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Das fahle Pferd

Das fahle Pferd

Titel: Das fahle Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Triumph für unser Land! Was für Entbehrungen diese Leute erdulden mussten! Da ich selbst mein ganzes Leben von Ähnlichem verschont blieb, weiß ich den Mut und die Energie solcher Menschen umso höher zu schätzen, die im Interesse der Wissenschaft unerforschte Berge besteigen oder in die Eisfelder der Arktis vordringen. – Aber kommen Sie doch bitte herein… Ich darf Ihnen vielleicht eine kleine Erfrischung anbieten?«
    Er geleitete Lejeune in das einstöckige Haus, das ein Muster an Sauberkeit und Ordnung darstellte, obwohl es nur sehr spärlich möbliert war.
    »Ich bin noch nicht ganz eingerichtet«, erklärte Mr Osborne. »Das meiste kaufe ich auf Versteigerungen, denn da findet man manchmal besonders schöne Objekte zu einem Viertel des Ladenpreises. Was darf ich Ihnen nun offerieren? Ein Glas Sherry? Oder ein Bier? – Oder hätten Sie lieber Tee? Der Kessel ist im Handumdrehen aufgestellt.«
    Lejeune entschied sich für ein Bier.
    Mr Osborne ging hinaus und kam einen Augenblick später mit zwei Zinnkrügen zurück.
    »Hier ist das Bier. Bitte nehmen Sie doch Platz und ruhen wir ein wenig aus. ›Everest‹, ewige Ruhe, haha! Ich liebe solche kleinen Späße.«
    Nach dem ersten Schluck lehnte Mr Osborne sich hoffnungsvoll vor. »Hat Ihnen meine Mitteilung etwas genützt?«, fragte er.
    Lejeune versuchte, den Schlag, den er dem anderen versetzen musste, nach Möglichkeit zu mildern. »Leider nicht so, wie wir hofften«, bemerkte er daher nur.
    »Oh, da bin ich aber enttäuscht. Obschon natürlich kein Grund dafür besteht, dass der Herr, den ich kurz nach Pater Gorman sah, unbedingt sein Mörder sein muss. Das wäre zu viel des glücklichen Zufalls. Wie ich hörte, ist dieser Mr Venables reich und in seiner Gemeinde sehr angesehen.«
    »Das ist nicht der Punkt.« Lejeune schüttelte den Kopf. »Aber es kann gar nicht Mr Venables sein, den Sie auf der Straße gesehen haben.«
    Mr Osborne setzte sich sehr gerade auf. »O doch, das weiß ich bestimmt! Ich irre mich nie, wenn ich ein Gesicht einmal gesehen habe.«
    »Diesmal aber muss es doch der Fall sein«, erklärte Lejeune freundlich. »Mr Venables ist ein Opfer der Kinderlähmung. Seit mehr als drei Jahren kann er sich nicht mehr ohne Rollstuhl bewegen.«
    »Kinderlähmung!«, rief Mr Osborne erschrocken. »Du meine Güte! Das scheint allerdings die Angelegenheit zu ändern. Und dennoch… entschuldigen Sie vielmals, Inspektor Lejeune, ich möchte Sie nicht kränken. Aber stimmt das auch wirklich? Haben Sie sich genau erkundigt?«
    »Selbstverständlich, Mr Osborne. Mr Venables ist in Behandlung bei Sir William Dugdale in der Harley Street – also bei einer unserer bekanntesten Kapazitäten auf diesem Gebiet.«
    »Ich weiß, ich weiß – ein sehr bekannter Name. Merkwürdig, dass ich mich so irren konnte; ich war meiner Sache absolut sicher. Und nun habe ich Sie für nichts und wieder nichts belästigt.«
    »Das müssen Sie nicht so auffassen«, widersprach Lejeune rasch. »Ihre Information ist trotzdem sehr wichtig für uns. Es ist ja klar, dass der Mann, den Sie sahen, eine große Ähnlichkeit mit Mr Venables haben muss – und da Mr Venables eine ganz außergewöhnliche Erscheinung ist, hilft uns dieses Wissen schon bedeutend weiter. Es kann nicht viele Männer geben, die ihm gleichen.«
    »Das stimmt.« Mr Osborne schien sich etwas von seiner Enttäuschung zu erholen. »Ein Mann aus Verbrecherkreisen, der ihm ähnlich sieht. Deren gibt es sicher nicht viele. In den Akten von Scotland Yard werden…«
    Er fuhr nicht fort, sondern sah den Inspektor nur hoffnungsvoll an.
    »Nun, auch das ist vielleicht nicht so einfach, wie Sie denken«, meinte Lejeune langsam. »Vielleicht wird der Mann in unseren Akten nicht geführt. Außerdem haben wir noch keinen Grund, in ihm unbedingt den Mörder von Pater Gorman zu erblicken.«
    Mr Osborne machte erneut ein enttäuschtes Gesicht.
    »Sie müssen entschuldigen, Inspektor… das sind wahrscheinlich nur meine Wunschträume. Ich hätte mich so gefreut, in einem Mordfall als Zeuge aufgerufen zu werden. Da hätte man mich nicht zu bedrängen brauchen, das kann ich Ihnen versichern. Ich hätte zu meiner Sache gestanden.«
    Lejeune schwieg und betrachtete seinen Gastgeber nachdenklich. »Was verstehen Sie darunter, Mr Osborne?«, fragte er schließlich.
    Der Apotheker sah ihn verblüfft an. »Nun, ich bin so sicher… Oh, ich begreife! Sie meinen, ich müsse mich in der Person geirrt haben und könne daher meiner Sache

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