Das erste Buch der Traeume
und Ernest vollkommen.)
Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit setzte Ernest zuerst Florence, Mia und mich vor der Schule ab, dann machte er mit Mum das Gleiche am Bahnhof. Grayson fuhr mit dem Fahrrad, was gut war, denn im Wagen wäre ja kein Platz mehr für ihn gewesen.
Lottie machte es Spaß, drei Menschen (und einen Kater) mehr zu bemuttern als bisher; sie kaufte sämtliche Lebensmittel ein, kümmerte sich um das Abendessen, sorgte für Ordnung und Kuchenduft im ganzen Haus und verbreitete wie immer ausschließlich gute Laune.
Sogar Spot und Buttercup lagen am Ende der Woche friedlich nebeneinander auf dem Sofa.
Wenn nicht wenigstens Florence ab und an fürchterlich genervt hätte, wäre es geradezu verdächtig harmonisch gewesen. Aber zum Glück konnte man sich diesbezüglich auf sie verlassen. Mit der Ausrede »doch nur helfen« zu wollen, mischte sie sich in alles ein: Hausaufgaben, Hundeerziehung, Kleiderauswahl, Schlafenszeiten – und die Planung zu meinem 16. Geburtstag.
Dabei gab es da überhaupt nichts zu planen. Um Geburtstage wurde bei uns nie besonders viel Aufhebens veranstaltet. Es gab ein paar Geschenke, eine Torte, den obligatorischen Anruf von Papa, und abends pflegten wir ganz gemütlich ins Kino zu gehen – der perfekte Tag! Florence, Grayson und Ernest konnten gern ein Stück Torte abkriegen, ansonsten sah ich keinen Grund, es in diesem Jahr anders zu machen als sonst.
Aber da hatte ich die Rechnung wohl ohne Florence gemacht.
Freitagnachmittag stürmte ich wutentbrannt von der Schule nach Hause, um sie eigenhändig zu erwürgen. Florence saß gerade mit Mum, Mia und Lottie in der Küche und brachte ihnen Bridge bei. Dieser idyllische Anblick gab mir den Rest. Ich wischte die Karten beiseite und stützte mich mit beiden Hände vor ihr auf.
»Wie kommt es, dass Persephone Porter-Peregrin behauptet, zu meinem Geburtstag eingeladen zu sein?« Ich wollte es brüllen, aber es kam kaum mehr als ein gepresstes Zischen aus meinem Mund.
Zum ersten Mal, seit ich sie kannte, sah Florence eingeschüchtert aus. Für etwa eine Sekunde.
»Aber, Mäuschen«, sagte Mum. »Ich habe Florence gebeten, ein paar von deinen neuen Freunden einzuladen.«
»Und mit Persephone verbringst du eindeutig die meiste Zeit in der Schule«, sagte Florence. »Da dachte ich …«
»Bist du irre?« Jetzt kam ich einem Brüllen schon näher. »Persephone treibt mich in den Wahnsinn! Sie verfolgt mich auf Schritt und Tritt und redet ununterbrochen auf mich ein! Wenn sie wenigstens irgendwas Interessantes sagen würde! Aber nein – sie beschreibt mir detailliert alle Ballkleider, die sie nicht gekauft hat! Das kann doch kein Mensch aushalten. Wenigstens an meinem Geburtstag möchte ich davon verschont bleiben!«
»Mäuschen«, sagte Mum wieder. »Man wird nur einmal sechzehn, hat Florence gesagt. Und sie hat recht. Deshalb haben wir uns gedacht, dass wir den Tag ein bisschen mehr feiern als nur mit einer Torte.«
»Die es natürlich trotzdem geben wird«, warf Lottie ein. »Und Luftballons!«
»Wir veranstalten nämlich ein Picknick«, sagte Mum stolz. »Ein original englisches Picknick im Park mit der Familie und all deinen neuen Freunden! Wir haben uns lauter schöne Sachen und Spiele überlegt. Emily wird ein Krocketspiel mitbringen …«
»… Emily ?« Ich schnappte nach Luft.
»Ja, als Graysons Freundin ist sie selbstverständlich auch eingeladen. Sie gehört ja praktisch zur Familie.«
»Und ich muss Daisy Dawn anschleppen«, sagte Mia und zwinkerte mir zu. »Äh, darf , meine ich natürlich.«
»Das wird großartig!« Mum strahlte mich an. »Henry hat auch schon zugesagt, und Charles wird vielleicht einen Grill …«
» Henry? «
»Ja, Mäuschen, der Junge, mit dem du zum Ball gehst. Ich freue mich schon so, ihn kennenzulernen.« Mum runzelte die Stirn. »Bitte sag jetzt nicht, dass er dich auch in den Wahnsinn treibt.«
»Nein!« Doch. Nein. Nur ein bisschen. Ich atmete schwer. Wen hatte Florence denn noch alles eingeladen? Ihren aus den anonymen Tiefen der Mathe-AG gezerrten Ballpartner? Emilys gestörten Bruder Sam? Himpelchen und Pimpelchen? Jasper und Arthur? Das London-Symphony-Orchestra? Und vielleicht Secrecy für die Erinnerungsfotos?
»Wir meinen es doch nur gut«, sagte Mum. Sie spürte, dass meine Wut im Schwinden begriffen war, und legte ihre Hand auf meine. »Und jetzt verrat mir doch bitte mal, worüber du dich so aufregst. Das wird ein herrlicher Tag, und den hast du dir auch
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