Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
Tuch für die Hüften oder einen Kamm für ihre schwarzen Locken geschenkt hatte, spürte er Freude in sich aufsteigen, pure Lebensfreude.
Benedetto hatte sein Bündel geschnürt und sich noch vor Sonnenaufgang auf den Weg gemacht. Sein Ziel war wie schon so oft Grosseto, und dieses Mal würden ihn keine zehn Pferde und keine guten Worte in Giannis Küche zurückbringen. Er war kein Koch und würde niemals einer werden. Sein Vater grollte ihm deswegen schon lange; er hatte kein Verständnis für die fehlende Begeisterung seines Ältesten für Herd und Keller und machte keinen Hehl daraus, dass ihm der sanfte und ergebene Rocco näher war als er, der widerborstige und temperamentvolle Benedetto. Der junge Mann trat vor Wut nach einem Stein, als er daran dachte, dass er selbst es gewesen war, der den linkischen, schüchternen Rocco damals mit nach Lucca genommen hatte. Und jetzt, wo Bella fort war und Enrico erzählt hatte, dass sie auch nicht zurückkommen werde, war mit Gianni überhaupt nicht mehr zu reden. Der alte Koch hatte bitterlich geweint, als er die Nachricht vernommen hatte, und auch Rocco hatte sich still die Tränen vom Gesicht gewischt.
Seit dem Tag war sein Vater ein anderer, nicht mehr laut und fröhlich, sondern in sich gekehrt und ängstlich. Jeden Tag ging er in den Kräutergarten, roch an Gewürzen und kostete Wein und Saucen, als wollte er sich die Aromen für die kommenden schweren Zeiten einprägen. Mit den Knechten und Mägden sprach er nur das Nötigste, und ab und an, wenn sein Blick den Roccos fand, lächelten sie einander traurig zu. Um ihn, Benedetto, kümmerte sich niemand mehr. Er bekam keine Aufgaben, er war einfach nur da. Er war Luft für seinen Vater. Als er hörte, dass die Gaukler wieder durch Grosseto ziehen würden, fasste er den Entschluss zu gehen. Wahrscheinlich würde man in der Küche des Palazzosogar erleichtert sein, ihn endlich nicht mehr durchfüttern zu müssen.
Seine Füße trugen ihn schnell von Lucca nach Pisa und von dort aus die thyrrenische Küste entlang, durch die dichten Eichenwälder, vorbei an Olivenhainen und den zum Meer steil abfallenden Felsen. Nachts schlief er am Strand; er liebte das Rauschen der Brandung, den gesunden Duft von Salz und Wärme. Und wie schön war eine Nacht unter freiem Himmel. Die luftige Himmelsdecke aus strahlenden Sternen zog er jedem schützenden Dach vor. Er würde die Gaukler fragen, ob er sich ihnen anschließen dürfte – sie kannten ihn seit Kindertagen, und von ihnen hatte er alles gelernt, was zum Überleben wichtig war. Je weiter sich Benedetto vom Hof di Cavallis entfernte, desto leichter wurde ihm ums Herz. Er stellte sich vor, wie seine Freunde gerade ihre Wagenburg bauten, wie sie die Seile spannten und Decken darüberhängten, um vor den neugierigen Blicken der Bürger etwas geschützt zu sein. Für einen kurzen Moment konnte er sogar Jolande lachen hören, und er schüttelte sich, wie um die Erinnerung loszuwerden. Er hatte diese Frau über alles geliebt. Sie hatte ihn zum Mann gemacht, sie hatte ihn zum Lachen gebracht, und sie war es gewesen, die ihn getröstet hatte, wenn er ihr von seinen Zwistigkeiten mit Gianni erzählt hatte. Er vermisste sie, er würde sie immer vermissen.
Der Stadtvogt war bester Dinge. Er zog sein Wams zurecht und pfiff fröhlich vor sich hin. Dann gab er der Frau neben sich im hohen Gras einen letzten Kuss auf ihren nackten Bauch und erhob sich, geschwächt und gestärkt zugleich. Er ließ ein paar Scudos auf ihren Leib fallen und hörte ihr perlendes Lachen, während er sich Staub und Gras von seiner Hose klopfte. Dann verließ er sie, ohne sich noch einmal umzudrehen, und marschierte mit energischem Schritt zurück ins Dorf.
Sie war eine kleine Hexe, so viel stand fest. Kein gewöhnliches Weib konnte seinem Leib diese Gier entlocken, konnte so viel Feuer in ihm entfachen. Martini spürte seine Lenden noch immer brennen. Am liebsten wäre er auf der Stelle umgekehrt und hätte sich erneut in ihrem warmen Schoß vergraben. Dieses kleine Biest … bestand nur aus Duft und Glut und nie endendem Hunger auf ihn, Pietro Martini. Sie wollte nur ihn, das hatte sie ihm schon oft gesagt, aber er hatte es nie geglaubt, es war ja bekannt, dass diese verruchten Weiber jeden Mann erhörten, solange die Münzen klingelten. Aber diese hier schien es ernst zu meinen, und er überlegte sich wirklich, sie zu fragen, ob sie nicht bei ihm bleiben wolle. Nicht als sein Weib, das war unmöglich bei seinem
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