Das Flüstern des Windes (German Edition)
das Schlachtfeld, was er sah, ließ ihn zornig werden. An manchen Stellen türmten sich die Leichen der Gefallenen zu Hügeln des Schreckens. Er registrierte die angerichteten Zerstörungen im Lager und das Bemühen seiner Männer, die Feuer zu löschen.
Vor ihn traten die fünf Generäle, die er mit der Aufstellung seines Heeres beauftragt hatte. Sie knieten nieder. Alle hielten die Köpfe gesenkt und blickten zu Boden. Der unbarmherzige Blick des Königs fiel auf jeden Einzelnen von ihnen.
»Warum habt ihr das nicht vorausgesehen? Warum wurden keine Vorbereitungen getroffen, die dieses ...« Seine Hand deutete auf das Schlachtfeld. »... die dieses Massaker verhindert hätten!« Canais Stimme glich dem Zischen einer Natter. Seine angespannte Körperhaltung verriet den Generälen, dass sie keine Milde zu erwarten hatten.
»Wie hoch sind unsere Verluste?«, fragte der König gefährlich leise.
Niemand wagte zu antworten.
»Wie hoch die Verluste sind, will ich wissen!«, brüllte Canai mit hochrotem Kopf.
Es war General Lobot, der den Mut aufbrachte, ihm die Wahrheit zu sagen. »Wir haben fast viertausend Mann verloren.«
Canai zückte sein Schwert und richtete es auf den General. »Sagt das noch mal! Sagt mir, dass wir ein Fünftel unserer Armee beerdigen müssen!«
»Herr, niemand konnte damit rechnen, dass sich Fürst Ronder mit den Orks verbünden und uns angreifen würde. So eine Tat ist in unserer Geschichte einmalig«, versuchte Lobot sich und die anderen zu verteidigen.
»Ich erwarte, dass meine militärischen Führer alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, sollten sie auch noch so abwegig sein. Der Feind hat uns eine schmähliche Niederlage zugefügt. Wir haben hohe Verluste erlitten.«
Auf sein Zeichen trat der Kommandant seiner persönlichen Leibgarde vor, der durch seine Tapferkeit den Vorstoß der Orks auf den König aufgehalten hatte.
»Sehelan, diese Männer sind zum Tode verurteilt. Du persönlich wirst die Ausführung dieses Befehls überwachen und mir ihre abgeschlagenen Köpfe bringen!«
Die Generäle begannen, um Gnade zu flehen, aber der König wandte sich ab, ohne sie weiter zu beachten. Hinter ihm steigerten sich die Rufe zu schrillem Kreischen, als die Soldaten die Verurteilten wegzerrten.
Auf den Gesichtern der Generäle lag ein befreites Lächeln, als sie sich im Zelt des Fürsten zusammenfanden, um die kommenden Kampfvorbereitungen zu besprechen.
Ronder sah einen nach dem anderen an. Sie wirkten trotz ihres teilweise hohen Alters wie Kinder, die ein Spiel gewonnen hatten. Außer ihm schien nur Karem zu verstehen, dass die Schlacht dieses Morgens zwar gewonnen worden, dass aber der Krieg keineswegs entschieden war. Man hatte lediglich das ungünstige Kräfteverhältnis ein wenig zu den eigenen Gunsten korrigiert, aber Canai verfügte immer noch über eine Übermacht, die seine kleine Armee zerschmettern konnte. Nun kam es darauf an, dem König keine Ruhepause zu gönnen und ihm weitere schmerzhafte Nadelstiche zuzufügen.
»Wie steht es um unsere Verluste?«, fragte er in die leise geführte Unterhaltung der Generäle hinein.
General Sandor fasste die Lage zusammen. »Wir haben achtundneunzig Reiter verloren. Von den Fußtruppen starben einhundertsiebzehn Mann, die Orks müssen dreiundsiebzig Gefallene hinnehmen.«
Ronder blickte zu Bark hinüber, der als Anführer der Orks eingeladen worden war, an der Versammlung teilzunehmen. »Deine Krieger haben tapfer gekämpft und dem Feind schweren Schaden zugefügt. Ich danke dir im Namen aller Bewohner Melwars.«
Bark verbeugte sich ungeschickt. Karem übersetzte die Worte, die er an den Fürsten richtete. »Danke für diese Worte, aber auch die Menschen haben gut gekämpft.«
Ronder wandte sich wieder den anderen zu. »Canai ist angeschlagen, aber nicht besiegt. Er hat meiner Meinung nach jetzt zwei Möglichkeiten; entweder er bricht das Lager ab und marschiert weiter gegen Melwar, oder er verspricht sich einen Vorteil aus der Tatsache, dass wir ihm auf freiem Feld begegnen müssen, sollten wir ihn nochmals angreifen. Der König ist ein ungeduldiger Mann, ich denke, er wird bleiben, wo er ist, um seine Truppenüberlegenheit voll ausnutzen zu können. Natürlich werden wir ihn kein zweites Mal so überraschen können wie heute Morgen. Canai ist skrupellos aber nicht dumm. Wir müssen also von einem Gegner ausgehen, der hellwach und vorbereitet ist.«
Die Generäle nickten zustimmend.
»Das bedeutet, wir müssen unsere Taktik
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