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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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sah ihm einen Augenblick lang zu und schaute dann zum Himmel, der immer noch grau über dem Land hing. »Hören Sie!«, rief sie erneut und wartete darauf, dass die Männer ihre Apparate noch einmal ausschalteten. »Ich bin Farmerin, komme von Salden’s Hill, drüben bei Gobabis. Habe selbst Schafe. Ich könnte beim Scheren helfen. Sie lassen mich und meinen Begleiter bei sich übernachten, und morgen früh, nachdem Ihr Truck weggefahren ist, sehen wir nach meinem Wagen.«
    Als sie sah, wie skeptisch der alte Mann sie musterte, zog sich Ruth kurz entschlossen die Bluse über den Kopf. »Habt ihr einen Overall oder so was für mich?«
    Der junge Mann zeigte auf eine verschlissene Arbeitshose, die neben der Tür an einem Haken hing. »Nehmen Sie die.«
    Ruth zog sich ohne Verlegenheit ihre schwarze Hose aus, kroch in die Jeans, krempelte sie bis zu den Knien hoch und zog einen Strick durch die Gürtelschlaufen. »Fertig. Habt ihr noch einen Scherplatz?«
    Der Ältere deutete wortlos auf einen von der Decke hängenden Scherapparat.
    »Dann los.« Ruth öffnete das Gatter, warf mit einer einzigen Bewegung ein Schaf auf den Rücken, packte es bei den Vorderbeinen und zog es auf den Scherplatz. Dann klemmte sie sich das Tier so zwischen die Beine, dass es nicht wegkonnte, schaltete den Apparat ein und begann zu scheren.
    Die Männer sahen einen Augenblick lang sprachlos zu. Ruth blickte auf. »Na, so eilig scheint ihr es doch nicht zu haben, wenn ihr Zeit habt, einer Farmerin bei der Arbeit zuzusehen.«
    Der Jüngere grinste, während der Ältere sich an den Hut tippte und mit einem »Yeap« seine Arbeit fortführte.
    Niemand hatte auf Horatio geachtet, der in der Tür stehengeblieben war, das weiße Hemd bis zu den Ärmeln aufgekrempelt, die feinen Stadtschuhe voller Staub. Ruth sah hoch und fuhr ihn an: »Wollen Sie zugucken oder sich ein wenig nützlich machen?«
    »Letzteres«, erklärte Horatio.
    »Dann schaffen Sie die Wolle dort drüben auf den Sortiertisch und kehren den Boden zwischen den Scherplätzen.«
    »Yeap, Bass.«
    Und schon hatte Horatio die Arme voller Wolle. Sein weißes Hemd war bereits nach wenigen Minuten von Schafsdreck, Blut und Wollfusseln übersät. Ungerührt schleppte er das Vlies zum Sortiertisch und fegte den Boden um die Scherplätze herum, als hätte er sein halbes Leben als Schergehilfe verbracht.

Achtes Kapitel
    H oratio stöhnte und hielt sich den schmerzenden Rücken. »Ich glaube, ich war in meinem ganzen Leben noch nicht so schmutzig.«
    Er stand mit dem jüngeren Mann, der sich als Tom vorgestellt hatte, vor dem Herrenhaus und bemühte sich, die dreckigen Schuhe von den Füßen zu bekommen.
    »Für einen Mann aus der Stadt hast du dich gut geschlagen.« Tom öffnete zwei Flaschen Hansa Lager und reichte eine davon Horatio, dann tranken beide, sagten laut »Ahh!« und wischten sich den Schaum vom Mund.
    »Das Mädchen, die kleine Farmerin aus Gobabis, wie heißt sie noch?«
    »Ruth.«
    »Na ja, sie ist besser als alle Mädchen hier in der Gegend. So eine wie sie könnten wir gut auf unserem Hof brauchen. Weißt du mehr über sie?«
    Horatio schüttelte seinen Kopf. »Sie hat eine eigene Farm, und ich glaube auch nicht, dass ihr der Sinn nach Männern steht.«
    Tom runzelte die Stirn. »Wieso nicht? Jedes junge Mädchen will heiraten, gleichgültig, ob Farmerin oder nicht. Das liegt in der Natur. Kinder kriegen und so.«
    »Sie nicht.«
    »Woher weißt du das? Hast du sie gefragt?«
    Horatio lachte. »Sieh mich an, ich bin schwarz. Hast du je gehört, dass eine weiße Farmerin sich von einem Schwarzen zu ihren Heiratsplänen befragen lässt?«
    Tom grinste schief, dann stieß er seine Flasche gegen Horatios. »Hast recht, Kumpel. Gehört habe ich davon noch nie. Aber das heißt ja nicht, dass es so etwas nicht gibt. Du meinst also nicht, dass ich bei ihr Chancen hätte?«
    Horatio sah Tom an. Er war ein stattlicher Bursche mit kräftigen Händen und einem ehrlichen, zuverlässigen Gesicht. Er würde ohne Zweifel einen guten Ehemann abgeben, einen stolzen Vater. Aber der Gedanke, Ruth an der Seite dieses Mannes zu sehen, behagte Horatio nicht. »Lass es sein«, sagte er daher kurz. »Soweit ich weiß, ist sie schon versprochen.«
    »Dachte ich mir«, erwiderte Tom. »Frauen wie sie gibt es nicht allzu häufig hier.«
    Ruth stand unter der Dusche, genoss das heiße Wasser. Ihr Rücken tat weh, nachdem sie Stunden in gebückter Haltung zugebracht hatte. Dennoch lächelte sie, als sie an

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