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Das Gastgeschenk der Transsolaren

Das Gastgeschenk der Transsolaren

Titel: Das Gastgeschenk der Transsolaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Leman , Hans Taubert
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horizontalen Seitenstollen vor, dessen Zugang er wenig oberhalb entdeckt hatte. Aber er hielt bald an. Auf der ebenen Fläche unterlag er der Schwere, und seine Stiefel sanken malmend in das poröse Material. Die wirren Ideen in seinem Kopf ließen ihn den Anblick der Verwüstung unter seinen Füßen nicht länger ertragen. Er hockte sich nieder. Einen Moment nur wollte er seine Sinne dem Ansturm des Neuen entziehen und sich um ruhiges Denken bemühen. Dazu wollte er allein sein. Die Stimmen des Lebens hatte er eben durch einen Druck auf die Taste der Vox zum Verstummen gebracht. Aber als dieser letzte dünne Faden riß, der ihn mit den Gefährten verband, verzerrte sich das Bild der Stille, das er sich freundlich hell und hilfsbereit vorgestellt hatte. Jäh anschwellend, schlug Neues in ihm an und überschwemmte ihn brausend.
      Wyman, das ist simple Angst! rief er sich zu. Er setzte energisch seinen Verstand ein und kämpfte mit Argumenten, die er für gut hielt. Da hörte er unter dem Dröhnen seines Blutes einen Ruf. Seinen Namen: »Wyman!« Er spürte Schweißtropfen auf der Stirn. Trocken schluckend, raffte er seinen Willen zusammen und zwang seine Hand dorthin, wo er die Tasten der Funkelektronik wußte. Langsam, mit Sorgfalt zählte er von links: Eins… zwei… drei…, die achte Taste bediente die Vox. Da hörte er seinen Namen zum zweitenmal. Er zählte von vorn: Die Vox war aus! So, wie es nicht anders sein konnte. Da gab er auf. – Er hatte seinen einzelnen, nackten Menschengeist zum Träger seiner Existenz machen wollen. Der hielt der Wucht des Angriffs aus unerwarteter Richtung nicht stand; denn nur aus seinem eigenen Inneren kam die Attacke, wie Wyman meinte. Da war auch die Leine. Gerade gespannt. Verbindung zu Michalsen. »Wyman!« vernahm er zum drittenmal den Ruf, und jetzt erst bemerkte er, wie schwach und von fern her die Laute zu ihm gedrungen waren. Getrieben erhob er sich und strebte zu Kreik. Vor ihm her glitt die Leine. Michalsen verkürzte sie oben gewissenhaft. Da fand Wyman wieder zu sich selbst. Wer anders sollte ihn gerufen haben als Kreik?
      »Ja, Kreik, ich komme«, antwortete er und bemühte sich, seine Niederlage hinter künstlich beruhigter Stimme zu verbergen. Aber der Sprechkreis war aus! besann er sich. Mitten in der Bewegung seiner Hand zur Taste hielt er inne. Er hatte wieder eine Idee und war stolz darauf.
      »Kreik!« schrie er, so laut er konnte. Und er hörte Kreik antworten. Als er dann an den Kühlrippen des Hemos matten Anflug von Rauhreif entdeckte, wußte er, was geschehen war. Irgendwann, seit sie hier unten herumkletterten, hatten sich auch in diesem Höhlensystem Spuren der sporadischen Atmosphäre eingefunden, und das Gas leitete die Schwingungen ihrer Stimmen. Er wußte noch mehr: War der Staub nicht aufwärts gestiegen? Hier im Schacht entstand das Gas. Aus der Tiefe strömte es herauf und durch die Mündung hinaus ins Freie. Deshalb gab es nur unter dem Atmosphärenschild Schächte. Oder besser: Die Schächte bliesen die Atmosphäre ab. Kopfschüttelnd, beunruhigt über sich und diese fremde Welt, schaltete er nun endlich die Vox ein und erreichte die Mündung des Stollens. Dort fand er den Gefährten, der ihn mit Mißbilligung empfing.
      Sie einigten sich rasch, Wymans akustischen Effekt noch einmal zu erproben; unterderhand, weil sie die Verfügungen für diesen Fall zu spröde fanden.
      Aber die Tiefe unter ihnen gab eine andere Antwort, unbefragt.
      Wyman sah Kreik die Vox ausschalten. Gleich darauf drückte der Biologe dieselbe Taste ein dutzendmal hintereinander und recht energisch. Er zerschaltete seine Worte zu Fetzen, die dennoch hinlänglich beredt wachsenden Unmut bezeugten. Natürlich fragte Michalsen von oben mittenhinein, was die zerhackten Geräusche bedeuten sollten. Rotluff wollte wiederholt haben, er könne nicht verstehen.
      Wyman hatte Not, sich etwas einfallen zu lassen, um das unzulässige Experiment mit Redensarten zu tarnen, denn er ahnte die steile Stirnfalte des Chefs im Hintergrund des Geschehens. Ärgerlich drückte er dann selber die verhängnisvolle Taste auf »aus« und spürte sofort, was anders war. Mit dem Knacken des Abreißfunkens erstarb das untergründige Empfängerrauschen. Aber da blieb noch etwas: leises, unüberhörbares, tiefes Summen. Oder vielmehr: ein summendes Ge räusch, unklar, mit viel Oberschwingung. Wyman dachte an eine Versammlung geschwätziger Bässe. Er schaute zu Kreik. Dessen

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