Das Gastgeschenk der Transsolaren
Naheliegendes in den Sinn, und er versuchte, damit seine kuriosen Mutmaßungen zu vertreiben.
Während des Knetens trat olivgrüne Flüssigkeit an die Oberfläche und zog sich zu kleinen, öligen Tropfen zusammen. Warp wischte sie mit dem Handschuh ab, bevor er den Klumpen vorsichtig in die Knietasche gleiten ließ.
Jetzt erst fiel ihm der sonderbare Geruch auf, der seinen Handschuhen anhaftete. Benommen schnüffelte Warp den fremden Duft und spürte plötzlich unbezwingbare Gier, so tief wie nur möglich einzuatmen, seine Lunge bis zum Bersten mit den süßlichen Schwaden zu füllen; doch gleichzeitig schnürte ihm heftiger Ekel die Kehle zu. Wie in Hypnose hob und senkte sich sein Brustkorb und pumpte unentwegt das Gasgemisch in seinen Körper, das ihm widerlich war und zugleich zum Atmen zwang, als hätte er schwerste Muskelarbeit verrichtet. Bei jedem Atemzug würgte ihn metallisch harziger Geschmack, der von den Nasengängen her in die Mundhöhle drang und seine Zunge pelzig werden ließ. Warps Körper streikte, starker Brechreiz trieb ihm kalten Schweiß auf die Stirn, im Mund floß wäßriger Speichel und verdünnte den giftigen Geschmack. Aber die übergeordneten Nervenzentren befahlen immer tiefere Atemzüge. Graue Schleier zogen vor Warps Augen. Verzweifelt widersetzte er sich aufkommendem Schwindelgefühl und krallte sich an scharfen Zacken fest, die aus dem Schutt ragten. Der Lichtkegel der herabbaumelnden Lampe zeichnete wirre Figuren vor seine Füße. Er schloß die Augen, kämpfte um Ruhe und gewann endlich Gewalt über sich. Allmählich nahm die Atemfrequenz ab. Der Geruch verwehte wie Geisterhauch.
Was war geschehen? Gasausbruch aus dem Kessel? Die Substanz…? Er hatte den Klumpen abgewischt…, der süßliche Dunst…
Kuslow meldete sich und rüttelte Warps Kraftreserven wach. Er schien mächtig erschrocken und bestand darauf, daß Warp die Probe wieder wegwarf.
»Das Zeug wegwerfen?« antwortete Warp. »Unmöglich! Die Kostprobe steckt in meiner Tasche gut.« Aber zum Abstieg war er entschlossen: »Ich haue ab…« Scharfe Stöße, bei denen der Trümmerberg gefährlich erzitterte, und große Tafeln, die ins Rutschen gerieten, trieben ihn an.
Am Ariadnefaden seines Telefonkabels lotste er sich aus dem verhängnisvollen Bereich der Ruine ins Freie und stellte sich der tosenden Brandung des Sturms, die mit roher Gewalt auf ihn einstürzte. Aber vor dem Aufbruch zurück zum Konvoi mußte er neue Kraft sammeln. Er verkroch sich in einem Winkel an der Peripherie des Katastrophenortes, wo er Schutz vor den Unbilden des Wetters fand. Die kurze Verschnaufpause nutzte er für knappen Informationsaustausch mit Kuslow, der eine Sucht für die Störgeräusche entwickelt zu haben schien. Immer wieder fing er davon an. Warp hörte geduldig zu, brach nachdenklich kleine Splitter von einer Bruchkante ab, die in das Schuttloch hineinragte, und stopfte sich die Tasche voll Splitter, denn er fürchtete, daß ihm auf der Station niemand auch nur ein Wort von all dem glauben würde. Er merkte nicht, wie er dabei mit sich selber sprach und vernehmlich feststellte, daß hier eine schöne saftige Schweinerei im Gange wäre. Endlich trieb Kuslow zum Aufbruch und ließ nicht locker. Zum Spekulieren sei in der Kabine Zeit.
Zusammengekrümmt in seinem engen Loch kontrollierte Warp im erlöschenden Schein der Lampe seine Ausrüstung.
Plötzlich schreckte er auf. Hinter dem Jammern des Sturms neue Geräusche! Brechen und prasselndes Stürzen. Dann klang es aus dumpfem Rauschen heraus, als ob aus Behältern Flüssigkeit herabstürze und große Klumpen mit sich riß wie Fleisch, das in überdimensionale Blechwannen platschte.
Warp lauschte. Aber aus der Ruine, in der sich die Sturmböen verfingen, klangen nur wehmütige Klagelieder wie in der Takelage eines Gespensterschiffes. Das Winseln und Seufzen der sturmgepeitschten Luft verwirrte ihn. Hatte er sich getäuscht?
Da schrie Kuslow: »Warp! Warp!« Die Membranen klirrten.
»Professor?«
»Söhnchen! Warp! Die Störung ist weg. Der Leitstrahl ist wieder sauber!«
»Was?« Mit einem Ruck stand Warp auf den Beinen. »Ich muß hin!« Und trotz Kuslows Protest stürmte er den Weg zurück zur Ruine. Er kam nicht weit. Auf halber Strecke schlug ihm süßlich herber Geruch entgegen. Tief im Rachen würgte es, und auf der Zunge entwickelte sich wieder metallisch harziger Geschmack, der die Zähne stumpf werden ließ!
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