Das Festmahl des John Saturnall
»Er ist hier!«
Sie schleppten ihn zu den Küchenräumen hinunter, wo Mister Fanshawe sie erwartete.
»Benachrichtigt den Konstabler«, wies der Oberschreiber des Haushalts zwei seiner Schreiber an. »Und bringt den da zum Tor.«
»Verzeihung, Mister Fanshawe, darf ich etwas sagen?«, hörte John Josh sagen. »Ich möchte es ihm erst erklären ...« Josh ging vor John in die Hocke und sah ihn ernst an. »Du musst verstehen, Sir William hat doch keine Stelle für dich. Du musst nach Carrboro zurück ...«
»Und ins Armenhaus«, spezifizierte Coake; ein breites Grinsen malte sich auf seinen Zügen.
»Es ist nicht so schlimm, wie du vielleicht denkst nach allem, was ich gesagt hab«, murmelte Josh.
»Gar nicht schlimm, wenn man gern Werg zupft«, sagte Coake hämisch.
»Das reicht, Coake«, sagte Mister Fanshawe. »Bringt ihn raus.«
John spürte die Hand in seinem Nacken, die ihn vorwärtsdrängte. Doch er hatte kaum drei Schritte getan, als eine tiefe Stimme ertönte.
»Lasst ihn los.«
John richtete sich langsam auf. Ein großer grauhaariger Mann mit kurzgeschnittenem Bart und graublauen Augen stand neben dem Herd. Er trug die rote Livree der Küchenbediensteten und eine lange weiße Schürze. Von einem Seil, das er sich um den Bauch gebunden hatte, hing eine Schöpfkelle. Mister Fanshawe, der unbehaglich dreinsah, verneigte sich tief.
»Master Scovell«, sprach der Oberschreiber des Haushalts den Mann an.
»Willkommen, Fremder«, erwiderte Scovell, und die rotlivrierten Männer lächelten heimlich. »Hat der Haushalt beschlossen, der Küche einen Besuch abzustatten?«
Fanshawe trat unruhig von einem Bein aufs andere. »Euer Junge Coake hat uns hergeführt, Master Scovell. Wir waren auf der Suche.« Seine Stimme klang unsicher.
»Er hat Lady Lucretia belästigt«, fügte Coake hinzu.
»Das Ersuchen dieses Jungen wurde abgewiesen. Hier ist es.« Fanshawe schlug sein Verzeichnis auf und holte die verschmutzten Blätter hervor. Scovell nahm sie entgegen, warf einen Blick darauf und sah dann aufmerksamer hin. »John Sandall?«
John zögerte.
»Er sagt, dass er John Saturnall heißt«, sagte Josh.
Daraufhin hob der Meisterkoch die Augenbrauen. Als er den zerknitterten Brief des Priesters in Augenschein nahm, war John zumute, als wühlte der Blick des Mannes sich unter seine Haut. Was hatte Josh gesagt, wie man Leuten in die Augen zu sehen habe?
»Hier ist von deiner Mutter die Rede«, sagte der Meisterkoch.
»Ja, Master Scovell.«
»Sie begleitet dich nicht?«
»Sie ... sie ist tot, Master Scovell.«
Diese Worte hatte er noch nie ausgesprochen. Er sah, wie der Blick des Meisterkochs abschweifte. Für einen Augenblick schien der Koch in Gedanken versunken zu sein. Dann sah er John wieder an.
»Du willst in die Küche eintreten, John Saturnall?«
»Master Scovell!«, sagte ein empörter Mister Fanshawe.
»Ja?«
»Mister Pouncey hat seine Entscheidung kundgetan! Dieser Junge eignet sich nicht dazu, in unseren Haushalt aufgenommen zu werden. Seht selbst! Seine Mutter wurde der Hexerei beschuldigt.«
»Aber nicht von uns«, erwiderte Scovell. »Oder stammte sie aus Eurem Umkreis, Mister Fanshawe?«
Die Küchenleute ließen sich ihre Belustigung nicht anmerken. Die Schreiber um Fanshawe blickten unbehaglich drein.
»Der Junge hat sich versteckt, Master Scovell!«, beschwerte sich Mister Fanshawe. »Man hat ihn in der Sonnengalerie gefunden ...«
»Aha, einer von der Sorte, die sich dort herumtreiben, wo sie nichts zu suchen haben.« Scovells Ton wurde schärfer. »Ihre eigene Anwesenheit in diesen Räumlichkeiten, Mister Fanshawe, könnte ein unfreundlicher Beobachter als Überschreitung Ihrer Befugnisse auslegen. Fremde, die unaufgefordert die Küche betreten ... Doch es handelt sich nur um ein Versehen, ich weiß. Eigensinnige Jungen laufen blindlings drauflos. Für solche ruchlosen Geister haben wir hier unten unsere eigenen Strafen. Und für jene« – Scovell bedachte Philip Elsterstreet mit einem strengen Blick – »die solche Ruchlosen bei uns aufnehmen.«
Der Meisterkoch wendete sich wieder John zu. Nun funkelten seine graublauen Augen übermütig.
»Willst du bei uns dienen, John Saturnall?«
John erwiderte den Blick, stumm vor Staunen angesichts dieser Wendung seines Geschicks.
»Ja«, brachte er dann heraus. »Ja, Master Scovell.«
Scovell erhob seine Schöpfkelle und holte aus, und für einen Augenblick argwöhnte John, der Meisterkoch wolle ihm den Schädel
Weitere Kostenlose Bücher