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Das Erbe des Alchimisten

Das Erbe des Alchimisten

Titel: Das Erbe des Alchimisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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Schick mich nicht fort. Ich gebe mich dir ganz hin. Ich kann es nicht ertragen, dich auch nur einen Moment lang zu vergessen.«
Er lächelt. »Ich werde dir eine Geschichte erzählen. Die gleiche Geschichte wird erneut von einem Mann namens Jesus erzählt werden, in der Mitte des Kali Yuga. Wenige Menschen werden diesen Jesus mit ihren Sinnen erkennen, aber einige werden ihn im Herzen erkennen.« Krishna macht eine Pause und beginnt dann mit der Geschichte:
»Da gibt es einen Mann namens Homa, der ein guter Mensch ist, aber keineswegs perfekt. Er ist ein Freund von Jesus, und eines Tages bittet Jesus ihn darum, in das Dorf zu gehen und dort Essen für eine große Mahlzeit einzukaufen, die Jesus mit den Ältesten eines nahegelegenen Dorfes einnehmen will. Jesus sagt zu dem Mann: ›Nimm diese zehn Münzen und kauf zwölf Laibe Brot, fünf Krüge Wein, vier Fische und einen Beutel Getreide. Lade es alles auf meinen Esel, und wenn du fertig bist, bring es her. Ich warte hier auf dich.‹
Homa ist verwirrt und gleichzeitig aufgeregt, weil ihn die Gier gepackt hat. Er begreift, daß Jesus den Wert der Münzen nicht kennt, denn er könnte all diese Dinge, um die Jesus gebeten hat, für nur fünf Münzen bekommen. Doch Homa weiß auch, daß Jesus die doppelte Menge von dem, was er bestellt hat, brauchen wird, um alle, die eingeladen sind, zu verköstigen. Aber Homa hat nicht vor, alle zehn Münzen auszugeben. Er sagt zu sich selbst: ›Ich werde kaufen, was Jesus mir aufgetragen hat, und den Rest der Münzen behalten.‹
So führt Homa den Esel in die Stadt und beginnt, das Essen einzukaufen. In der Bäckerei kauft er zwölf Laibe Brot, doch nachdem er sie auf den Esel geladen hat und gerade nicht hinschaut, sind es auf einmal vierundzwanzig Laibe. Als nächstes kauft Homa die fünf Krüge Wein und die vier Fische. Doch als er nicht hinsieht, verdoppeln sich die fünf Krüge, und aus den vier Fischen werden acht. Als letztes ersteht Homa den Beutel Getreide, und auf dem Heimweg bemerkt er plötzlich, daß er zwei Beutel hat – und auch alles andere verdoppelt ist. Er ist fassungslos und fühlt nach den fünf Münzen, um zu sehen, ob sie noch da sind.
Als er ankommt, wartet Jesus bereits auf ihn und begrüßt ihn mit einem warmen Lächeln. Jesus’ Lächeln ist etwas Besonderes. Die Menschen werden Jesus später mit sorgenerfülltem Gesichtsausdruck darstellen, doch die Liebe und Freude, die Jesus’ Gesicht ausdrückt, als er Homa entgegentritt, ist unbeschreiblich. Aber Homa behagt es gar nicht, Jesus zu sehen, obwohl dieser nur freundliche Worte für ihn bereithält.
›Willkommen, Homa‹, sagt Jesus, ›ich sehe, daß du alles hast, was wir für das Fest brauchen. Danke.‹
Und Homa, der sich schämt, senkt den Kopf und legt die fünf Münzen vor Jesus nieder. ›Danke mir nicht, Herr, denn ich hatte die Absicht, dich zu betrügen. Ich wußte, daß du mehr brauchen würdest als das, was du mir genannt hast, doch ich hatte vor, nicht mehr zu kaufen und diese Münzen für mich zu behalten. Es muß ein Wunder sein, daß ich dir nun trotzdem all diese Dinge bringe. Ich habe nur die Hälfte gekauft‹ Und er kniet nieder und küßt Jesus’ Füße. ›Ich bin es nicht wert, daß du mich deinen Diener oder gar deinen Freund nennst.‹
Jesus hebt ihn hoch und sagt: ›Nein, Homa, du hast gut getan, denn du hast alles gemacht, worum ich dich gebeten habe. Mehr erwarte ich nicht, und nach mehr frage ich nicht.‹«
Krishna beendet seine Erzählung und blickt zum Himmel: »Hat dir die Geschichte gefallen?«
»Ja, mein Herr. Aber ich verstehe sie nicht, und ich weiß nicht, was sie mit mir zu tun hat.«
»Dieser Mann, Homa, ist wie jeder andere Mann. Er ist guten Herzens, doch er hat auch seine Mängel. Doch für Jesus ist er ohne Fehler, denn er hat genau das getan, worum Jesus ihn gebeten hat. Weißt du, Sita, Gott erwartet nicht von dir, daß du ihm alles gibst, was du hast. Er weiß, wie die Welt funktioniert, und er weiß, daß das Leben die Menschen Anstrengung und Mühe kostet. Gott fragt nur nach der Hälfte dessen, was du besitzt, die andere Hälfte tut er selbst dazu. Aus diesem Grund hat sich das Essen verdoppelt. Das ist das Wunder in dieser Geschichte.« Krishna atmet tief ein, bevor er fortfährt: »Diese Geschichte wird Teil der Lehre von Jesus sein, doch bald wird sie aus dem Heiligen Buch verschwinden, denn die Kirche, die Jesus’ Mitgefühl für die Menschen nicht begreift, wird alles wollen – ohne Gnade.«

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