie, dass er nicht auch noch davon redet, dass sie nun an einem besseren Ort sei.
Gib mir Kraft! , betete sie. Gott, gib mir die Kraft, all das bewältigen zu können! Gib mir den Glauben daran, dass ich dies durchstehen kann! Cari schauderte. Dan hatte den Arm um ihre Schultern gelegt. Sie grub die Fingernägel in ihre Handfläche.
Was war auf der Party geschehen? Edward hatte ihr erzählt, dass Tasmin nach Mitternacht bei ihm angerufen und ziemlich high geklungen habe.
»Und nicht …« Cari konnte es nicht aussprechen.
»In keiner Weise selbstmordgefährdet«, antwortete er knapp.
»Was hat sie gesagt?«, fragte Cari.
»Nicht viel.«
Cari vermutete, dass Tasmins Worte keinen Sinn ergeben hatten.
»Irgendetwas darüber, dass sie mit einer alten Freundin gesprochen hat. Gail Soundso. Und dass sie einiges ändern will. Dass sie etwas tun muss … Ach, du weißt schon, Cari.« Er seufzte. »Sie hat unzusammenhängendes Zeug gefaselt. Aber sie schien in Ordnung zu sein.«
Cari gegenüber hatte Tasmin niemals jemanden mit Namen Gail erwähnt. Und dass sie etwas tun muss …?
Es gab ihr einen Stich. Sie spürte Zorn aufsteigen. Es war einfach nicht fair.
Draußen warteten sie, Edward und Dan Seite an Seite auf die Mitglieder der kleinen Trauergemeinde, die nach und nach aus der Friedhofskapelle traten. Caris Ansicht nach waren es weniger Menschen, als Tasmin verdient hatte, aber sie war eben eine Frau gewesen, die aussprach, was sie dachte, und keinerlei Geduld mit Dummköpfen zeigte.
Die gebeugte ältere Frau fiel Cari deswegen auf, weil sie sich nicht in die Schlange der Trauergäste einreihte oder die Blumen betrachtete. In farbloses Beige gekleidet, war sie der Typ Frau, der sich ein Leben lang angepasst hat, der sich daran gewöhnt hat, nicht aufzufallen. Wenn ich einmal alt bin, dachte Cari bei sich, werde ich Sachen in Purpurrot tragen. Aber wer mochte sie sein?
Als Cari wieder aufschaute, betrachtete die Frau sie nachdenklich mit geschürzten Lippen. Es dauerte einen Augenblick, bis Cari ihren Gesichtsausdruck einordnen konnte – die Frau versuchte gerade, eine schwierige Entscheidung zu treffen.
Worüber nur?
Sie musste mit ihr reden. Diese Frau hatte etwas zu sagen, das war Cari plötzlich klar. Zielstrebig ging sie auf sie zu, fand sich jedoch plötzlich von Ariadnes Armen und ihrem Parfüm umfangen.
»Ich fühle mich schrecklich«, jammerte diese. »Dass so etwas passieren musste – in meinem Haus.« Sie küsste Cari auf beide Wangen. »Ich werde nie mehr eine Party geben.«
Cari entzog sich der Umarmung. »Sie Ärmste«, sagte sie klar und deutlich. »Wie werden Sie das bloß verkraften?«
»Cari.« Dan trat einen Schritt vor. Seine Miene verriet ihr, was er dachte. Jetzt geht es los, jetzt wird sie hysterisch, das musste ja passieren, gut, dass ich da bin.
»Während ich nur ohne meine Mutter zurechtkommen muss.« Abrupt drehte sie sich um und ging entschlossen in Richtung der alten Frau.
Aber wo war
Weitere Kostenlose Bücher