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Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Bracht
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sie dem Mädchen.
    »Eine Adlerfeder. Das Kostbarste, was ich besitze. Ich schenke sie dir.«
    Bella nahm das Geschenk, drehte die Feder wieder und wieder. Eine Adlerfeder? Sie hätte von jedem größeren Vogel stammen können. Aber sie wollte ihm glauben, wollte sich über das unerhoffte Geschenk freuen.
    »Wirklich? Von einem Adler?«
    Das Mädchen kniff die Augen zusammen und sah den Zigeunerjungen interessiert an. Wie schüchtern er war. Und diese Haut … eine schönere Farbe konnte es nicht geben.
    »Ja«, erwiderte er sanft, »ich habe den Vogel selbst gesehen. Es war ein Adler.«
    Seine lavendelfarbenen Augen leuchteten. Jetzt war es Bella, die lächelte. Sie steckte sich die Feder in ihren Rockbund und wandte sich zum Gehen. An der Hintertür des Gasthauses drehte sie sich noch einmal um.
    »Wie heißt du?«, fragte sie so leise wie möglich.
    »Man nennt mich Momo«, antwortete der bronzefarbene Junge und winkte ihr mit seinem Hut zu. Dann verschwand er lautlos wie ein Schatten hinter den hohen Ginsterbüschen. Bella sah sich um, ob auch niemand Zeuge dieses Treffens geworden war, doch sie konnte nichts Verdächtiges entdecken. Erleichtert ging sie ins Haus und beeilte sich, zu ihrer Schlafstelle zu kommen. Dort versteckte sie die Feder unter dem Strohsack und ging schnellen Schrittes in die Schankstube zurück. Die Magd wartete bereits auf sie, schien sie aber nicht vermisst zu haben. Sie gab ihr nur einen freundlichen Klaps, drückte ihr ein paar hölzerne Kannen in die Arme und schickte sie in den Keller, um Wein zu holen.
    »So, so, die Kleine ist also fortgelaufen.«
    Nachdenklich strich sich Martini über den Bauch. Er nahm einen Schluck Wein und sah Benedetto über den Rand des Trinkbechers hinweg prüfend an. Keine Lügen, Bursche, mahnten seine Augen. Benedetto nahm einen ebenso tiefen Zug.
    »Sie ist ein kluges Kind, sie wird schon irgendwie durchkommen. Woher die plötzliche Anteilnahme, Vogt?«
    In den letzten Worten des jungen Mannes lag ein lauernder Unterton. Sein Gegenüber blickte ihn jedoch vollkommen ungerührt an, denn vor seinem inneren Auge regnete es gerade Gold- und Silberstücke.
    »Wenn du weißt, wo sie ist, soll es dein Schaden nicht sein, mein Sohn. Ich gebe dir so viel Geld, dass du dich den Gauklern anschließen kannst. Mit einem eigenen Wagen und einem eigenen Gespann davor. Was sagst du dazu?«
    Benedetto kratzte sich am Kopf. Es war gefährlich, sich mit dem Vogt auf Geschäfte einzulassen.
    »Ich weiß nicht, wo sie ist.«
    »Aber du kannst es bestimmt in Erfahrung bringen«, erwiderte der andere leise und stand auf. Er klopfte dem Jüngeren beim Gehen noch einmal auf die Schulter und raunte nah an seinem Ohr:
    »Du wolltest mir schon einmal nicht helfen, mein Junge. Erinnerst du dich an meinen Brief? Du hast ihn damals nicht dem Conte di Cavalli übergeben, sondern seiner Gemahlin. Warum? Ich hatte dich bezahlt, und du hast mich betrogen! Mach so etwas nie wieder, ich warne dich … niemand legt sich mit dem Vogt an. Du weißt doch noch, was damals mit Jolande geschehen ist. Meinst du, das war ein Zufall? Pah! Eine Warnung war es, eine Warnung für dieses elende Zigeunerpack. Hector weiß das. Und hat verstanden. Er zahlt an mich seit jenem Tag, und zwar jedes Mal, wenn seine Gaukler hier lagern. Und dann noch etwas«, seine Stimme glich nun dem Zischeln einer Schlange, »meine Schergen gehorchen mir aufs Wort. Ihnen ist es gleichgültig, wen sie in der Macchia zur Hölle schicken. Verlass dich drauf. Nicht auszudenken, wenn nun auch noch deiner Schwester etwas zustoßen würde.«
    Bei diesen Worten zuckte Benedetto zusammen, als hätte ihn der Vogt mit einem heißen Eisen verbrannt. Er ballte die Fäuste, er zitterte. Doch er machte keine Bewegung. Stumm blickte er vor sich auf das abgenutzte Holz des Tisches.
    Bella drückte die Kanne mit dem Wein fest an ihre Brust. Sie traute sich kaum, sich zu bewegen. Gut, dass die Schankmagd gerade in der Küche beschäftigt war und der Wirt mit lauter Stimme seine Gäste unterhielt. So konnte sie, dicht an die Wand gedrückt und unbemerkt, den Trubel im Wirtshaus beobachten. Als sie auf dem Rückweg aus dem Keller Benedetto am Tisch entdeckt hatte, war die alte Furcht vor ihm schlagartig wieder da gewesen. Er hatte ihr nie etwas getan, aber der Blick aus seinen schwarzen Augen durchfuhr sie bei jeder Begegnung wie ein Stich, und es fiel ihr schwer, ihm zu vertrauen. Dazu kamen die Gedanken daran, wie er sich stets in Giannis

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