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Das erste Schwert

Titel: Das erste Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kashina
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weiter, ein wenig verkrampft und mit brummiger Erwachsenenstimme, wie stets, wenn er sich gezwungen sah,
     viel zu lange zu reden: »Wir haben dir so gut wie nichts anzubieten für deine Dienste. Und keiner von uns weiß zu sagen, warum
     die Bewahrer, wer auch immer sie sein mögen, ursprünglich einen Edelmann nach Eichenhain entsandten oder weshalb jene drei
     als Priester verkleideten Männer ihn umgebracht haben. Oder gar, was dieses Schwert mit der ganzen Sache zu tun hat. Aber
     wenn dies alles wirklich einen solchen Aufwand wert ist, dann hoffen wir alle, dass dir am Ziel unserer Reise deine Dienste
     ordentlich belohnt werden.«
    Skip schaute den Bruder stolz an. Nur Erle vermochte etwas so auf den Punkt gebracht zusammenzufassen. Nur Erle vermochte
     Entscheidungen mit solch einem Selbstvertrauen zu fällen und mit Kara wie ein Ebenbürtiger zu sprechen. Und freilich hatte
     Erle recht: Wenn jener geheimnisvolle
Bewahrer-
Orden sich nicht scheute, all diesen Ärger auf sich zu nehmen und gar einen Edelmann von solch hohem Rang mit einer Warnung
     in die Waldlande zu schicken, und wenn dieser Adlige willens war, dafür sein Leben zu riskieren, dann, ja, dann konnte dies
     nur eine Bedeutung haben – dass irgendwo irgendjemand Erles und seine Mission für wichtig genug erachtete, um ein solches
     Opfer zu rechtfertigen. Was wiederum nahelegte, dass, wer auch immer dazu beitrug, sie dem Zugriff des Majat-Assassinen zu
     entziehen und stattdessen zur Weißen Zitadelle zu bringen, durchaus mit einer angemessenen Belohnung rechnen konnte.
    Erwartungsvoll sah Skip nun zu Kara hinüber; seine Wangen und Ohren glühten. Sie mied seinen Blick – schlimmer noch: Sie wandte
     sich ab, und er verstand nicht, warum.
    »Ich begleite euch bis nach Aknabar«, sagte sie nach weiterem kurzem Überlegen. »Dort sehen wir weiter.«
    |464| Skip stieß ein Seufzen aus – und rügte sich sogleich dafür:
So willst du ihr männlicher erscheinen?
Doch war ihr Zugeständnis mehr, als sie alle sich hatten erhoffen können. Und immer war es eindeutig ein Versprechen. Ihre
     Wege würden sich nicht hier und heute trennen. Die Heilige Stadt Aknabar lag in weiter Ferne – und somit stand ihnen eine
     weitere Reise bevor, flussaufwärts, die gut und gerne noch einmal einen halben Mondlauf dauern mochte. Zugegeben, allzuviel
     Zeit war es wirklich nicht – nicht, wenn man bedachte, was sie bereits gemeinsam durchgestanden hatten, aber möglicherweise
     doch genug, um Kara zu einer Entscheidung kommen zu lassen. In Aknabar würden sie wieder miteinander reden. Und ganz bestimmt
     würde sie abermals mit ihnen weiterziehen – richtig? Nach allem, was sie gemeinsam erlebt hatten während der vergangenen Mondläufe,
     konnte sie unmöglich einfach so tun, als gehe sie das alles nichts an.
Nein,
dachte er,
sie lässt uns nicht im Stich. Bestimmt nicht.
    »Zeit, ins Bett zu gehen«, sagte Kara und erhob sich. »Strengt euch an, gut zu schlafen. Morgen gilt es, früh aus den Federn
     zu kommen. Und versucht, euch bis dahin von allem Ärger fern zu halten. Bitte!« Sie nickte Ellah, Erle und, ganz zuletzt,
     auch Skip zu und war bereits im Korridor draußen und zog die Tür mit einem Ruck hinter sich ins Schloss.
     
    Skip erwachte und meinte, auf einem Floß inmitten eines tobenden Ozeans zu liegen. Noch während ihm langsam dämmerte, wo er
     sich befand und dass er sich an seiner Decke festklammerte, vermochte er das Schäumen und Spritzen von Wasser zu hören. Nur
     widerstrebend lockerte der Nachtmahr seinen Griff und die Umgebung rückte deutlich genug heran; im gleichen Moment begriff
     Skip, dass ihn etwas ganz anderes beunruhigte. Tief in ihm regte sich das Gefühl, dass er gestern abend etwas sehr Wichtiges
     vergessen hatte, etwas, |465| das sie alle in Gefahr bringen und möglicherweise zu katastrophalen Konsequenzen führen konnte.
    So lag er im Dunkeln und suchte sich zu konzentrieren. Er war so müde; er wollte so verzweifelt schlafen und vergessen. Da
     stieß Erle neben ihm ein lautes Schnarchen aus und zerrte die Decke an sich. Skip setzte sich auf. Schüttelfrost befiel ihn.
     Plötzlich war er hellwach. Plötzlich erinnerte er sich.
    Gestern abend, da sie nach dem Abendessen in solcher Eile aufgebrochen waren, hatte er seinen Dolch auf dem Tisch liegen lassen!
    Wenn der Majat ihn zu Gesicht bekam, dann   ...
    Skip würgte an einer erbitterten stummen Verwünschung. Sein Vater hatte ihm geholfen, diese Waffe zu schmieden

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