Das Fest des Ziegenbocks
Novizinnen aussehen, denn sie kleiden sie in Rosa, Blau und Weiß, und sie tragen dicke Kniestrümpfe und zweifarbige Schuhe (schwarz und weiß), was ihnen ein sportliches, zeitgemäßes Aussehen verleiht. Aber nicht einmal sie sind in Sicherheit, wenn Ramfis zu seinen Touren aufbricht, allein oder mit seinen Kumpanen, auf der Suche nach Frauen, auf der Straße, in Parks, Klubs, Nachtlokalen oder in den Privathäusern dieser Insel Quisqueya, seinem angestammten Revier. Wie viele Dominikanerinnen hat der schöne Ramfis verführt, entführt, vergewaltigt? Den einheimischen schenkt er keine Cadillacs oder Nerzmäntel wie den Hollywood-Schauspielerinnen, nachdem er sie flachgelegt hat oder um sie flachzulegen. Denn im Unterschied zu seinem großzügigen Vater ist der hübsche Ramfis, genau wie Doña Maria, ein Geizkragen. Die Dominikanerinnen legt er gratis flach, im Austausch für die Ehre, vom Erbprinzen vernascht zu werden, vom Kapitän der unbesiegten Polomannschaft des Landes, vom Generalleutnant, vom Chef der Fluggesellschaft. Von alldem wirst du durch das Getuschel und Geklatsche erfahren, durch die mit wahren Tatsachen vermischten Phantasien und Übertreibungen, die die Schülerinnen in den Pausen hinter dem Rücken der Sisters austauschen, zwischen Glauben und Nichtglauben, angezogen und abgestoßen, bis zu jenem Erdbeben, das die Schule und ganz Ciudad Trujillo erschüttert, weil das Opfer des Papasöhnchens dieses Mal eines der schönsten Mädchen der dominikanischen Gesellschaft ist, die Tochter eines Obersts der Armee: die strahlende Rosalía Perdomo mit langem blondem Haar, himmelblauen Augen, durchscheinender Haut, die bei den Passions spielen die Jungfrau Maria spielt und Tränen wie eine echte Schmerzensmutter vergießt, wenn ihr Sohn sein Leben aushaucht. Es laufen viele Versionen über das Geschehen um. Ramfis habe sie bei einem Fest kennengelernt, sie im Country Club, auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung gesehen, auf der Pferderennbahn ein Auge auf sie geworfen, sie belagert, angerufen, ihr geschrieben und sich mit ihr verabredet an jenem Freitagnachmittag, nach der Sportstunde, an der Rosalía teilnahm, da sie zur Volleyballmannschaft der Schule gehörte. Viele Klassenkameradinnen sehen – Urania kann sich nicht erinnern, ob sie zu ihnen gehörte, es ist nicht unmöglich –, wie sie bei Schulschluß statt in den Schulbus in
das Auto von Ramfìs steigt, das wenige Meter vom
Schultor auf sie wartet. Er ist nicht allein. Das Papasöhnchen ist nie allein, immer begleiten ihn zwei oder drei Freunde, die ihn beklatschen, ihm schmeicheln, ihm zu Diensten sind und auf seine Kosten nach oben kommen. Wie sein Schwager, der Mann von Angelita, Pechito, noch so ein hübscher Bursche, der Oberst Luis José Leon Estévez. Ob wohl der jüngere Bruder bei ihnen ist? Der häßliche, der primitive, der reizlose Radhamés? Bestimmt. Alle schon betrunken? Oder betrinken sie sich, während sie mit der goldenen, der weißhäutigen Rosalia Perdomo tun, was sie tun? Gewiß sind sie nicht darauf gefaßt, daß das Mädchen fast verblutet. Danach verhalten sie sich wie Kavaliere. Vorher vergewaltigen sie sie. Ramfìs kam es aufgrund seiner Position bestimmt zu, den köstlichen Leckerbissen zu deflorieren. Dann die anderen. Nach dem Dienstalter oder nach der Nähe zum Erstgeborenen? Losen sie um die Reihenfolge? Wie mag es gewesen sein, Papa? Und als sie so richtig in Schwung sind, überrascht sie die Blutung.
Statt sie irgendwo auf dem Land in einen Straßengraben zu werfen, wie sie es getan hätten, wenn Rosalia keine Perdomo, kein weißes, blondes, reiches Mädchen aus angesehener trujil-lotreuer Familie gewesen wäre, sondern ein Mädchen ohne Namen und ohne Geld, verhalten sie sich rücksichtsvoll. Sie bringen sie bis vor die Tür des Marion-Krankenhauses, wo die Ärzte sie – zu ihrem Glück oder Unglück? – retten. Die Ärzte verbreiten auch die Geschichte. Es heißt, der arme Oberst Perdomo komme nicht darüber hinweg, daß Ramfìs Trujillo und seine Freunde seine angebetete Tochter fröhlich vergewaltigt haben, zwischen Mittag- und Abendessen, wie man sich zum Zeitvertreib einen Film anschaut. Ihre Mutter setzt keinen Fuß mehr auf die Straße, vernichtet von Scham und Schmerz. Nicht einmal mehr bei der Messe sieht man die Familie.
»Hast du das gefürchtet, Papa?« Urania verfolgt die Augen des Invaliden. »Daß Ramfìs und seine Freunde mit mir machen könnten, was sie mit Rosalia Perdomo
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