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Das Feenorakel

Titel: Das Feenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Zusammenleben mit Sterblichen nachlässiger geworden. Plötzlich offenbarte sich ihm ihre wahre Natur. Also doch! Christabella war eine Fee .
    Julen interessierte es herzlich wenig, warum sich seine Vermutung ausgerechnet jetzt bestätigte. Wichtig war nur die Frage, ob sie ihrerseits wusste, mit wem sie es zu tun hatte. Ihre Körpersprache verriet ihm nichts. Er konzentrierte sich und versuchte, alle mentalen Tricks anzuwenden, die ihm Kieran gezeigt hatte, um einen tieferen Einblick in die Gedanken magischer Wesen zu gewinnen. Das Geheimnis lag darin, den jeweiligen Abwehrmechanismus zu identifizieren und anschließend einen Schlüssel dafür zu erstellen. Klang einfach, war es aber nicht. Jedenfalls nicht für Julen, der sich vorkam, als navigiere er im dichten Nebel durch die Gedankenwelten der Fee. Nebel! Das war das Stichwort. Sofort lichtete sich der Schleier, doch auch jetzt offenbarten sich ihm keinerlei dunkle Geheimnisse. Erleichtert verließ er die fremden Gefilde wieder.
    Chris machte sich zwar über Alva Gedanken, wusste jedoch nicht, was sie von ihr halten sollte. Dass auch sie zum Feenvolk gehörte, ahnte sie nicht einmal. Was Julen zusätzlich beruhigte: Christabella folgte keinem Auftrag. Konnte ihre Anwesenheit einfach nur ein Zufall sein? Diese Überlegung rettete ihr Leben. Julen entschied sich dafür, sie am Leben zu lassen – vorerst.
    Seine gute Laune, die unter der überraschenden Entdeckung ihrer Herkunft stark gelitten hatte, kehrte zurück. Mit einer ironischen Geste in Richtung der verblüfften Fee salutierte er und ging an ihr vorbei, wobei er es allerdings sorgfältig vermied, sie zu berühren. In der Tür blieb er stehen. «Wann geht’s morgen los?»
    Die Antwort kannte er längst. Schließlich war es seinem Einfluss zu verdanken, dass Alastair darauf bestanden hatte, die Nachtfähre zum Kontinent zu nehmen. Dennoch gab er den Anschein von gelangweiltem Interesse.
    Chris bestätigte, dass sich an den Plänen nichts geändert hatte. Sie sah ihn prüfend an.
    Vielleicht ahnte sie, dass Julen nicht das war, was er zu sein vorgab. Wissen konnte sie es nicht, aber manchmal verriet ihn ausgerechnet sein besonderes Talent. Wer nicht zu spüren war, konnte sich zwar unbemerkt nähern, aber das Nichts konnte auch verräterisch sein. Er beschloss, sich weiter die Aura eines arglosen Sterblichen zu geben, so anstrengend das auf die Dauer auch sein mochte. Nachlässigkeiten konnte er sich nicht erlauben.
    «Sei pünktlich!»
    Mit den Folgen seiner vorgetäuschten Harmlosigkeit musste er zurechtkommen. Natürlich wurde diesem Julen nicht der Respekt gezollt, den sein neues Amt als Vengador anderenfalls mit sich gebracht hätte. Damit, dachte er innerlich schmunzelnd, kann ich gut leben. Andere Vengadore hätten möglicherweise weniger lässig reagiert. Besonders die ältere Generation trat manchmal ziemlich pompös auf. Er dachte an seinen ganz speziellen Freund Asher, Kierans älteren Bruder. Um seine Erheiterung zu verbergen, deutete er eine Verbeugung an und verabschiedete sich.
    Danach schloss er die Wohnungstür betont geräuschvoll und verharrte kurz in der Bewegung, um das Gespräch der beiden Frauen zu belauschen. Doch nach wenigen Augenblicken verließ er den Horchposten. Chris ging nicht weiter auf seinen Besuch ein und Alva, der es unangenehm gewesen war, in flagranti erwischt worden zu sein, bemühte sich, ihre Freundin mit einer Diskussion über die Reisevorbereitungen abzulenken.

Kapitel 9
    «Mein Lieber!» Die Frau breitete ihre Arme aus und schenkte ihm ein betörendes Lächeln, das ihre schwach beleuchtete Bühnengarderobe in ein warmes Licht zu tauchen schien.
    Julens erster Impuls war es zu fliehen. Er blieb und versuchte sich zu beruhigen: Sie kann nicht anders . Wie es in ihren Kreisen Brauch war, hauchte er mehrere Küsse abwechselnd auf ihre Wangen. Dabei achtete er penibel darauf, dass seine Lippen ihre Haut nicht berührten, selbst die Hände lagen nur scheinbar auf ihren bloßen Schultern. «Mutter!»
    «Nenn’ mich nicht so!» Sie warf einen wütenden Blick zu der Garderobiere, die mitten in der Bewegung erstarrte. «Und du wirst vergessen, was du gehört hast. Verstanden?»
    «Sehr wohl, Signora.» Die Frau wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Julen hätte sie vorhin kaum bemerkt, wäre sie nicht gerade dabei gewesen, Schminkpinsel und Make-up-Schwämme unter fließendem Wasser zu reinigen.
    Zweifelsohne war sie die Zofe seiner Mutter, die sich schon immer gern

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