Das Exil Der Königin: Roman
zugestapft und trat vorsichtig über die angesengten Mauerreste. »Ich hoffe, du hast eine Erklärung für das hier.«
Es war Dekanin Abelard mit einer Hand auf ihrem Amulett. Die anderen trotteten hinter ihr her, abgesehen von Gryphon, der an allen vorbeirauschte und Fionas Hände nahm. Er sah ihr besorgt ins Gesicht.
»Geht es dir gut?«, fragte er. Fiona nickte wortlos. Gryphon legte einen Arm um sie, als es so aussah, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen.
»Alister!«, sagte Abelard noch einmal. Ihre Stimme klang hart. »Was ist passiert?«
Han schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Ich wünschte, ich wüsste es. So etwas ist noch nie passiert, nicht ein einziges Mal, seit ich hierhergekommen bin. Ich habe nie irgendwen gesehen, mit dem ich nicht verabredet gewesen wäre oder den ich nicht mitgenommen hätte.«
»Ihr seid verletzt«, stellte die Dekanin fest und sah Han, Micah und Fiona der Reihe nach an. Sie runzelte die Stirn.
»Dieser Kerl hat versucht, uns zu töten«, erklärte Han. »Wie ein Irrer ist er auf uns losgegangen, hat Flammen auf uns losgelassen und einen Zauberspruch nach dem anderen ausgestoßen. Wir konnten ihn von uns fernhalten, aber selbst zu dritt hatten wir es ziemlich schwer gegen ihn.« Er zitterte. »Und dann ist er plötzlich erloschen. Verschwunden. Vermutlich ist ihm seine Macht ausgegangen.«
Abelard runzelte die Stirn. »Du kennst diesen Mann nicht? Du hast ihn nie zuvor in der wirklichen Welt gesehen?«
»Nein«, sagte Han. Er warf Micah und Fiona einen warnenden Blick zu. »Ihr vielleicht?«
Sie schüttelten beide den Kopf, die Augen weit geöffnet, die Gesichter kalkweiß.
»Wir wussten nicht, wo ihr wart, oder ob ihr – ob ihr noch lebt«, sagte Hadron und blickte zur Uhr an der Brückenstraße. »Es ist sehr viel mehr Zeit vergangen als nur zehn Minuten – mindestens dreißig.«
»Die Versierten deVilliers und Hadron haben versucht, allein zurückzukehren, als wir gemerkt haben, dass es Zeit dafür ist«, sagte Abelard. »Aber sie haben es nicht geschafft.«
Die beiden waren ziemlich blass um die Nase und sahen zu Tode erschreckt aus, im Gegensatz zu Gryphon und Abelard.
Das Gesicht der Dekanin war in tiefe Falten gelegt, die von Verwirrung und Argwohn zeugten. Gryphon hingegen wirkte glücklicher, als Han ihn jemals zuvor gesehen hatte. Sämtliche Schichten aus Schmerz und Enttäuschung und Verbitterung waren von ihm abgefallen. Er wirkte jetzt wie ein Geweihter, der das Angesicht des Schöpfers gesehen hatte.
Sonderbar.
»Ich würde gern weiter darüber plaudern«, sagte Han und riss sich von Gryphons Anblick los, »aber wir sind, wie schon festgestellt wurde, schon viel zu lange hier, und ich will nicht noch einmal in einen Hinterhalt geraten.«
»Dann gehen wir.« Mordra blickte sich unsicher um.
»Alle kommen jetzt her und stellen sich um mich herum auf, während sie mich anfassen.« Die anderen nahmen ihre Plätze in einem Kreis um Han herum ein, sodass sie ihn alle berühren konnten. »Und jetzt sprecht den Zauberspruch zum Öffnen des Tors, während ich meinen spreche.«
In einem Gewirr miteinander wetteifernder Stimmen verdunkelte sich die Welt. Han öffnete ihnen den Weg in Abelards Besprechungszimmer und spürte das Gewicht von jemandem auf sich. Es war Fiona. Sie lagen kreuz und quer auf den Matten. Han schlüpfte unter ihr heraus und stand auf.
Er zählte. Alle waren zurück. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
Abelard zählte selbst nach. »Nun«, sagte sie barsch, »zumindest haben wir niemanden verloren, auch wenn es ein paar Verletzte gegeben hat.« Es klang so, als wäre sie der Meinung, dass es unmöglich war, ein Omelett herzustellen, wenn man dafür nicht ein paar Eier zerbrach. »Herzlichen Glückwunsch zu eurer Reise nach Aediion. Nicht viele können von sich behaupten, so etwas getan zu haben. Ich werde euch wissen lassen, ob es eine Fortsetzung geben wird. Bis dahin möchte ich euch daran erinnern, dass ihr zu niemandem irgendetwas darüber verlauten lasst.«
»Entschuldigt, Dekanin Abelard«, sagte Han, »ihr alle könnt natürlich tun und lassen, was ihr wollt, aber ich werde nicht zurückgehen. Das Risiko ist es nicht wert.«
Einige der anderen nickten zustimmend.
Abelard presste die Lippen zusammen, sagte aber nichts, als sie nacheinander schweigend den Raum verließen.
Micah und Fiona warteten am Fußende der Treppe auf Han. »Ich will mit dir reden«, sagte Fiona und packte ihn am Arm. Ihre
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