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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Weißgesicht und der schwarze Zauberer gegen sie vor.
    Pippa wich einen Schritt zurück und sah dabei den Tick-Tack an. August sprang in einem großen Satz nach vorne, an dem Weißgesicht vorbei und zog eins der Schwerter aus dem Gestell. Mit einem Schrei, der von den Säulen widerhallte, holte er aus, schlug dem Weißgesicht die flache Klinge gegen die Schulter, dass dieser beiseitetaumelte, und stieß das Schwert tief in Ostwinds Brust. Der keuchte verblüfft und überrumpelt, fiel rückwärts auf die Stufen des Throns und blieb reglos dort liegen.
    »Nein«, brüllte der Dschinn. »So geht das nicht!« Er machte einen Schritt auf den niedergestreckten Ostwind zu, der schwach die Hand bewegte. Der Dschinn stöhnte und löste sich in eine dunkle Wolke auf.
    August kümmerte sich nicht darum. Sofort war er bei Pippa, die sich im Klammergriff des schwarzen Zauberers wand. Er hatte seine Finger in ihre Kehle gegraben, und ihre Abwehr begann bereits zu erlahmen. Sie röchelte, ihre Hände schlugen kraftlos auf Lorenzo ein. August riss ihn von Pippa fort und versetzte ihm einen Fausthieb, der den schwarzen Zauberer zu Boden streckte. Dann kniete er neben Pippa nieder, die auf Händen und Füßen keuchend dahockte, hustete und nach Luft rang.
    »Geht es?«, fragte August besorgt.
    Pippa schüttelte den Kopf. »Nein«, hustete sie. »Wieso – warum tickst du?«
    August lachte. »Das ist eine längere Geschichte.« Er half ihr auf die Füße.
    »Darf ich denn jetzt aufhören zu ticken?«, erklang eine erstickte Stimme. »Ich bin so müdmüde und mein Schnabel tut weh.«
    Das Schultercape bewegte sich und ein zerzauster Vogelkopf schaute darunter hervor. »Hallo, Pippa«, sagte der Wasserspeier schüchtern.
    »Chiron?« Pippa verstand gar nichts mehr. »August, warum trägst du diese schreckliche Uniform? Du hast mir solche Angst eingejagt! Ich dachte, du schmachtest eingesperrt im Verlies.«
    »Dort habe ich auch gesessen, bis sie mich geholt haben, um einen Tick-Tack aus mir zu machen.« August rieb sich über die Augen. »Und dann – dann ist meiner Eskorte ein Wasserspeier auf den Kopf gefallen.«
    »Ihm ist ein Wasserspeier auf den Kopf gefallen, na, so ein Zufall«, äffte eine Stimme ihn hoch über ihren Köpfen nach. »Nun schau einer an, der feine Herr Prinz! Ein Wasserspeier ist dem Kerl einfach so auf den Kopf gefallen. Pah!«
    »Halt den Mund, Archidamus«, fuhr ihn Gadshills steinig-knirschende Stimme an. Pippa lachte und lag in Augusts Armen. Jetzt wurde alles gut.
    Über dem Thron verdichtete sich erneut die schwarze Wolke zu einem durchsichtig schimmernden, wie ein Baum im Wind schwankenden Dschinn. »Gebt acht«, erklang seine tiefe Stimme wie aus weiter Ferne. »Er hat kein Herz!«
    »August«, schrie Pippa, die über seine Schulter hinweg die Bewegung auf den Thronstufen sah. Der böse Ostwind richtete sich langsam und mühselig auf. Das Schwert fiel zu Boden. Ein langer Riss war in dem schönen Gewand, aber darunter war keine Verletzung zu erkennen.
    Ostwind drehte sich um und sah sie an. Pippa ächzte und klammerte sich an Augusts Arm. Jeder Anschein von Jugend war aus dem Gesicht des Zauberers verschwunden; voller Bosheit funkelten uralte Augen aus einem Gesicht, das so zerklüftet und zerfurcht war wie ein jahrtausendealter Felsen.
    »Ihr!« Ostwind zischte wie eine Schlange. »Ich werde euch zerquetschen!« Er setzte langsam einen Fuß vor den anderen, trat im Vorbeigehen dem besinnungslos daliegenden Weißgesicht in die Seite, hob das Schwert auf, das auf der untersten Treppenstufe liegen geblieben war, und schleuderte es in die Luft. Es drehte sich blitzend und schimmernd zwischen den Säulen empor und gab dabei ein sausendes Geräusch von sich. Pippa folgte ihm unwillkürlich mit dem Blick. Hoch oben brachten sich die beiden Wasserspeier flatternd in Sicherheit. Und noch etwas anderes flatterte davon. Etwas Kleines, dessen vertraute Umrisse Pippas Aufmerksamkeit auf sich zogen. Eine Feder, flaumig und zart, tanzte aus der Höhe herab. Zartgrau mit einem bläulichen Schimmer, eine Taubenfeder.
     
    Ostwind, Zauberkönig
Kein Herz schlägt in deiner Brust
Taubenfedern zart und grau
    flüsterte Pippa das letzte Rätsel des Kochs vor sich hin, und schrie: »Die Taube! Wir müssen die Taube fangen!«
    Ostwind lachte hämisch. Das Schwert vollendete seine Kurve durch die Luft und begann herabzusausen, auf Pippa und August zu. Sie sprangen beiseite, aber das Schwert änderte mit ihnen seine Richtung und

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