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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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wissen, dass du Rosenwasser hast, Koch. Bitte gib uns davon – nur ein paar Tropfen.«
    Auch wenn er unmöglich gehört haben konnte, was die Kleine gesagt hatte, nickte Rocco bekräftigend mit dem Kopf. Der Koch blickte von einem zum anderen. Sah die funkelnden Augen, die geröteten Wangen. Diese beiden waren ein herrliches Gespann. Sie ergänzten sich wie Tag und Nacht, wie Sonne und Mond. Nur gemeinsam waren sie in der Lage, so vermessene Gedanken zu denken und – bei Gott – auch noch in die Tat umzusetzen. Wieder seufzte der alte Koch. Er kapitulierte vor dem Talent der beiden Heißsporne, die ihn bittend anstarrten.
    »Also gut. So sei es. Ich hole mein Rosenwasser. Weil …« Gianni musste innehalten, weil Bella ihm gerade jauchzend auf den Schoß gesprungen war und ihm einen Kuss nach dem anderen auf die rotgeäderten Wangen drückte. Er befreite sich aus ihrer ungezügelten Umarmung, räusperte sich und sagte mit möglichst unbeteiligter Miene: »Ich hole mein Rosenwasser, weil Bella heute zum ersten Mal für unsere Contessa kocht und ich meinen Beitrag dazu leisten möchte, dass es ein Erfolg wird. Mehr nicht. Es ist eine Ausnahme. Und nun geht mir aus den Augen, ihr Quälgeister.«
    Immer noch brummelnd und leise vor sich hin schimpfend verließ Gianni die Küche. Bella war selig. Sie nahm eine Kerze vom Tisch, bedeutete Rocco, ihr zu folgen, und öffnete die Tür zum Weinkeller, der sich unter der Küche des Palazzo befand. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, dass Benedetto sie beobachtete. Ein leichter Schauer lief über ihren Rücken, aber als sie die ersten Stufen in das kalte Dunkel hinabstieg, hatte sie den Burschen mit seinen schwarzen Stirnfransen und den dunklen stechenden Augen bereits vergessen. Nun galt es, für Donna Donata einen vorzüglichen Wein zu finden. Ganz sanft spürte sie Roccos Hand auf ihrer Schulter.
    »Lass mich vorangehen, kleine Bella«, sagte er leise, und die Art, wie er ihren Namen aussprach, ließ sie Glück empfinden. Es war wunderschön hier, in der Küche des Conte. Hier hatte sie all die Menschen um sich, die sie liebte. Und Rocco gehörte dazu.
    »Ich glaube, ich komme mal besser mit euch«, hörte sie die vertraute Stimme Giannis hinter sich. »Rosenwasser reicht mir. Wer weiß, auf welche tolldreisten Gedanken ihr noch kommt, wenn ich euch in den Gewölben zu lange allein lasse.«
    Bella seufzte erleichtert. Sie hatte den Koch nicht fragen wollen, aber so war es gut. Er wusste, welcher Wein zu welchem Getier passte, und er wusste – genau wie Rocco und sie –, dass sie sich würden sputen müssen, um der verehrten Contessa zur gewohnten Zeit ihr Mahl zu servieren. Während Rocco unter Giannis Anweisungen den Keller abschritt und die Weinfässer inspizierte, dachte das Mädchen an die stille, schöne Frau, die wie eine Fee durch die Gärten des Palazzozu schweben schien. Irgendetwas an ihr war so unwirklich. Waren es die hellen Augen, war es die weiße Haut, das Blauschwarz ihrer Haare? Oder waren es die sanften Bewegungen, die Gesten, mit denen Donna Donata die Aufmerksamkeit des gesamten Hofes auf sich ziehen konnte? Ihr war ein großes Unglück zugestoßen, wurde in der Dienerschaft erzählt, es hatte mit Liebe zu tun, mit unendlicher Liebe, und mit Verrat und Tod. Bella hörte die beiden Männer irgendwo hinter den Weinfässern lachen. Sie dachte an die Frau mit den traurigen Augen. Warum auch immer, sie fühlte sich zu der Contessa hingezogen und war stolz und glücklich, ihr endlich das Nachtmahl zubereiten zu dürfen.
    »Bella!«
    Roccos fröhliche Stimme brachte das Mädchen in die Wirklichkeit zurück. Sie spürte die Hand des jungen Burschen an ihrem Rücken, wie er sie zur Kellertreppe drängte.
    »Auf, meine Bella, wir haben einen wunderbaren Wein für die edle Dame gefunden, eine ligurische Köstlichkeit – und nun voran –, die Zehnfüßer erwarten uns!«
    Hinter sich hörte sie Gianni vertraut brummeln, und gemeinsam machten sie sich auf den Rückweg.
    Als Bella aus der Kellertür in die Küche trat, wurde es auf einmal totenstill. Das geschäftige Treiben legte sich von einem Augenblick zum anderen; wie ein Leichentuch senkte sich bleierne Stille über die Diener. Sie schienen alle in ihrer Bestürzung erstarrt zu sein. Hilfesuchend blickte sich Bella um. Ihre alte Tante war nirgendwo zu sehen. Sollte sie etwa … Eine Angst, jenseits aller Ängste, die sie bislang gefühlt hatte, überkam sie. Das Mädchen stürmte auf eine der Mägde zu, die

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